Nicaragua ist ein Traumland für Naturliebhaber – es gibt Urwaldflüsse, die sich durch Tropenwälder schlängeln, einen riesigen See und rauchende Vulkane… Gastautorin Karin Kura entführt uns in das Land, das verstärkt auf Ökotourismus setzt.Nicaragua? Da war doch mal was. Schon ziemlich lange her, so Ende der Siebziger, Anfang der Achtzigerjahre. Da bewegte das Schicksal Nicaraguas auch einige Menschen hierzulande. Erst kam die Revolution: 1979 wurde der Diktator Somoza gestürzt, linksgerichtete Sandinisten übernahmen die Macht, dann die von den USA unterstützten Putschversuche, sie scheiterten. Die Sandinisten regieren auch heute noch.
Wir reisen über Costa Rica ein. Mit dem Boot. Weiße Reiher stehen regungslos am Ufer, während knallbunte Vögel über die braunen Fluten des Rio Frio flitzen. Nach etwas mehr als einer Stunde öffnet sich der Rio Frio, das tropische Grün rückt zur Seite, der Fluss mündet in den Nicaragua-See.
Weiter geht’s. Immer Richtung Horizont, der Lago de Nicaragua misst rund 8.000 Quadratkilometer – ein gefühltes Meer! Wir erreichen die Solentiname-Inseln, alles sprießt – nur der See scheint das explodierende Grün bremsen zu können. Unser Ziel ist Mancarrón, größtes Eiland des Archipels. Mitten im tropischen Wald liegt das Hotel, und die Rufe der Montezuma-Vögel hallen durch die feucht-warme Luft.
Am nächsten Morgen steigen wir wieder ins Boot. Still und blass-grün liegt der See da. Wir biegen in den Rio Papaturro ein. Der kleine Urwaldfluss durchfließt das Schutzgebiet Los Guatuzos, und fast tellergroße Schmetterlinge drehen Pirouetten vor unseren Nasen. Biologen sind begeistert von der Vielfalt in Nicaragua: Hier leben rund 400 Vogelarten, Affen, sogar Jaguare. Im ärmsten Land Zentralamerikas gibt es Natur im Überfluss.
Das Boot gleitet mit abgeschaltetem Motor fast lautlos durch das Labyrinth unzähliger Seitenarme. Blätter rascheln über unseren Köpfen, gerade überquert eine Horde Klammeraffen den Fluss. Sie springen mit ihren langen, biegsamen Armen cool über die Lücke, die das beinahe geschlossenes Tropenensemble dem Himmel noch lässt. Wir klatschen begeistert, feuern sie an. Das Safari-Fieber hat uns erfasst: Immer tiefer hinein wollen wir in diese geheimnisvolle Welt aus Wasser, Sümpfen, riesigen Farnen. Leider waren die Affen schneller als ich. Keine Fotos, sorry!
Beseelt von den Naturerlebnissen folgen wir dem Rio Papaturro zurück zum Lago de Nicaragua – und sind völlig unvorbereitet auf das, was folgt: Ein Höllenritt! Ein plötzlicher Wind peitscht das Wasser, verwandelt den zahmen See in ein wogendes Meer. Aufgetürmte Wellen, es ruckelt, klatscht, wackelt, es biegt sich unser kleines Plastikboot. Wir werden von den Sitzen hoch gerissen, um gleich darauf unbarmherzig zurückgeworfen zu werden. Einziger Trost: Kurz bevor uns die Gischt ins Gesicht spritzt, entsteht ein hübscher Regenbogen.
Und wieder liegt der See am nächsten Tag trügerisch da, glatt wie Seide. Wir steuern zum Rio San Juan. Der Strom ist breit, an seinen Ufern liegen kleine Siedlungen. Mittags erreichen wir El Castillo. Ein paar Hotels und Restaurants reihen sich auf der Hauptstraße aneinander, mehr nicht. Weiter flussabwärts windet sich der Rio San Juan durch dichten Regenwald, der einen Teil im Osten Nicaraguas bedeckt.
