Runter von der Fähre und sofort weiter gen Norden – durch Schwedens Süden bin ich sonst immer nur gesaust. Dabei steckt die schwedische Südküste um Karlskrona, Ystad und Malmö voller Geschichte, Kultur und hat tolle Strände. Zehn Gründe, hier endlich auch mal zu verweilen.
Seit mehr als 20 Jahren fahre ich regelmäßig nach Skandinavien. Und immer bin ich bislang durchgerauscht durch den Süden Schwedens, durch Schonen und Blekinge. Höchste Zeit also, hier auch mal ein paar Tage zu bleiben. Anfangs war die Landschaft richtig ungewohnt für mich, keine typischen Wälder und Seen, dafür weite Kornfelder und Weiden – ein paarmal habe ich mich bei dem Gedanken ertappt, in Dänemark zu sein. Auch die tollen Sandstrände und die badewarme Ostsee entsprachen so gar nicht dem Schweden, das ich kenne. So weit hergeholt ist das mit Dänemark aber auch nicht: Schließlich gehörte dieser Landesteil lange Zeit zum kleineren Schwesterland. Auch das hier gesprochene Schwedisch hat deutliche Dänisch-Einschläge und ein paar ganz eigene Wörter. Bei dem Wetter, das wir hatten, und den weißen Sandstründen waren allerdings auch Gedanken an die Karibik nicht völlig absurd…
1. Das sonnige Karlskrona
Karlskrona ganz im Südosten der Küste ist eine Marinestadt, wie sie im Buche steht. Und Weltkulturerbe wegen seiner hervorragend erhaltenen Architektur und historischen Stadtanlage obendrein. Überall atmet man maritmes Flair, ein Teil der Stadt ist bis heute militärisches Sperrgebiet, Matrosen laufen durch die Stadt. König Karl XI hatte im Jahr 1680 diese Stelle auserkoren, um sich besser als aus dem fernen Stockholm gegen die damals verfeindeten Dänen verteidigen zu können. Im modernen Marinemuseum kann man locker ein paar Stunden verbringen mit der Geschichte der zivilen und militärischen Seefahrt, als Kapitän im Navigationssimulator oder bei gesunkenen Schiffswracks unter der echten Ostsee-Wasseroberefläche. Und natürlich im neuesten Teil mit den echten U-Booten wie der Neptun… ein Regentag in Karlskrona wäre also kein Problem. Aber: Regen?! Karlskrona hat neuesten Statistiken zufolge noch mehr Sonnenstunden als Öland, das diesen Rekord in Schweden bislang für sich beansprucht. So schmückt sich Karlskrona denn neuerdings auch mit einem Sonnen-Logo und dem Spruch „Schwedens sonnigste Stadt“. Und wirklich, nach einem langen Sonnentag essen wir in der milden Abendsonne als Fisktorget im Hotel Scandic zu Abend – 12 Stunden Sonne am Stück.
2. Die nie eingenommene Festung Kungsholmen
Diese Festung auf einer Schäre vor Karlskrona wurde nie eingenommen, so gut ist sie gesichert. Nicht nur mit dicken Mauern, man hat sogar, ganz tricky, in der umgebenden Ostsee unter Wasser Steinwälle aufgeschüttet, um Feinden das Eindringen in die Gegend um Karlskrona zu erschweren. Der Ausflug mit der blauen Fährlinie vom Fiskhamnen (Tickets, auch für eine Führung auf Kungsholmen, gibt es an der Info-Bude am Hafen) gestaltet sich hingegen heiter und leicht auf dem Sonnendeck, vorbei an der Insel mit Sonmmerhäuschen, die so idyllisch und urschwedisch ist, dass sie unter Denkmalschutz steht.
Dann kommt Kungsholmen mit seinem unverwechselbaren Rundhafen in den Blick, und auf einer Führung durch die Anlage lernen wir, dass der Hafen italienisch inspiriert ist und die Kanonen hunderte von Metern schießen konnten. Wir bestaunen militärisches Gerät wie den Lauschapparat aus dem 1. und 2. Weltkrieg, das – noch etwas provisorisch – auf dem Dachboden des Hauptgebäudes versammelt sind. Vom Turm bietet sich ein toll weiter Blick, danach darf, wer mag, im Rundhafen schwimmen. Boote liegen hier heute keine mehr. Ein kleines Militärmuseum gibt es auch noch zu besichtigen, und danach machen wir Picknick im botanischen Park, der mit zur Anlage gehört.
