Über die Osterfeiertage waren wir auf Zeitreise – und das gleich im doppelten Sinne. Wir haben einige Drehorte von „Rubinrot“ besichtigt, dem aktuellen Fantasy-Kinofilm, in dem die Hauptdarsteller dank eines Zeitreise-Gens in die Vergangenheit springen können. Tatsächlich aber ist für uns auf dieser Reise das Mittelalter wieder auferstanden, mit kindlichen Ehefrauen und machthungrigen Schwiegermüttern, mit Glaubenskriegen, Tod und Teufel.
Die Wartburg ist ein Gemäuer, in dem es vor spannenden Geschichten nur so wimmelt. Natürlich haben wir dort auch das Lutherzimmer gesehen, wo dem Reformator angeblich der Teufel erschienen ist. Als Luther mit dem Tintenfass nach dem Beelzebub warf, hinterließ er den berühmten Tintenfleck an der Wand. Ich frage mich immer, wie solche Geschichten entstehen: Hatte Luther Halluzinationen vom vielen Bibelübersetzen? Oder einen ganz menschlichen Zornesausbruch und es war ihm hinterher peinlich, das zuzugeben? Der Tintenfleck ist historisch belegt. Trotzdem ist heute davon nichts mehr übrig. Der Putz über die Jahrhunderte weggeknibbelt von unzähligen Pilgern und Reisenden, die wie die Mauerspechte ein Souvenir aus der Wartburg mit nach Hause brachten.
Aber am faszinierendsten fand ich die Geschichte der „Heiligen Elisabeth“: Eine ungarische Prinzessin, die bereits mit vier Jahren von ihrem Vater verlobt wird. Die in diesem zarten Alter ihre Heimat verlassen muss, um zu ihrem Verlobten auf die Wartburg zu ziehen, „verkauft“ gegen mehrere Karren Gold.
Von romantischer Liebe im Mittelalter keine Spur. Ein Geschäft. Trotzdem soll Elisabeth später ihrem Mann herzlich zugetan gewesen sein. Mit 14 Heirat, mit 19 schon dreifache Mutter, die ihren Mann auf den Kreuzzügen verliert. Sie wird von Schwager und ihrer intriganten Schwiegermutter von der Burg geekelt, widmet ihr Leben den Bedürftigen und gründet Deutschlands erstes Krankenhaus. Noch heute sind viele Kliniken nach ihr benannt.
Der beeindruckendste Raum ist der große Festsaal der Wartburg. Erkennt ihn jemand wieder? Die Stuhlreihen und Tribüne muss man sich wegdenken, stattdessen zwei riesige Holzdrachen hinzufügen:
Genau, im Film „Rubinrot“ wurde der Festsaal zum „Drachensaal“ umfunktioniert.
Und in der Nähe der Wartburg, in Mühlhausen, wartet ein weiterer Drehort auf Fans der Edelsteintrilogie. Mehrere Szenen entstanden im mittelalterlichen Rathaus. Besonders die Täfelung und Wandmalereien in der Ratsstube sollten Rubinrot-Fans bekannt vorkommen:
Und auch im Rathaus von Mühlhausen erwacht für uns Geschichte wieder zum Leben, zum Beispiel die von Thomas Müntzer. Der führte von hier aus die Aufstände der thüringischen Bauern an – und endete vor den Toren der Stadt: Enthauptet, sein Kopf aufgespießt als Warnung für alle, die weiterhin den Obrigkeiten trotzen wollten.
Das Leben schreibt wohl die wildesten Geschichten – nur fehlt leider meist das Happy End. Dafür muss ich dann doch besser ins Kino gehen.
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