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Tiroler Lechtal: Winterzauber pur


Alpen? Ski-Massentourismus, Trubel und Après Ski mit DJ Ötzi und Co.? Nichts für mich. Deshalb habe ich bisher auch die Alpen im Winter gemieden. Doch jetzt war ich im österreichischen Naturpark Tiroler Lech. In dem Tal, aus dem die legendäre Geierwally stammt. Die Naturparkregion Lechtal-Reutte  hat hier ihr mit ihrem „Winterzauber am Berg“ ein angenehm ruhiges Gegenprogramm zum lauten Ski-Zirkus geschaffen. Winter- und Schneeschuhwanderungen, mit der Naturführerin auf Entdeckungstour gehen oder Langlaufrunden stehen auf dem Programm. Sanfter Tourismus, wie er sein soll, zudem die Gastronomie im Tal weitestgehend auf lokale Produkte setzt. Wer dennoch ein wenig Nervenkitzel möchte: Spannend wird es auf der highline 179, der höchsten Hängebrücke der Welt im Tibet-Style.

 

Auf stillen Pfaden: Schneeschuhwanderung

Sonst immer im Sommer traditionell mit Wanderschuhen auf mehr oder weniger festen Wegen unterwegs, will ich schon lange mal das Schneeschuhwandern ausprobieren. Jetzt ist es also so weit. Bergführerin Cloudy von der Bergschule Lechtal hilft mir in die Hightech-Schneeschuhe, die ein wenig wie extrabreite Kinderski aussehen. Sie sind erstaunlich leicht am Fuß und das Innere ist an einem Gelenk in der Waagerechten beweglich. Drunter sorgen Metallkrallen dafür, dann man auch bergab und auf vereistem Terrain sicher geht. Bald habe ich meinen Rhythmus gefunden und stapfe fröhlich hinter Cloudy durch die völlig unberührte, in der Sonne glitzernde Schneelandschaft. Toll, welche Kunstwerke die Natur im Winter schafft. Besonders schön sind die zarten, mit tausenden Eiskristallen überzuckerten Pflanzen. Der Fluss Lech gluckst und rauscht munter zwischen Eisschollen an beiden Ufern. Und dazu strahlt die Sonne fast schon kitschig vor knallblauem Himmel.

Wandern, nicht nur mit Schneeschuhen, ist im Lechtal ohnehin ein ganz großes Thema: Insgesamt 57 Winterwanderungen sind hier ausgewiesen, im Sommer lockt der Fernwanderweg Lechweg mit gut 120 Kilometern von der Quelle des letzten nicht regulierten Wildflusses der Nordalpen bis zum Lechfall in Füssen.

 

 Sonnalm: Großartiges Bergfrühstück

Was für ein Ausnahmewetter! Noch sind es frostige minus 10 Grad, doch der Himmel strahlt schon wieder unverschämt postkartenblau, als die Sonne sich über die Gipfel schiebt. Mit der Jöchelspitzbahn fahre ich im Sessellift auf die 1800 Meter der Jöchelspitze. Oben wartet Wirtin Ursula in der Sonnalm mit einem kräftigen Bergfrühstück mit Tiroler Käse- und Wurstspezialitäten. Richtig lecker ist auch ihr selbstgesammelter Kräutertee. Die Sonnalm gehört zu den 18 Almen und Hütten im Lechtal, die ihre Besucher – Winterwanderer wie Skifahrer – auch im Winter mit traditionellen Speisen verwöhnen. Alle Zutaten für die Gerichte stammen immer direkt aus der Region. Und die rot-weiß gestreiften Liegestühle auf der Sonnenterrasse verbreiten einfach Entspannung und gute Laune.

 

Tierspuren- und Naturführung

Ich stapfe hinter Naturführerin Sabine durch das tiefe Weiß bis zum Ufer des Lech. Neben uns verraten Pfotenabdrücke wie an einer Schnur einen Fuchs. Sabine bückt sich und nimmt Schnee auf die Hand. Darauf bewegt sich ein winziger, schwarzer Fleck: ein Schneefloh. Durch die Lupe kann ich ihn gut erkennen. Die kleinen Kerlchen leben unter dem Schnee und kommen nur heraus, wenn es wärmer wird. Später umrunden wir den Riedener See, ein Kalkquellmoor mit glasklarer Wasserfläche in der Mitte, wunderschön und ein bisschen mystisch. Schnee rauscht von den Bäumen und hinterlässt glitzernden Staub in der Luft. Und der Baum dort im Moor ist keine gewöhnliche Kiefer, sondern eine Spirke, eine hoch spezialisierte Moorkiefer mit tief schwarzem Stamm, lerne ich.