Dort leben noch indigene Völker wie die Mískitos oder Rama. Aber ihre Lebensräume sind bedroht. Durch den Bau eines Kanals zwischen Atlantik und Pazifik, gedacht als Konkurrenz zum Panama-Kanal. Ein gigantisches Bauprojekt, mit einem chinesischen Konsortium, und die Route führt durch die letzten großen Tropenwälder des Landes, Supertanker durchpflügen dann den Nicaragua-See; das größte Süßwasserreservoir Zentralamerikas.
Gleichzeitig setzt die Regierung auf Ökotourismus und Nachhaltigkeit, wie es der Nachbar Costa Rica vormacht. Dabei besitzt auch Nicaragua reichlich Potential für Ökotourismus, davon ist etwa Immanuel Zerger, Chef der Agentur Solentiname Tours, überzeugt. Der gebürtige Allgäuer lebt lange schon in Nicaragua, er dürfte eine Art Vorreiter in Sachen Ökotourismus sein: Auf den Rundreisen, die seine Agentur organisiert, steuern die Gäste Naturschutzgebiete an, sie besuchen Fair Trade-Kaffeekooperativen, übernachten in Hotels, die sich um Verantwortlichkeit bemühen.
Unweit von Granada liegt der Nationalpark Vulkan Masaya, unser nächstes Ziel. Zuvor schauen wir uns noch die alte Handelsstadt an. Unser Kleinbus manövriert zwischen Pferdekarren, Mopeds, Fahrrad-Rikschas und grellbunten Bussen durch die Straßen Granadas. Das Zentrum schmücken restaurierte Kolonialbauten. Eisverkäufer schieben Glöckchen bimmelnd ihre Wagen vor der Kathedrale hin und her.
Bis zum Nationalpark Vulkan Masaya ist es bloß eine halbe Stunde. In Begleitung eines Nationalpark-Rangers fahren wir hinauf zum rauchenden Santiago-Krater. Für die spanischen Eroberer war es der Schlund der Hölle, Rauch steigt unaufhörlich aus dem 200 Meter tiefen Höllenschlund empor. Er bekommt eine rosa Färbung, die Sonne geht unter.
Nach Einbruch der Dunkelheit erwartet uns am Masaya-Vulkan ein ganz spezielles Abenteuer: In den Lava-Höhlen wohnen Kolonien von Fledermäusen. Es ist stockdunkel. Und dann geht’s los, Fledermäuse stürmen hinaus ins Freie, umflattern unsere Ohren. Bis zu 45.000 Tiere schwärmen jeden Abend aus. Damit noch nicht genug, das Finale folgt im Santiago-Krater. Er leuchtet. Aus der Tiefe kommt ein roter Feuerschein: Lavaglut! Wirklich ganz großes Kino, und wir hoffen von Herzen, dass Nicaragua sein Naturkapital nicht verspielt. Der Kanal-Bau soll Ende 2016 beginnen. Eine Katastrophe.
Die Reise wurde unterstützt von Hauser Exkursionen, und Solentiname Tours ist der Spezialist für nachhaltiges Reisen vor Ort in Nicaragua.
Über Karin Kura:
Draußen ist es am schönsten. Egal, ob als Reisejournalistin oder privat, unterwegs in der Natur bin ich am liebsten. Aber bloß nicht frieren! So klingt es vielleicht komisch, dass ich von Haus aus Skandinavistin bin, in Norwegen habe ich gelebt. Und dann die Himmelsrichtung gewechselt. Jetzt würde ich gerne Spanisch lernen. Wenn mal Zeit dafür bleibt. Vielleicht ja auf meiner Lieblingsinsel: La Gomera.
Wow, Nicaragua sieht wirklich beeindruckend aus. Die Bilder sind auch klasse geworden. Ich hoffe, dass ich Nicaragua einmal selbst erleben darf. Habe es mir jedenfalls fest vorgenommen.
Liebe Grüße, Theresa
Dann drücken wir Reisefedern ganz fest die Daumen, dass es klappt!
Liebe Grüße
Iris