Was wärmt und stärkt nach einer langen Winterwanderung auf dem Hausberg von Garmisch? Knödel. Und zwar von der Drehmöser 9, dort gibt’s die Knödel gleich im Trio und das Beste: Das Rezept habe ich auch.
Unten in Garmisch war es schon eisig, aber mit jedem Meter, den wir nach oben fahren, wird es kälter. Sanft schwankt die Gondel über Schnee bedeckten Wipfeln. Skifahrer sausen die berüchtigte Kandahar-Abfahrt hinunter.
Wir sind zum Winterwandern gekommen. Minus 20 Grad zeigt das Thermometer an der Bergstation Alpspitze. Ich streife noch ein zweites Paar Handschuhe über. Die anderen Wanderer ziehen ihre Mützen tief ins Gesicht und Schals über Mund und Nase. Bergführer Robert setzt seine Sonnenbrille auf. „Ich bin in den Bergen geboren, mir macht die Kälte nix“, sagt er in bayerischem Singsang. Robert verteilt Trekkingstöcke und mahnt zum Aufbruch. Es wird schnell dunkel. Im Gänsemarsch und munter schwatzend folgen wir dem Bergführer, bis die Steilheit des Hangs uns die Sprache verschlägt. Die Stille nutzt der Bergführer: „In Serpentinen gehen, die Schuhe in den Berg kanten, dann ist es ganz leicht.“ Dicht an dicht, wie Entenkücken folgen wir seiner Spur, übernehmen seinen Rhythmus. Konzentriertes Schweigen. Schritt, Stockeinsatz, Schritt, Stockeinsatz, Drehung – wie früher in der Skischule.
In kleinen Wolken steigt der Atem in die Luft und weiß gefrostete Haare umrahmen unsere glühenden Gesichter. Am Wegesrand stehen mächtige Tannen, deren Zweige sich unter einer dicken Schneeschicht biegen. Den Gedanken, die Äste mal flitschen zu lassen und den Nachfolgenden eine Schneedusche zu gönnen, verbanne ich schnell. Wir sind ja nicht in der Schule. Andächtiges oder angestrengtes Schweigen, keiner plappert, jeder ist mit sich beschäftigt. Nur der Schnee knirscht und knarzt. Nach zehn Minuten wird der Weg wieder weich und gefällig, das Atmen weniger heftig und das Gehen einfacher. Wir bleiben in der langsam untergehenden Sonne stehen, keiner klopft sich auf die Schulter, den Abstieg gemeistert zu haben, aber alle Augen glühen stolz.
Plötzlich zieht das Tempo an, wie ein Pferd, das den heimischen Stall wittert, aktivieren wir unsere Reserven. In der Ferne glitzern die Lichter der Drehmöser Hütte und verheißen Wärme, etwas zu Essen und Trinken. In der Holzhütte prasselt ein Feuer im Kamin und die Jacken hängen kaum am Haken, da stehen bereits Glühwein und Radler auf dem Tisch. Herrlich. Zum Essen ordern wir die Spezialität des Hauses: Knödeldreierlei.
Obwohl zu Spitzenzeiten bis zu 1000 Essen die Küche verlassen, machen die Köche das meiste selbst. Körperliche Schwerstarbeit. Nur das Knödelbrot, in Würfel geschnittenes Weißbrot, wird fertig gekauft er fertig. Überhaupt muss man dazu geboren sein, auf der Skihütte zu arbeiten. „Kochen alleine reicht nicht, Bewerber müssen auch gut Ski fahren können“, erzählt Hanni, der Hüttenwirt. Abends, wenn alle Essen serviert, die Küche sauber und die Gläser gespült sind, fährt keine Bahn mehr ins Tal. Hanni und die anderen müssen sehen, wie sie hinunter kommen. Mit Stirnlampen und auf Skiern oder dem Zipfelbob, einem kufenlosen Plastikgefährt mit einem Griff in der Mitte, der zugleich Steuer und Bremse ist, rauschen sie runter. Nichts für Weicheier, denn der kürzeste Weg ist eine schwarze Piste.
Wir haben es bequemer, wir wollen in der nahen Tonihütte übernachten. Hanni zündet für jeden eine Fackel an und die Karawane marschiert los. Obwohl es stockdunkel ist, funkelt der Weg wie ein Schatzkästlein. Millionen Schneekristalle spiegeln die Flammen wider. Und es hat angefangen zu schneien und die tanzenden Flocken strahlen besonders schön. Ich versinke in eine Schnee-Feuer-Meditation. Viel zu schnell reißt mich die Wirklichkeit aus meiner Trance. Aus der Tonihütte wehen Lachen und Musik herüber und der stille Zauber der Winternacht ist vorbei.
Infos:
Die Drehmöser 9 eröffnet mit der Skisaison und liegt nur wenige Gehminuten von der Bergstation Hausbergbahn entfernt.
Das Tourismusamt Garmisch-Partenkirchen vermittelt geführte Wanderungen und Bergführer
Grundrezept Semmelknödel
nach Jonathan Scharf, 2012 Chefkoch der Drehmöser 9, Hausberg, Garmisch-Partenkirchen:
Zutaten:
- 500 g Knödelbrot (fertig oder altbackene Brötchen kleinschneiden)
- 4-5 Eier
- 500 ml Milch
- 3 Zwiebeln (mittelgroß)
- 50 g Butter
- 1 Bund Schnittlauch
- 1 Bund Petersilie
- Salz und Pfeffer
Zubereitung:
Zwiebeln in Butter anschwitzen, mit der Milch aufkochen. Abkühlen und das Knödelbrot und gehackte Kräuter in die Masse geben. Eier hinein, der Teig darf nicht zu heiß sein, sonst gibt’s Rührei. Gut durchkneten, mit Salz und Pfeffer abschmecken. Mit nassen Händen Knödel formen und in kochendes Salzwasser tauchen, ca. 20 bis 30 Minuten ziehen lassen.
Varianten:
Speckknödel: Speckwürfel in Butter anbraten, dann die Zwiebeln dazu. Dem Grundrezept folgen.
Serviettenknödel mit Roter Bete: Grundmasse wie Semmelknödel zubereiten. 500 g Rote Bete (vakuumverpackt) zur Hälfte in Würfel schneiden, die andere Hälfte im Mixer pürieren. Saft und Würfel mit einer Prise Kümmel mit der Knödelgrundmasse verkneten, auf Frischhaltefolie länglich auslegen und die Folie wie ein Bonbon zudrehen. Das Paket in Alufolie einwinkeln und die Enden entgegengesetzt eindrehen. 20 bis 30 Minuten in einem länglichen Topf in kochendem Wasser ziehen lassen. Masse in Scheiben schneiden und in Butter anbraten. Mit frisch gehobeltem Parmesan servieren.
Käseknödel: In die Semmelknödel-Grundmasse 200 g Schafskäse in Würfeln, eine gute Prise Kurkuma und ordentlich Thymian kneten. Zubereitung wie Rote Bete Knödel.