 

Ganz weit oben und ziemlich wackelig: highline179

Unten im Tal kriechen die Autos klein wie Ameisen. Ich stehe 114 Meter über dem Boden und kann sie wirklich gut sehen direkt unter mir, denn der gut ein Meter breite Boden der Hängebrücke besteht nur aus einem Gitterrost… Ganze 406 Meter erstreckt sich die highline179  über das Tal und hat es deswegen auch als weltweit längste Fußgängerhängebrücke im Tibet Style ins Guinness Buch der Rekorde 2016 geschafft. Sie verbindet seit ihrer Eröffnung im Jahr 2015 in der Burgenwelt Ehrenberg bei Reutte die Burgruine Ehrenberg mit dem Fort Claudia. Da im Tal immer Wind weht, schwankt die Brücke spürbar. Adrenalin pur. Ähnlich muss sich die Geierwally gefühlt haben, die berühmteste Tochter des Lechtals. Als Heimatfilm zur Schnulze degradiert, war die reale Geierwally die selbstbewusste Anna Knittel, die Mitte des 19. Jahrhunderts als 17-Jährige mutig einen Adlerhorst an einer Steilwand aushob, an die sich kein Junge wagte. (Adler wurden damals nämlich noch als Schafräuber bekämpft und verächtlich „Geier“ genannt.) Anna Stainer-Knittel wurde später eine erfolgreiche Malerin.

 

Lechtaler Kräuterhexen: altes Wissen für heute

Daniela Pfefferkorn ist eine Kräuterhexe. Eine unserer Zeit, mit Verein, eigener Zeitung und Facebookseite. Rund 60 an Kräutern Interessierte haben sich im Lechtal nämlich als Kräuterhexen zusammengeschlossen und geben das alte Wissen um die Heilkraft der alpinen Kräuter weiter. Kräuterteemischungen, Räucherwerk und Salben aus Ringelblume, Johanniskraut, Schafgarbe und anderen Alpenkräutern. Stellen sie selbst her. Ihre Tees und Öle sind häufig schnell ausverkauft. Im Sommer begleiten die Hexen die Gäste des Lechtals auf Kräuterwanderungen bieten Workshops zum Herstellen eigener Naturkosmetik an. Das Interesse der Besucher und der Einheimischen an den Hexen-Angeboten gibt ihnen recht, es wächst stetig. Toll – so bleibt das Wissen um alte Rituale und Heilmethoden erhalten und lebendig.

 

Wissen über das Tal: Wunderkammer Elbigenalp

Im Ort Elbigenalp hat ganz neu ein modernes Heimatmuseum eröffnet, halb Neubau, halb altes Haus. In der Wunderkammer kann man viel über das Lechtal, seine Geschichte und seine Bewohner erfahren. Hier darf man neugierig sein und sich wundern: Die Wunderkammer erzählt beispielweise, wie das Leben im Tal früher im Jahresrhythmus verlief. Es erzählt von der bitteren Armut früher, die dazu führte, dass nicht nur die Männer zum Arbeiten das Tal verließen, sondern auch schon die kleinen Kinder als „Schwabenkinder“ den beschwerlichen Weg über die Berge antreten mussten, um für ein halbes Jahr bei den reichen Schwaben zu schuften. Natürlich erzählt das Museum auch von Anna Knittel, der Geierwally, und von ihrem Förderer, dem Universalgelehrten Anton Falger und seinen Forschungsinhalten, Bildern und wissenschaftlichen Zeichnungen.

Schwabenkinder-Schuhe

Schwabenkinder-Schuhe

Mehr Infos zum Lechtal und den Winterzauber-Angeboten gibt´s beim Tourismusbüro Lechtal, dem Tourismusverband Naturparkregion Reutte, der Naturparkregion Lechtal-Reutte und bei Tirol Werbung.

Die Reise wurde unterstützt von Tirol Werbung, Tourismusbüro Lechtal und Tourismusverband Lechtal-Reutte. Vielen Dank!

 

5 Kommentare

  1. Toller Tipp, das Lechtal! Gerade für Leute, die gerne auch im Winter wandern und vom „Skizirkus“ verschont bleiben wollen. Ich nehme es in meine „Wunsch-Reiseliste“ auf.
    Viele Grüße! Andrea

  2. Schneeschuhtouren sind schon was schönes und das Wetter dazu. Werde mir die Region die Region mal Vormerken. Schöner Bericht lg Bernd

    • Anke sagt

      Durch den Schnee stapfen ist wirklich herrlich meditativ… besonders, wenn neben einem der Fluss gluckst

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