Die kleine schwedische Insel Ven liegt zwischen Landskrona in Skåne und dem dänischen Seeland. Auf dem Fahrrad lässt sich das Eiland super entspannt im eigenen Tempo entdecken. Perfekt für einen entspannten Sommertag.
Der Legende nach ließ hier einst ein Riese einen Klumpen Erde ins Meer fallen. Daraus entstand die kleine Insel Ven, früher dänisch Hven geschrieben, mittig im Öresund zwischen Dänemark und Schweden. Seit dem Frieden von Roskilde im Jahr 1658 ist das Inselchen schwedisch. Dänen und Schweden haben damals nämlich Bornholm und Ven getauscht.

Klares Wasser, saubere Luft, himmlische Ruhe – Ven tut gut
Nur viereinhalb Kilometer lang und gut zwei Kilometer breit (also nicht einmal sieben Quadratkilometer groß) ist die Insel– und bekannt für ihre als Naturreservat geschützte Steilküste Vens backafall, für weiße Sandstrände, gemütliche Cafés – und die alte weiße Inselkirche. Die thront hoch über Kyrkbacken, einem der vier Dörfer der Insel. Außerdem gibt es noch Bäckviken mit dem Fährhafen, Norreborg im Norden und Tuna By in der Inselmitte, wo der Astronom Tycho Brahe wirkte. Zusammen leben dauerhaft nur rund 400 Menschen auf der Insel. Im Sommer – und da naturgemäß besonders an den Wochenenden – kommt allerdings ein Vielfaches an Tagesgästen hinzu. Dafür sorgen nicht zuletzt die drei Häfen, in denen dann viele Segler festmachen.
Aufs Fahrrad!
Am besten erkundet ihr die Insel auf dem Fahrrad. Autos sind zwar zugelassen, aber nicht gern gesehen. Außerdem ist das Fahrrad wirklich das absolut angemessene Verkehrsmittel für die überschaubare Insel. Ein Radweg führt rechterhand des Hafens Bäckviken Hamn, an dem die Fähre anlegt, direkt am Ufer entlang. An manchen Stellen liegen hier Reste von gelben und orangefarbenen Ziegeln am Strand: Sie wurden früher auf Ven gebrannt und viele der Inselhäuder sind aus ihnen gebaut.
Wenn ihr lieber zu Fuß unterwegs seid: Auch der Fernwanderweg Skåneleden führt einmal rund um die Insel. Die zwölf Kilometer sind an einem Tag gut zu schaffen, natürlich mit der einen oder anderen Pause im Café. Im Sommer begegnen euch auf jeden Fall nicht nur andere Wanderer und viele Radler auf ihren gelben Leihrädern, sondern auch ziemlich unerschrockene Hasen und Fasane – die wurden einst für die Jagd hier angesiedelt, haben außer Jägern keine Feinde auf der Insel und vermehren sich deshalb relativ ungestört.

Überall auf Ven begegnen einem Hasen
Brot und Kuchen aus Durum-Weizen
Eine der bekanntesten Insel-Bewohnerinnen ist Britta Ossler. Auf Ven geboren, lebte sie eine Zeitlang in Deutschland, kam dann zurück und backt seit nunmehr gut 30 Jahren die besten Zimt- und Kardamomschnecken weit und breit. Hven Durum heißt ihre Bäckerei mit eigener Mühle: Britta hat zusammen mit ihrem Mann und einer italienischen Schwägerin Durum-Weizen auf Ven kultiviert.

Britta in ihrer Backstube mit Verkauf
Ein verrücktes Vorhaben so hoch im Norden – aber dank des besonderen Insel-Klimas hat es funktioniert. Ven hat nämlich ein eigenes Mikroklima, ist es hier durchschnittlich ein Grad wärmer als auf dem schwedischen Festland und dabei außerdem messbar sonniger. Hartweizen wächst hier, weil sich die Böden schneller erwärmen. Es ist wohl der nördlichste Ort in Europa, an dem er angebaut wird. Britta mahlt das Getreide selbst und backt daraus Brot, Brötchen und Kuchen. Ein schlichtes Schild „Durum Bakery Shop“ an der Straße weist den Weg zu ihrer Mühle und zur kleinen Backstube, bei der sich für den Verkauf eine einfache Holzklappe öffnet.
Insel-Küche auf Sterneniveau
Auf der anderen Seite der Straße und unweit der backsteinernen Inselkirche serviert die deutsche Sterneköchin Kathrin Baake im Traditions-Restaurant House of Ven im alten Turistgården moderne Gerichte aus möglichst lokalen Zutaten. Nach einem abgeschlossenem Philosophie-Studium hat Kathrin zuvor im Malmöer Restaurant „Bloom in the Park“ einen Stern erkocht. 2021 zog sie auf die Insel und leitet seitdem die Küche im House of Ven. Das gemütliche Gasthaus ist bei Hochzeitsgesellschaften sehr beliebt. Aber keine Sorge, ihr bekommt hier aber auch ohne zu heiraten etwas Gutes zu essen.
Schöner heiraten: Kirche St. Ibbs
Ven ist tatsächlich sehr beliebt zum Heiraten. Der wohl romantischste Ort dafür ist die alte Inselkirche St. Ibbs. Das weiße Kirchlein steht hoch über dem Westufer der Insel. Die Kulisse und das Panorama sind hier aber auch zu schön! Man blickt hinab auf den Hafen von Kyrkbacken und auf die steilen Klippen des Naturreservats Vens backafall.

