Ausflug, Familie
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Odenwald: Abtauchen im Lautertaler Felsenmeer

Klein und Groß auf Felsen

„Spring!“ – tönt es links von mir ermutigend. „Ich hab‘ nicht so lange Beine wie Du“ – kommt es von rechts. Wer im Lautertaler Felsenmeer steht, den umschwirren Kommandos und Kommentare, denn rundherum klettern kleine und große Menschen über kleine und große Felsbrocken immer weiter nach oben.
Los geht’s am Parkplatz, ganz unspektakulär…

…liegt gegenüber der Hügelwald. Noch ein bisschen kahl, die ersten Knospen schießen so langsam ein, aber richtig Frühling kommt erst noch. Doch die Felsen – vorbei am kleinen Geo-Informationszentrum – sind immer da: Es sieht aus, als hätte ein Riese einen Kübel Flusskiesel an einem  waldigen Berghang ausgekippt. Lauter glattgeschliffene Felsen, wild durcheinander geschüttet.
Und das Beste, anders als in anderen Felsenmeeren: Betreten ist ausdrücklich NICHT verboten!!!

Wild durcheinander geschüttet, aber nicht wackelig: Die Felsbrocken liegen fest ineinander verkeilt, so dass auch Kinder oder ganze Familien von einem zum anderen gehen, klettern und springen. Wie beim echten Meer sieht man Köpfe abtauchen und wieder hochkommen, kurz aus dem Blick verschwinden, weil sie krabbeln oder tiefer gehen, und dann sind sie wieder da… Die Felsbrocken sind oben immer leicht angekratzt – da also haben schon andere ihren Fuß hingesetzt. Schon die alten Römer waren hier und haben das Geröll als Steinbruch genutzt. Kann man weiter oben sehen. Oder/Und stimmt doch die Sage von den zwei Riesen?

„Guck mal, Mama, jetzt haben wir das erste Level schon geschafft!“ –  alle paar Minuten kreuzt ein Serpentinenweg die Geröllfläche, für die, die nicht klettern wollen oder können. Ganz klar die Grenze für immer neue Level – die Generation Computerspiel klettert auch… Und die Generation Sagen & Märchen: Hier im Lautertal haben einst zwei Riesen gehaust, heißt es. Der „Felshocker“ hier auf dem Felsberg und gegenüber am Hohensteiner Hang der „Steinbeißer“. Irgendwann bekamen sie richtig schlimmen Streit und fingen an, Felsen aufeinander zu werfen. Der Steinbeißer hatte mehr davon und schleuderte alle, bis der Felshocker unter dem Felsenmeer begraben war. Deshalb ist am Hang gegenüber kaum Geröll zu finden. Und wer genau hinhört, heißt es, kann nachts den Felshocker manchmal stöhnen hören…

Stöhnen tun inzwischen meine Waden – und auch andere brauchen eine Pause. Praktisch, dass der ein oder andere Baumstamm quer liegt und zum Zwischen-Rückblick einlädt. Mitten im Geröll steht auch der ein oder andere alte Baumstumpf, schade, so ein Baumriese mitten drin wäre auch malerisch gewesen. Aber insgesamt hat sich das Gebiet seit ein paar tausend Jahren nicht verändert, heißt es im Informationszentrum unten. Geologisch erklärt, sind die Felsbrocken durch Verwitterung entstanden: Lavagestein aus der Tiefe, zu Quarzdiorit erstarrt, durch Risse und Furchen immer mehr zu Blöcken gesprengt und abgeschliffen und in der Eiszeit endlich gerollt und geschoben bis in die tiefste Furche am Hang.

Felsenmeer schon vor Jahrtausenden

Das fein schwarz-weiß gesprenkelte Gestein hat schon die alten Römer begeistert – grau wirkt’s nur von weitem. Und weil es so schön hart ist, bauten die römischen Handwerker hier ihre Steinsägen auf und schnitten die ein oder andere Säule oder Schmuckbecken etc. aus den Brocken. Brachten sie nach Trier oder Heidelberg und nach anderswo. Stellt Euch vor, solche Kolosse auf Stämmen und Wagen durch den Wald zu transportieren: Wie die alten Ägypter mit ihren Pyramiden… Manchmal sind sie nicht fertig geworder oder das Objekt war fehlerhaft: Deswegen liegt oben am Kopfende des Hangs noch eine fast fertige Säule aus dem 2.-4. Jahrhundert. Und noch 300 andere kleine und große Römer-Reste. Wie der Riesen-Sarg. Oder der Riesen-Sessel…

Geschafft! Oben lichtet sich das Felsenmeer, weniger Stein, mehr Buchenwald. Eine Hütte lockt alle Hungrigen, die nicht zwischendurch schon gemütlich gepicknickt haben. Jeder hat seinen eigenen Weg gesucht und gefunden, Millionen möglicher Pfade auf und zwischen dem Geröll. Denn nicht jeder hatte ein fürsorgliches Kind dabei, das laut herausbrüllte: „Papa, Papa! Ich warte hier auf Dich! Soll ich Dir sagen, warum ich auf Dich warte? Weil dann kann ich Dir die perfekten Wege zeigen für alte Leute!“

 

Gut zu wissen:

Das Felsenmeer ist rund ums Jahr gratis zu begehen (Kosten nur für den Parkplatz). Auf der Geröllfläche kann sich jeder selbst seinen Weg suchen, Herumklettern auf eigene Gefahr. Wer aber die Waldwege nimmt, soll unbedingt auf den Wegen bleiben – um den Wald zu erhalten UND um nicht in eine verborgene Spalte zu fallen! In anderen Regionen hat es dadurch schon Tote gegeben! Der Felsberg ist inzwischen Teil des Geo-Naturparks Bergstraße-Odenwald

Alle Informationen übers Felsenmeer und viele Veranstaltungen liefert das Felsenmeer-Informationszentrum

Rund ums Jahr gibt’s Events für Kleine und Große und im Herbst eine Feuer- und Lasershow mit Live-Musik, das „Felsenmeer in Flammen“

Kategorie: Ausflug, Familie

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"Die Welt ist ein Buch. Wer nie reist, sieht nur eine Seite davon" - so wahr! Also fuhr ich als Kind in Büchern um die Welt, bis nach Taka-Tuka-Land. Heute bin ich "in echt" unterwegs und schreibe manches Buch selber ;) Per Bahn, Pedale, Paddel und per pedes reise ich am liebsten, als Wissenschaftsjournalistin, Reiseautorin und Fotografin immer mit offenem Blick. Und einem Faible für Sprachen. In Bolivien und der Arktis, Australien, China oder Island. Slowenien, Polen. Finnland. Ach... Reisen!

3 Kommentare

  1. Schade, dass der Odenwald mehrere Autostunden weg ist von meinem Wohnort. Ich hab nämlich grad Lust gekriegt, im Felsenmeer herumzuturnen. Toller Bericht, und tolle Aufnahmen! 🙂

  2. Danke! 🙂
    Aber vielleicht kommst du ja mal vorbei auf dem Weg in den Norden. Wär ’ne aktive Autofahr-Pause. Und für den Norden hätten wir dann noch nen Haufen mehr Tipps zum Gucken und Sein und Tun… 😉

    • Wenn es mich mal in diese Gegend verschlägt, werde ich auf jeden Fall an dieses Felsenmeer (schon das Wort ist so schön!) denken und entsprechend planen. Und mich ggf. vorher hier melden. Danke! 🙂

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