Viele Kinder quengeln, wenn sie wandern sollen. Nicht am Tegernsee, wo Trolle Schätze versteckt haben, Felsen zum Klettern locken und einfach alles Abenteuer ist. Mutige wagen ein Bad im See, der herrlich-schrecklich kalt ist.
Beim Reinbeißen kracht die Semmel zwischen den Zähnen, süß und saftig streift die hausgemachte Erdbeermarmelade den Gaumen und der Kaffee duftet. Sonnenstrahlen wärmen, lassen den See glitzern und die Almen leuchten. „Mama, wir wollen wandern. Rumsitzen kannst du auch in Hamburg!“ unterbricht mein Sohn Freddie meinen perfekten Frühstücksmoment. Als Sechsjähriger hat man noch nicht die Muße, den Panoramablick bei bayerischen Schmankerln zu genießen. Er hat Hummeln im Hintern, will Bergen erklimmen, Edelsteine finden und Sommerrodelbahn fahren. “Mama!“ Die Leute gucken und ich gehorche.
Wenig später sind wir auf dem Weg zur Neureuth. Über einen steilen, wurzeligen Wanderweg stiefele ich in meinem Rhythmus nach oben. Freddie hat seine eigene Herangehensweise: Unermüdlich kraxelt er Felsen hoch, inspiziert knorrige Wurzeln und Felsspalten. Irgendwo müssen sie doch sein, die Bergkristalle, Amethysten oder Rosenquarze, die die berühmt-berüchtigten bayerischen Bergtrolle versteckt haben.
Nach gut einer Stunde sind wir auf der Neureuth und genießen den Ausblick auf 1264 Metern Höhe über den See und die Wolken verhangenen Gipfel. „Bei gutem Wetter kann man von den Wettersteiner Alpen bis zu den Dreitausendern der Tauern gucken“, erklärt uns Thomas vom Neureuth-Team. Skiwasser (Freddie), Apfelschorle, Wurstsalat und wunderbare Spinatknödel geben neue Kraft für den Abstieg. Freddie hat wieder das Schatzfieber gepackt., jetzt hat er sich eine neue Technik ausgedacht. Konzentriert verteilt er Krümel eines Müsliriegels an strategisch günstigen Stellen. „Was machst du?“ will ich wissen. „Ich locke die Trolle aus ihren Höhlen“, dann kenne ich ihr Edelsteinversteck“, erklärt er mir aufgeregt. Sein Trick scheint zu funktionieren, binnen weniger Sekunden zeigt er mir stolz einen rosa schimmernden Rosenquarz.
Lederhosen, Dirndl und schicke Schuhe. Die Tegernseer haben sich aufgerüscht, schließlich ist es ein besonderer Abend: Rottach-Egern feiert sein Seefest. Dann verwandelt sich die Seepromenade zu einer bunten Bühne. Alphornbläser, Trachtenvereine, Spielmannszüge. Zahlreiche Vereine zeigen ein Showprogramm, bieten Kinderbelustigung an oder verkaufen kulinarische Köstlichkeiten. Auch auf dem See finden Wettkämpfe und Spektakel statt. „Ritter mit Lanzen“, brüllt Freddie plötzlich und zieht mich ans Ufer. Mit langen Lanzen versuchen zwei junge Männer, den jeweils anderen ins Wasser zu schubsen. Dabei stehen sie auf einer Art Tischchen, das auf einem Ruderboot befestigt ist. Schifferstechen heißt der Ritterkampf auf dem Wasser. Früher kämpften mit dieser Technik Floßkapitäne und Fährleute um das Wegerecht auf dem Wasser. Nach Einbruch der Dunkelheit bestaunen wir noch das gewaltige Feuerwerk auf dem See.
Die nächsten Tage verbringen wir mit Gipfel- und Almenstürmen etwa auf den Riederstein, auf dessen Gipfel eine kleine, aber weithin sichtbare Kapelle steht. Vom Berggasthof Riedersteinhaus Galaun führt ein Kreuzweg über gut 500 Holzstufen zur Kapelle. Tafeln beschreiben teilweise recht martialisch Jesus Leidensweg, seine Kreuzigung und Tod. Freddie findet das alles sehr spannend und fragt mich, warum die Menschen so grausam sind. Die Antwort bleibe ich ihm schuldig.
Schön und relativ einfach ist die Wanderung zur Schwarzentenn-Alm bei Kreuth. Wir brauchten etwa eine Stunde vom Parkplatz Klamm. Unser Highlight war aber eindeutig der Leonhardstein, wo wir zum steilen Gipfelanstieg sogar ein wenig klettern mussten. Zwar ist der Leonhardstein mit seinen 1449 Metern nicht der höchste Gipfel, aber der markanteste. Bayerisches Matterhorn wird er deshalb auch genannt.
Natürlich waren wir nicht nur wandern, sondern auch baden. Freddie zumindest, ich habe mich gedrückt, mir war es einfach zu kalt. Auf der Sommerrodelbahn am Oedberg waren wir auch und hatten viel Spaß.
Ein paar Tage Tegernsee tun einfach gut.
Infos:
Die Schwarzentenn-Alm hat keine Webseite. Schwarzentenn 2, 83708 Kreuth, Tel.: 08029 386, Ruhetag ist Donnerstag, Geöffnet: 08-18 Uhr
Gewohnt und das leckere Frühstück genossen haben wir im Westerhof
Mehr Informationen über die Region Tegernsee bieten die Tourismus-Informationen
Die Reise wurde nicht gesponsert.
Oh, wie ich den Tegernsee liebe. Mit meinen Eltern bin ich als Kind jedes Jahr in den Sommerferien zu meiner Uroma und meiner Großtante nach Rottach-Egern gefahren. Auch mit meiner Familie habe ich den Tegernsee oft besucht, leider war ich jetzt schon ein paar Jahre nicht mehr dort. Ich kann mich erinnern, dass mich als Kind ein Feuerwerk über dem See total fasziniert hat. Der Blick auf den Walberg und von ihm hinab ins Tal, die Wanderung nach Kreuth, Bad Wiesee, mit den Füßen in der Weisach waden, Freunde, die ich dort kennengelernt und immer wieder getroffen habe, … all das ist mir in guter Erinnerung geblieben. Der Gedanke daran weckt in mir die Sehnsucht dieses Fleckchen Erde wieder zu besuchen. Es ist einfach wunderschön dort.
LG
Astrid
Wie schön, dass Dir der Beitrag unserer lieben Silke zum Tegernsee gefallen hat. Hoffentlich schaffst Du es bald, dieses schöne Fleckchen Erde wieder zu besuchen.
LG
Iris