Vor ein paar Tagen war ich mal wieder in Wolfenbüttel, zum InstaMeet auf Einladung von MeinNiedersachsen, den Reiseblogs aus Niedersachsen, und aboutcities, den Insider-Tipps für Reisen und Ausflüge in Niedersachsen.
Der Plan: Einfach ohne Plan treiben lassen durch die kleine Schwester von Braunschweig, die eine zauberhafte Altstadt mit 600 erhaltenen Fachwerkhäusern ihr Eigen nennt. Besonders charmante Ansichten gibt es immer wieder vor allem in den etwas abgelegenen Sträßchen. Lieblingsmotiv eines jeden Wolfenbüttel-Besuchers: Klein Venedig, das Fachwerkensemble an einem Okerarm am Ende der Stobenstraße. Die Liebesschlösser an der Brücke, hätten für meinen Geschmack zwar nicht da sein müssen, aber gegen manche Trends ist man wohl machtlos… Die kleine Gracht ist jedenfalls eine der wenigen erhaltenen in Wolfenbüttel, sie wurden im 16. Jahrhundert von, wen wundert´s, holländischen Städtebauern angelegt und durchzogen damals das ganze Stadtgebiet. Überhaupt begann Wolfenbüttels Blüte damals — um das Jahr 1570. Herzog Julius ließ die Residenzstadt bauen, gewissermaßen eine Art Bürokomplex für seine Hofbeamten. 1750 verlegte man die Verwaltung zurück nach Braunschweig. Das Schloss gammelte fortan vor sich hin, von den einst 12.000 Bewohnern lebten bald nur noch 6.000 in der Stadt. Wolfenbüttel verfiel zusehends, es haftete ihm zeitweilig sogar der Name „Lumpenbüttel“ an.
Doch das ist lange vorbei. Heute ist es wieder schön hier. Zu Wolfenbüttels berühmtesten Gebäuden zählen neben der barocken Trinitatiskitche und der riesigen Haupt- oder Marienkirche das Herzogliche Schloss. Einst ein Wasserschloss und heute das zweitgrößte erhaltene Schloss in ganz Niedersachsen, diente es den Herzögen von Braunschweig-Lüneburg von 1283 bis 1754 als Wolfenbütteler Residenz. Heute beherbergt es ein Gymnasium, die Bundesakademie für kulturelle Bildung und das Schlossmuseum.
Fast direkt hinter dem Schloss liegt die weltberühmte Herzog August Bibliothek, die Ende des 19. Jahrhunderts im Stil eines italienischen Palazzo errichtet wurde und mit ihrer damals größten europäischen Büchersammlung als achtes Weltwunder galt. Ihr berühmtestes Stück ist heute das Evangeliar Heinrichs des Löwen, eine farbenprächtige Handschrift aus dem 12. Jahrhundert. Mehr noch, das Evangeliar gilt als Hauptwerk der norddeutschen romanischen Buchmalerei im 12. Jahrhundert. 1983 wurde es für damals sage und schreibe 32,5 Millionen D-Mark bei Sotheby´s von den Ländern Niedersachsen und Bayern, der Stiftung Preußischer Kulturbesitz sowie der Bundesrepublik Deutschland ersteigert. Leider war der Zugang zur Bibliothek bei meinem Wolfenbüttel-Streifzug wegen einer Tagung nicht möglich. Das Evangeliar wird zwar ohnehin nur alle zwei Jahre öffentlich gezeigt, aber auch sonst ist die Bibliothek innen ein Schmuckstück. Ein Grund mehr, bald wiederzukommen.
Schräg vor der Bibliothek steht das Lessinghaus, gelb gestrichen mit grünen Fensterläden. In dem Hofbeamtenhaus wohnte und arbeitete Gotthold Ephraim Lessing von 1777 bis zu seinem Tod 1781. Der Bibliothekar, Freimaurer und Dichter der Aufklärung schrieb hier neben „Emilia Galotti“ sein bekanntes Aufklärungs-Werk „Nathan der Weise“. Privat hat ihm das Haus weniger Glück gebracht, sein neugeborener Sohn und seine Frau starben hier. Lessing mochte Wolfenbüttel generell nicht. Nun, wahrscheinlich kein Wunder, war er doch genau zur Zeit des Niedergangs dort.
Abseits der prunkvollen Highlights finden sich in Wolfenbüttel, das sich seit geraumer Zeit in Erinnerung an den Dichter Lessingstadt Wolfenbüttel nennt, entdeckt man immer wieder Skurriles und Überraschendes. Da ist zum Beispiel ein kleines Holzfloß, das auf dem Fluss Oker, der die Stadt bis heute als Stadtgraben durchfließt, ein bisschen Mississippi-Feeling verbreitet. Oder das Haus Nummer 15 im Kleinen Zimmerhof, das nur 1,70 Breite misst. Nichts für kräftige Menschen oder gar ausladende Möbel… Ein paar Meter weiter in der Stobenstraße, dem früheren Rotlichtviertel, ist eines der ältesten erhaltenen Häuser aus dem 16. Jahrhundert zu bewundern (Nr. 5). Und schließlich ist da ja auch noch der Jägermeister. Der legendäre Kräuterlikör stammt nämlich aus Wolfenbüttel und wird schon seit 1934 und bis heute hier auch produziert. Tatsächlich soll der Jägermeister auf der Liste der beliebtesten Sprituosen weltweit auf Platz sieben stehen. Auf meiner persönlichen nicht, aber das macht ja nichts 😉 Führungen durch das Werk erfreuen sich jedenfalls großer Beliebtheit, und kaum ein Besucher verlässt das Werk ohne eine Flasche von dem Kult-Fusel unter dem Arm.
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Na sowas! Das ist ja niedlich. Denkt man gar nicht so, wenn man keine Ahnung hat. LG, Stefanie
Die Schloss-Spiegelung gefällt mir extrem gut! Hat was von Escher-Bildern und ’n bisschen was von „Danziger Goldwasser“ 😉