Wer den Winter fernab trubeliger Pisten erleben will, ist in Osttirol im österreichischen Nationalpark Hohe Tauern genau richtig. Karin war auf Schneschuhen in glitzerndem Weiß unterwegs.Bei jedem Schritt wirbelt pudriges Weiß durch die Luft. Unter knallblauem Himmel im Nationalpark Hohe Tauern in Osttirol. Auf Schneeschuhen folgen wir dort Ranger Simon Zeiner. Die weiß glitzernde und funkelnde Landschaft auf rund 2.000 Metern bietet im Ködnitztal, ein kleines Seitental des Kalser Tals, einen freien Blick auf den Großglockner, Österreichs höchster Berg. Welch herrlicher Gipfelblick, während die Füße auf den Plastikgestellen leicht über die Schneefläche gleiten. Die Gleichmäßigkeit der Schritte entspannt.
Simon entdeckt einen Steinbock, irgendwo weit oben zwischen schroffen, grauen Felsen. Durchs Fernglas können wir auch mit ungeübten Augen das Tier erspähen. Seine langen, geschwungenen Hörner bewegen sich in Bodennähe. Er frisst. Die Big Five im Nationalpark Hohe Tauern, das sind Steinbock, Gämse, Steinadler, Murmeltier und Bartgeier.
Geführte Wildbeobachtungen auf Schneeschuhen
Geführte Wildbeobachtungen auf Schneeschuhen gehören zu den Naturerlebnis-Angeboten des Nationalparks. Ganz vollzählig zeigt sich die Tierwelt im Winter allerdings nicht, es fehlt das Murmeltier. Winterschlaf ist angesagt, die Murmeltierfamilien schlafen unge-fähr von Ende September bis April oder Mai. Sie schlummern sozusagen unter den Schneeschuhen in einem Zustand zwischen Leben und Tod, ihre Körpertemperatur fährt bis auf ein Minimum herunter.
Ein Fuchs hat Abdrücke hinterlassen, nicht weit davon findet Simon die Spur eines Schneehasen. Es fehlte nicht viel, da wären die Wiesen und Almen rund um Kals am Großglockner dem größten Staudamm Österreichs zum Opfer gefallen.
Die Energiewirtschaft interessierte sich für die Gegend, für die wilden Gletscherbäche, den Isel-Gebirgsfluss sowie auch für die Umbalfälle am Oberlauf der Isel. Im Jahr 1971 beschloss die Tiroler Landesregierung den Bau eines Wasserkraftwerks. Aber es regte sich Widerstand in der Bevölkerung, ein zähes Ringen um die Kraftwerkspläne zog sich über viele Jahre dahin, bis 1989 das Aus für das Projekt kam. Entscheidend war vor allem der erfolgreiche Kampf der Frauen von Kals. Statt Kraftwerk und Staumauer wurde die Natur geschützt und Teil des Nationalparks Hohe Tauern.
„Wir Osttiroler sind ein verschlafenes Völkchen“, meint Ranger Simon, und er ist ein bisschen stolz darauf. „Wir haben die touristische Entwicklung, die etwa Sölden oder Ischgl erlebt haben, schlichtweg verpennt“, sagt er weiter. „Und das ist gut so, denn nun stehen wir weit vorne bei den Themen sanfter Tourismus und Nachhaltigkeit.“
Familienbetriebe mit Tradition
Die Osttiroler Täler bieten ein ideales Umfeld für den Nationalpark Hohe Tauern. Da passt die traditionelle Struktur mit vielen kleinen Familienbetrieben in diesem abgelegenen Winkel Österreichs, den man auf kurvigen Straßen hinter diversen Bergpässen und Tunneln erreicht. Beschauliche Dörfer mit den typisch dunklen Holzfassaden, kleine Bauernhöfe mit großen Scheunentoren, an denen häufig die Jesusfigur am Kreuze hängt.
Einige Höfe sind vom Nationalpark zertifizierte Partnerbetriebe, erklärtes Ziel ist umweltschonendes und nachhaltiges Wirtschaften. Dazu gehören etwa kurze Wege bäuerlicher Produkte in die Hotels und Pensionen, das Vermeiden von Plastik und Aluminium, Gästebewirtung mit Bio oder Fair Trade-Kaffee, oder auch die Anwendung von WassersparTechniken.
Wer in den Nationalpark reist, möchte Natur erleben. Ein schönes Ziel ist das Defereggental. Feinsten Schnee hat es hier. Das kleine Gebirgstal gilt als Geheimtipp zum Skifahren, und auch fürs Schneeschuhwandern. Die Berge stehen so eng beieinander, dass im Winter die Sonne kaum die Dörfer erreicht. Aber ganz weit hinten, am Staller Sattel, an der Grenze zu Südtirol, da scheint sie doch, die Sonne.
Es klappern die Plastik-Gestelle, wenn sich unsere Füße heben, dann wieder tauchen die Schuhe ein Stückchen ein ins Weiß. Sie ziehen ihre Spur vorbei an manch kleiner Zirbe, kaum mehr als ein dürrer Stängel, der keck aus dem Boden herausragt. Einzelne hochgewachsene Lärchen und Zirben stehen an den Berghängen. Ganz kahl sind die Lärchen. Es ist der einzige Nadelbaum, der im Winter komplett seine Nadeln abwirft, erklärt Ranger Simon.
In gemütlichem Tempo bewegen wir uns in Richtung Obersee. Auf der schneebedeckten Eisfläche hat der Wind wellenähnliche Muster hinterlassen. Trotz langsamem Tempo kommen wir ins Schwitzen. Es ist die Sonne, sie hat auch im Winter Kraft in den Bergen.
Infos zur Region
Der Nationalpark Hohe Tauern feierte 2021 seinen 50. Geburtstag. Er ist der älteste und größte Nationalpark Österreichs. Das Schutzgebiet umfasst 1856 Quadratkilometer und liegt in den Bundesländern Tirol, Salzburg sowie Kärnten. Es ist eine geschützte Hochgebirgslandschaft mit 342 Gletschern. Über 15.000 Tierarten leben hier und es gibt 3.500 Pflanzenarten.
Mehr zum Nationalpark Hohe Tauern: www.hohetauern.at
Infos zu Osttirol: www.osttirol.com
Zu der Reise in den Schnee nach Osttirol hat der Nationalpark Hohe Tauern eingeladen.
Lust auf mehr Wandern im Schnee? Dann kommt mit ins Ötztal oder nach Innsbruck.