Der schönste Tag im Leben…
Die nach dem Apostel Jakobus benannte romanische Kirche bekam im 15. Jahrhundert ein gotisches Gewölbe. Ihr Altarbild von 1578 ist eine Stiftung vom Insel-Astronomen Tycho Brahe. Der Kirchturm, lange Zeit wegen der erhöhten Lage der Insel ein wichtiges Seezeichen, stürzte 1726 ein. Weil sie zudem weit außerhalb des Dorfes Tuna By lag und im 19. Jahrhundert zu klein für die Inselgemeinde wurde, baute man eine neue Kirche im Dorf. Dann ein erneuter Wechsel: Heute dient jene neugotische Kirche aus rotem Backstein als Museum und die renovierte alten Kirche ist wieder Gotteshaus.
Sterne erforschen: Tycho Brahe auf Ven
Ven ist nett und gemütlich. Doch das täuscht darüber hinweg, dass die Insel früher eine bedeutsame Wissenschafts-Hochburg war. Der dänische Astronom Tycho Brahe zog nämlich im 16. Jahrhundert hierher (Ven befand sich bis 1660 in dänischem Besitz) und machte die Insel bald darauf zu einem der wichtigsten Orte der Astronomie in Nordeuropa. Der Adlige erforschte in der klaren Luft ab dem Jahr 1576 das Planetensystem mit selbstgebauten Instrumenten und baute „Uraniborg“, das erste europäische Observatorium. Er entdeckte hier unter anderem eine Supernova.

Die Inselkirche in Tuna By beherbergt heute das Tycho Brahe Museum
Im Tycho Brahe Museum in der alten Backsteinkirche findet ihr alles Wissenswerte zur Arbeit des dänischen Astronomen. Der Mann war nämlich ein echtes Mulitalent! Im Außengelände sind im nachgebauten Renaissance-Garten die Umrisse der Uraniborg auf dem Boden markiert. Außerdem könnt ihr die Sternenwarte Stjärneborg (dänisch mit E geschrieben, Stjerneborg), einen historischen Spielplatz und einen Planeten-Lehrpfad besichtigen. Die unterirdische Sternwarte vermittelt multimedial, wie verblüffend exakt Tycho Brahe bereits vor hunderten von Jahren den Sternenhimmel erforschte. Nach der Insel Ven sind die Asteroiden (379) Huenna, (499) Venusia und (1678) Hveen benannt.
Hochprozentiges bei Spirit of Hven
Die Inselbewohner sind irgendwie ein besonderer Schlag Mensch, anpackend und experimentierfreudig. Britta traute sich, italienischen Hartweizen im hohen Norden anzubauen – und Anja und Heric Molin probieren immer wieder Neues mit Whisky aus. Der Erfolg gibt ihnen Recht, denn Kritiker finden regelmäßig: In Backafallsbyn wird einer von Schwedens besten Whiskys hergestellt. Wenn ihr Whisky und andere Spirituosen mögt, dürft ihr einen Besuch bei der Insel-Destillerie Spirit of Hven also nicht verpassen. Viele Besucher kommen sogar eigens dafür auf die Insel. Und für die schöne Bar, die als schönste Whisky-Bar Schwedens ausgezeichnet wurde.

Sommelier und Hotel-Managerin Camilla Ericsson zeigt eine Auswahl exquisiter Whiskys
Seit dem Jahr 2008 produziert Anjas und Herics Familienunternehmen Spirit of Hven auf der Insel. Inzwischen ist auch Sohn Charlie mit eingestiegen. Von Beginn an zeichnete sich die Destillerie durch ihre Experimentierfreudigkeit und die hohe Qualität der Spirituosen aus. So reifen einige der Whiskys zum Beispiel in ihren Fässern, während sie mit Musik beschallt werden – Vivaldi und Rock, Country, Blues oder Raggae. Die Schwingungen sind anders und Kenner sagen, sie schmecken tatsächlich einen Unterschied.