3. Eine Draisinentour in Österlen
Draisine fahren ist schon lange ein Traum meiner Kinder. In St. Olof in Österlen wird er wahr. Auf roten Draisinen strampelt einer, der andere lässt sich kuschieren. Meine Tochter strahlt. Doch warum sie selbst mich so entspannt die sieben Kilometer bis zum Ende der Strecke transportiert, wird mir erst auf der Rückfahrt klar: Es ging stetig bergab. Bzw. zurück entsprechend bergauf. Wo selbstredend ich dran bin. Gut, dass wir uns zuvor mit einem Picknick und einem kleinen Bad im Gyllebo-See gestärkt haben…
4. Die Glaskünstlerin Elna Jolom
Toll, was Glaskünstlerin Elna Jolom in Österlens Glashytta aus buntem Glas alles zaubert. Besonders haben es mir die bunten Glaslampen und die Objekte in Form von Pusteblumensamen angetan. Und das schöne Ambiente der Werkstatt in einem alten Bauernhaus! Mit 16 Jahren beginnt Elna eine Ausbildung als Glasbläserin im schwedischen Glasreich, heute, mit Mitte 30, hat sie eine ganz eigene, sehr organische Formensprache entwickelt und stellt ihre Werke in aller Welt aus. Wenn ich mal reich bin, bestelle ich mir so eine Lampe in Seegrün…
5. Die schaurige Burg Glimmingehus
Nils Holgersson hat in dieser alten Burg bei seiner Reise mit den Wildgänsen durch Schweden einen Stopp eingelegt. Sie gehörte damit also in Selma Lagerlöfs Augen zu Schwedens Top-Sehenswürdigkeiten. Wir lassen uns das alte Gemäuer Glimmingehus von Bea erklären. Irgendwie ist es unheimlich in dem finsteren Haus, das im Winter unangenehm klamm wird – vielleicht liegt die Aura des Hausherrn Jens Holgersson (nicht verwandt mit Nils) noch über dem Steinklotz? Der muss ein richtíg fieser Typ gewesen sein, ein Tyrann, der die Bauern ausbeutete und unterdrückte, die ihm dienten, untreue Gefolgsleute kurzerhand hinrichten ließ – deshalb war wohl auch die trutzige Burg nötig. In der man übrigens im Sitzen schlief, sicher ist sicher, die Bauern oder andere Feinde könnten ja beschließen sich zu wehren…
In der ersten Etage steht die Steinfigur Finn, ein Troll, den der Legende nach jeder freundlich grüßen muss und der nie aus Glimmingehus hinausgeschafft werden darf, sonst geschieht ein furchtbares Unglück. Nun, noch steht er also dort, und die Kinder grüßen ihn nicht nur, sondern verabschieden sich sogar artig. Man kann in der Burg übrigens auch heiraten. Aber dafür muss man wohl unempfänglich für negative Energie sein. Ich bin jedenfalls ganz froh, bald wieder in der warmen Sonne zu stehen.
6. Die uralte Schiffsetzung Ales Stenar
Die alte Schiffsetzung Ales Stenar steht schon lange auf meiner Liste der Orte, die ich besuchen möchte. In Stonehenge war ich vor Jahren – nun ist es endlich so weit und ich stehe im schwedischen Mini-Stonehenge. Doch unser Guide Gunnar winkt ab, die Bezeichnung sei doch etwas übertrieben. Dennoch: Auch diese 59 Steine auf einem Hügel über der Ostsee bei Kåseberga zeigen durch den Stand der Sonne zur Sommer- und Wintersonnenwende den Kalender an.
Vermutlich war die 67 Meter lange Schiffsetzung ein Ort der Rituale und auch ein Friedhof, man hat eine Urne mit menschlichen Knochenresten, bearbeitete Feuersteine und Tonscherben gefunden. Vielleicht waren die Ales Stenar aber auch Teil einer viel größeren Anlage, Zeichen in der Umgebung deuten darauf hin – es gibt auf jeden Fall noch viel Forschungsbedarf. Auch das Alter der Anlage ist nicht gesichert, lange dachte man, sie stammt aus der Steinzeit, gesichert sind nun Funde aus den Jahren 500-750 n.Ch., die mit der C14-Methode datiert werden konnten. Vielleicht existierte die Anlage da aber schon tausende von Jahren. Wie auch immer – trotz der rund 800.000 Besucher im Jahr – damit ist er einer von Schwedens Besuchermagneten – , die hier picknicken und sogar zelten, strahlt der Ort Magie aus. Erstaunlich finde ich, dass die Anlage bis heute nicht bewirtschaftet ist, man parkt umsonst, muss keinen Eintritt zahlen, kann sogar ganz kostenlos an einer Führung teilnehmen. Kinder wie Erwachsene klettern für ein Foto auf den alten Steinen herum, obwohl das eigentlich verboten ist. Aber keiner schaut danach. Lecker Fisch essen kann man übrigens unten am Hafen bei Kåseberga Fisk.
