Den ganzen Tag im Wanderkanadier auf dem Wasser, kochen am offenen Feuer am felsigen Seeufer, schlafen wie ein Murmeltier im Wald. Die richtige Prise Abenteuer bietet so eine Familien-Paddelgruppenreise im schwedischen Dalsland außerdem – bei Regen oder Sonne…
Wochenlang haben wir uns auf die Aktivferien in Schweden gefreut. Und dann das. Unsere Paddelwoche beginnt alles andere als idyllisch. Dunkel türmen sich die Wolken, als wir in der frisch zusammengewürfelten Gruppe aus 24 Kindern und Eltern nach schier endlosem Packen, Kanus ans Ufer tragen und nochmal neue Paddel holen endlich lospaddeln. Die großen Kanadier sind echte Transportwunder: Sie fassen nicht nur zwei Erwachsene und zwei Kinder, sondern auch jede Menge Zuladung. Zelte, Essen für eine Woche, Kocher und persönliche Sachen sind in Tonnen und wasserdichten Säcken verpackt und stapeln sich in den grünen Booten. Doch kaum sind wir mitten auf dem ersten großen See, fegt der Wind uns ins Gesicht und es beginnt zu nieseln. Aber nur ein paar Minuten. Dann peitscht der Regen herab und die Wellen auf dem offenen Wasser werden bedrohlich hoch. An einer Insel machen wir im Windschatten der Bäume Zwangspause. Aber der Regen wird immer noch stärker, so dass schließlich alle ihre Kanus verlassen und wir uns unter ein notdürftig eingerichtetets Tarp, ein Schutzdach aus Stoff, hocken. Jemand kramt den Kocher aus seinem Kanu, dann gibt es Kaffee und Müsliriegel. Aber auch nach zwei Stunden regnet es weiter wie aus Kübeln. Inzwischen sind alle nass und ausgekühlt – und das im Juli! Hier können wir nicht bleiben, denn die Insel ist sehr schräg und bewaldet und bietet einfach keinen Platz für unsere sieben Zelte.
Schließlich rückt ein Suchtrupp aus, und eine weitere Stunde später ist ein Not-Zeltplatz gefunden. Also nochmal alle rein in die nassen Boote (wie gut, dass alle Sachen so gut verpackt sind!), einmal um die Insel gepaddelt, und dann wird auf einer kleinen Lichtung ein Zelt nach dem anderen im Schutz des darüber gehaltenen Tarps aufgebaut. Schließlich haben alle zumindest ein trockenes Dach über dem Kopf. Das Tarp beherbergt inzwischen die Kochstelle, in der die Erwachsenen Chili con (und in einem kleineren sine) Carne im großen Topf zusammenbrutzeln. Der Regen prasselt weiter auf die Zelte. Gemütliches Sitzen am Lagerfeuer und sich ein bisschen kennenlernen fällt heute also ins Waser. Ziemlich früh sind alle in ihren Zelten verschwunden.
Am nächsten Morgen tröpfelt es zumindest nur noch. Die pitschnassen Überzelte wandern in die Kanadier zurück, dann geht es weiter. Der Regen hört bald ganz auf. Einmal werden wir dann aber doch noch richtig nass, gerade, als die schweren Boote an einer Staustufe umgetragen werden müssen. Gute Laune ist was anderers… Aber dann wird das Wetter jeden Tag besser. Die dreizehn Kinder paddeln wacker mit und genießen an Land jeden Augenblick auf dem großen Abenteuerspielplatz, der die schwedische Natur hier für die 5- bis 14-Jährigen ist. Da wird geschnitzt, geangelt, geschwommen und aus Tannenzapfen, Stöckchen und Gras entstehen wunderschöne Tiere. Es duftet nach Wald, nach sonnenwarmen Kiefern, diesem zauberhaften Geruch, den es nur im Norden gibt, und das saubere Seewasser trinken wir einfach so, ohne Abkochen. Abends sitzen alle lange am Feuer, bevor einer nach dem anderen müde ins Zelt kriecht und trotz der harten Isomatte erstaunlich gut schläft. Frische Luft und Bewegung machen eben doch müde.
Auch die Gruppe ist ein Glücksfall. Fast alle harmonieren miteinander. Und jeder findet schnell seine Aufgabe – das Tarp zwischen den Bäumen festzurren, Wasser holen, Feuer machen, Holz holen oder hacken (an den Basisplätzen mit Plumpsklo haben Ranger meist fertig gehacktes Holz hinterlegt – ein echter Luxus), kochen, abwaschen, den Kindern vorlesen… Die Großen, die sich schnell zu einer Outdoor-Kochcrew zusammengefunden haben, übertreffen sich täglich mit Gerichten, die sie aus den manchmal wundersamen Dingen zaubern, die als Lebensmittelvorrat in den Dosen mitgereist sind. Da gibt es etwa Blaubeer-Pfannkuchen und Vanillepudding als Nachtisch (dank Milch- und Eipulver) oder frisch gebackenes Pfannen-Fladenbrot. Nur das Pumpernickel kehrt unangetastet nach der Woche zur Kanubasis zurück. Und offenbar nicht zum ersten Mal, wie das bald fällige Mindesthaltbarkeitsdatum verrät…
An den letzten drei Tagen der Woche strahlt die Sonne von einem knallblauen Schwedenhimmel, so dass die ganze Gruppe abends erstmal ausgiebig im See schwimmt, bevor das Camp errichtet wird. Und dann ist plötzlich auch der letzte Paddeltag vorbei. Okay, nach einer Woche draußen freuen wir uns am letzten Tag schon auf eine warme Dusche auf dem Zeltplatz (sind uns aber einig, dass man aber auch mal gut eine Woche mit kaltem Seewasser auskommt) und stellen erstaunt fest, wie weit weg wir auf den Flüssen, Seen und im Wald vom Alltag waren. Die Kinder sind braungebrannt, haben ein paar Mückenstiche und (leider auch) Zeckenbisse und sind zufrieden mit sich und der Welt. Und die Eltern werden hoffentlich so wie ich ein wenig von der Ruhe in der Natur in ihren Alltag hinüberretten können. Da macht es auch nichts, dass es in der letzten Nacht wieder anfängt wie aus Kübeln zu schütten.
Pingback: Abenteuer-Spielplatz Ötztal | Unterwegs in der Welt
Hej Anke,
schöner Bericht trotz schlechtem Wetter. 🙂
Ich (Thomas) starte übermorgen auch wieder nach Schweden für Rucksack Reisen. Mit Kind hab ich´s noch nie probiert, aber wie es aussieht, kannst du es empfehlen!?
Schöne Grüße von Outdoor-Hochgenuss-Thomas.
Hallo Thomas,
absolut, die Kinder hatten eine super Zeit und waren mit sich und der Natur vollends zufrieden und immer beschäftigt.
Hoffe du hattest/hast eine gute Zeit in Schweden, ich bin auch gerade wieder von dort heimgekehrt…
Liebe Grüße
Anke