Die Musik im Whisky schmecken… verrückt? Vielleicht. Oder genial
In der Destillerie entstehen Hunderte verschiedener Whiskysorten, alle werden per Hand abgefüllt. Einige davon könnt in der schönen dazugehörenden Bar verkosten (und danach im angeschlossenen Hotel übernachten, wenn ihr mögt). Bekannt ist auch das außergewöhnlich gut ausgestattete Labor, das feinste Geschmacksnuancen zu identifizieren vermag und genau das auch für andere, auch große Mitbewerber tut.
Spirit of Hven bietet Führungen mit Wodka- und Ginverkostungen an – kaufen könnt ihr die Spirituosen wegen des staatlichen Alkoholmonopols hier allerdings nicht. Dafür müsst ihr, zurück in Landskrona, in den Alkohol-Spezialladen Systembolaget.

Spirit of Hven liegt in Backafallsbyn
Raps- und Leinöl, Senf und Honig
Anders als in der Destillerie könnt ihr euch bei Julia Lundahl Persson direkt bevorraten. Julia ist in der Stadt aufgewachsen und wegen der Liebe nach Ven gekommen – und um Bäuerin zu werden. Heute baut sie vor allem Raps an und presst daraus hochwertiges und gesundes Rapsöl. Nicht nur Kathrin vom House of Ven setzt darauf, ihr bekommt das Öl in einigen guten Restaurants in der Region serviert.
Wenig überraschend, experimentiert auch Julia: Sie röstet zum Beispiel Rapssamen. Man kann die kleinen schwarzen Kugeln ins Müsli oder als Topping auf den Salat tun – richtig lecker! Außerdem backt sie Knäcke aus dem Rapsmehl, das beim Pressen des Öls übrigbleibt. Julia kultiviert auch Lein und presst daraus Leinöl, und sie baut Knoblauch und Senf an. Aus dem produziert sie verschiedene Senfsorten (ich fand den mit Whisky von Spirit of Hven besonders schmackhaft). Ach so, Bienen hält Julia zusammen mit einem Nachbarn auch und hat damit auch eigenen Raps-Honig im Angebot. Grünen Spargel bekommt man bei ihr jetzt im Frühling ebenfalls.
Ihr kleiner Verkaufsstand steht im Sommerhalbjahr zum Selbstbedienen an der Straße – allerdings bezahlt man in Schweden fast gar nicht mehr mit Bargeld, sondern mit dem Zahlungssystem Swish, das es nur in Schweden gibt. Julia hat auch einen Onlineshop.
Gut zu wissen
Informieren: Alles Wichtige zur Insel gibts bei Visit Skåne und Landskrona Ven.
Hinkommen: Hier könnt ihr Tickets für die Ventrafiken-Fähre nach Landskrona buchen.
Rumkommen: Auf Ven sind zwar Autos erlaubt, aber vor allem fährt man Rad. Genau das macht den Charme der kleinen Insel ja auch aus. Einen Fahrradverleih gibt es gleich oberhalb des Hafens. Die gelben Räder sieht man überall auf der Insel. Wer keine Lust auf Schweißperlen auf der Stirn hat, nimmt ein E-Bike, denn Ven ist erstaunlich hügelig. Kindersitze oder -anhänger sind auch im Angebot, sogar Tandems sind zu haben.
Dableiben: Wer auf Ven übernachten möchte, kann zwischen Ferienhäusern, Campingplätzen, Gästehäusern und Hotels, etwa dem Vier-Sterne-Hotel Spirit of Hven wählen. Im Hüttendorf Camp Ven kann man es sich in Hütten und in Zeltlodges gemütlich machen.
Was mit Tieren: Bei Hven Alpacka könnt ihr eine Trekkingtour mit Alpakas buchen. Während des zweistündigen Ausflugs durch Vens schöne Landschaft lernt ihr von Christel Ericsson auch viel über die flauschigen Tiere. Vorher buchen!
Eis geht immer: Kaum hat die Fähre angelegt, lockt direkt am Hafen ein Eis. Hvens Glassfabrik stellt Eis (Glass auf Schwedisch) aus ökologischer Sahne direkt auf der Insel her. Kann man schöner begrüßt werden als mit einem Eis? Und eventuell dann zum Abschied (noch) eine andere Sorte auf der Fähre schlecken…
Die Stadt Landskrona hat mich eingeladen, die Insel Ven zu entdecken.
… mehr zur Region und zu Landskrona gibt es hier: 11 Tipps für Landskrona
Hallo ihr Reisefedern, von Ven habe ich ja noch nie gehört, klingt voll schön! Wie lange dauert die Überfahrt und von wo?
Liebe Grüße, Sarah
Hej Sarah, die Fähre fährt von Landskrona (ist verlinkt) und die Fahrt dauert eine halbe Stunde. Wenn du mit dem Fahrrad über die Insel fahren willst (ist zu empfehlen), gibt es jede Menge davon etwa 200 Meter die Straße hoch (vom Hafen aus) zu leihen.
Liebe Grüße
Anke