Segeln auf einem kleinen Schiff mit einem Vierjährigen und zwei Hunden? Geht wunderbar und macht richtig Spaß. Die Ostsee ist keine Wellnessoase, sondern eher ein Abenteuerspileplatz, aber wer seine Komfortzone nie verlässt, kommt nicht weiter.
Mann, Kind, die Hunde, ein gutes Buch und das auf See. Alles, was mir wichtig ist, mich glücklich macht, passt in meine Schatzkiste. Sie ist gut achteinhalb mal zweieinhalb Meter groß, unser Segelboot Ukulele, eine Scalar 28. Wie immer grenzt es an ein Wunder, wenn aller Kram für zwei Wochen verstaut ist. Dabei nehmen Klamotten noch den geringsten Platz ein. Meine zumindest. Dafür belagern diverse Angeln, Kescher, Reusen und sonstiges Fischerzeug die Backskiste. Unterm Tisch stehen Taschen mit Lego und Playmobil. Die Enge erzieht zum Einschränken. Morgens muss ich mir keine Gedanken machen, was ich anziehe. Es gibt nur die eine Jeans. Fertig. Ein herrlich befreiendes Gefühl.
Aufgeregt wuseln die Hunde Jule und Tilda in ihren orangefarbenen Schwimmwesten auf Deck hin und her. Ich muss nur aufpassen, dass kein Hund wieder an Land springt. Beim Ablegen binde ich sie immer am Mast fest, da Julchen gerne alleine Hafen und Essen-Bettel-Klaumöglichkeiten erkundet. Doch beide bleiben da und dann sind die Leinen auch los. Dann Uku auf der Schlei gen Ostsee, kommt das Meer-Gefühl. Die Sorgen und Nervereien vom Land sind zwar nicht weg, aber erreichen mich nicht mehr. Das Handy ist nämlich aus. Wichtig ist jetzt nur noch: Was machen Wind und Wetter, was gibt’s zum Essen und was macht Freddie?
Das Segelkind ist immer noch ein Angelkind, mit ständig wachsender Begeisterung. War er im letzten Jahr noch mit einer Kinderangel mit einer Wäscheklammer statt einem Haken zufrieden, muss es jetzt eine echte, eine Erwachsenenangel nebst diversen Haken und Ködern sein. Damit nicht genug, Senke, Reuse und Kescher gehören auch dazu. Angelkasten sortieren nimmt einige Zeit in Anspruch. Leider (oder zum Glück, je nach Betrachter) hatten wir soviel Wind, dass wir nicht von Bord angeln konnten. Vom Steg hat er immerhin ein paar Fischlein, Seesterne und Krebse gekeschert, die auch die Jaglust befriedigt haben.
Unsere Tour führte uns von Kappeln an der Schlei über Bagenkop, Fehmarn nach Kühlungsborn und wieder zurück nach Fehmarn, weiter nach Marstal, Langballigau bis nach Flensburg. Dann über Sonderburg zurück nach Kappeln. Kein Meilenfressertörn, dafür schöne Strand- und Hafentage. Rasmus war uns auch gnädig und schenkte uns Sonne und Wind. Zum Glück nicht zuviel und nicht von vorne. Eigentlich mag ich es ja knackig, aber mit Kind und zwei Hunden ist Kreuzen bei ordentlich Wind kein Vergnügen. Geht aber auch. Auf dem Schlag nach Flensburg ging es richtig zur Sache. Windstärke fünf, in Böen sieben und ein paar Schauer. „Mama, woher kommen die Glassplitter in meinem Gesicht?“, fragt Freddie und meint die feinen Regentropfen, die der Sturm wie winzige Rasierklingen in die Haut schlägt. Das Wasser rauscht am Rumpf entlang, Gischtfetzen fliegen und der Wind heult in den Masten. Mit gereffter Genua fliegen wir fast über die Förde. Als eingespieltes Zweierteam gelangen uns früher blitzschnelle Powerwenden, mit Anhang würden wir derzeit jede Regatta verlieren. „Alles klar zur Wende?“, brüllt der Skipper. Ich sortiere Tilda und Freddie (Julchen hat sich im gut abgepolsterten Bad verkrochen). Ree! Die Uku dreht in den Wind und in der Zehntelsekunde, in der sie genau im Wind liegt, bugsiere ich Zwei- und Vierbeiner auf die neue Luvseite, stütze Freddies Fuß gegen die Großschot und Tilda hinter meinen Rücken, bevor das Schiff sich mit Donnergetöse wieder auf die Seite legt. Freddie freut sich über das „Achterbahnfahren“ und der Hund nimmt’s auch gelassen. Das ist segeln!
Erschöpft, klitschnass und mit etlichen blauen Flecken laufen wir in Flensburg ein. Mitleidiges Lächeln der Hafenlieger empfängt uns. Arme Leute, sie sehen nur die nassen Klamotten, aber nicht das Siegeslächeln, etwas geschafft zu haben, gemeinsam haben wir ein Abenteuer gemeistert. Wer nicht seine Komfortzone verlässt, kennt solche Gefühle nicht.
Das war’s aber auch unser einziger Sturmtag. Die übrigen Tage hatten wir Wind von achtern und zu Freddies Freude oft den Spi oben. Erholt, entspannt und mit viel Elan haben wir wieder angelegt. Einen Makel hatte das Ganze: viel zu kurz. Nächstes Jahr wieder. Wir sind halt doch Meermenschen und halten Seehunde.
Faszination Steine
Klingt herrlich!
Sehr schönes Blog, wirklich! Mir gefallen die Beiträge sehr gut. Diese läden zum träumen ein und inspirieren. Solche Erlebnisreisen werden immer in Erinnerung bleiben. Weiter so!
Danke! da freuen wir uns