7. Wallanders Fachwerkstadt Ystad
Ystad ist mit dem boomenden Erfolg der Wallander-Krimis (verfilmt einmal als deutsch-schwedische Produktion mit Krister Henriksson in der Hauptrolle und als eigene BBC-Reihe mit Kenneth Branagh) zum Besuchermagneten vor allem bei deutschen Mankell-Fans geworden. Läuft man durch die beschauliche Kleinstadt, die sich ihrer rund 300 Fachwerkhäuser rühmt und mich ein weiteres Mal an eines dieser hübschen dänischen Städtchen erinnert, hört man zumindest im Sommer überall deutsche Stimmen. Man kann an Wallander-Führungen teilnehmen oder sich von einer App an die Orte des Verbrechens leiten lassen. Ich muss schmunzeln, als ich am Marktplatz das große steinerne Bankgebäude wiedererkenne, das, als ich mich letztlich unentschlossen durch die Kanäle zappte, gerade in einem Wallander-Film überfallen wurde. Richtig schön ist das alte Backstein-Kloster mit den Klostergärten, sehenswert das Museum dazu. Wer mag, probiert die leuchtend blaue Wallender Torte in Fridolfs Konditori, dem Lieblingscafé des schwermütigen Ermittlers gleich gegenüber der Tourist Info am St. Knuts torg.
8. Die großartigen Sandstrände rund um Ystad
Die Wallander-Torte ist verputzt, die Sonne strahlt schon wieder den ganzen Tag vom knallblauen Himmel. Die Kinder verlangen nach Ostsee. Sollen sie kriegen, denn nirgends sind die Strände weitläufiger und feinsandiger als die komplette Südküste entlang. Gleich östlich von Ystad erstreckt sich ein kilometerlanger Waldstreifen, hinter dem sich die fabelhaftesten Strände verstecken. Schweden hat einen Rekordsommer, erfahren wir, bei Stockholm brennt der Wald vor Trockenheit, und die Ostsee hat hier im Süden satte 24 Grad. Also nichts wie rein!
9. Malmö mit Malmöhus und Schokoladenfabrik
Am nächsten Tag sind wir 40 Kilometer weiter westlich in Malmö, Schwedens drittgrößter Stadt und zusammen mit Kopenhagen ein wichtiges Wirtschaftszentrum. Als wir am Malmöhus, der alten Burg mit Kunstmuseum und Städtischem Museum, parken, dreht sich vor uns Malmös bekanntestes neues Bauwerk, der Turning Torso, in den Himmel. Nun, über Geschmack lässt sich ja nunmal nicht streiten. Mit gefällt jedenfalls die alte backsteinfarbene Renaissanceburg Malmöhus erheblich besser. Zudem sich darin nicht nur tolle Museen (es regnet aber auch heute wieder nicht, was den Museumsbesuch stark verkürzt), sondern dahinter auch noch ein zauberhafter kleiner botanischer Garten (klar, dass Carl von Linné hier seine Finger im Spiel hatte) und mittendrin ein Gartencafé mit vegetarischen Köstlichkeiten aus Bio-Anbau (hergestellt aus dem Gemüse des Gartens nebenan) verstecken. Noch schnell eine Runde durch Malmös City und ins Form- und Design Center, dann gibts Schokolade in Malmös Schokoladenfabrik. Bei einer Führung erklärt uns Harriet die Geschichte der Fabrik, die eng mit dem berühmten Ögon-Kakao zusammenhängt (Nordlandfahrer kennen die markanten Augen auf Kakaopackungen), und lässt uns immer wieder Schokolade in verschiedenen Verarbeitungsstufen probieren – lecker und echt interessant. Nur meine Tochter ist bald abgehängt, da sie noch kein Englisch kann. Beim Probieren ist sie aber immer vorn dabei 🙂
10. Malmös lebendiger Folkets Park
Was soll ich sagen – auch in Malmö scheint die Sonne unverdrossen den ganzen Tag vom nahezu wolkenlosen Himmel. Ausnahmesommer, und der Wald weiter nördlich brennt leider noch immer. Was macht man mit Kindern an einem heißen Tag in der Großstadt? Ab in den Park. Und was liegt da näher, als in den Folkets Park nur wenige hundert Meter von der Schokoladenfabrik zu gehen: Ein Spiel- und Freizeitpark, der keinen Eintritt kostet, mit Hüpf- und Kletterburgen, einem großen, flachen Wasserbecken, in dem Kleinkinder herumtoben, einer Bühne, einem Terrarium, Eis und, und, und…
Wir landen zuerst beim Abenteuergolf neben der Ben&Jerry´s-Eisbude, eine Minigolfanlage, die ausnahmsweise extra bezahlt werden muss. Danach gehts weiter auf den Spielplatz, an dem sich Kinder vom Babyalter bis zu ca. zehn Jahren tummeln, während ihre Eltern am Rand auf Decken und Bänken sitzen, plauschen, Kaffee aus Thermoskannen trinken und dem Nachwuchs ab und zu einen Keks reichen. Später qualmen in einer Rasenecke neben dem Spielplatz mehrere Grills unter den wachenden Blicken von Frauen mit Kopftüchern, Kinder flitzen herum – multikulti, wie es sein soll. Mangels Grills kehren wir im Park-Restaurant Far i hatten ein und essen hausgemachten Spätzle (ein etwas unerwartetes Angebot hier im Norden, aber lecker – die Bedienung fragt uns deutsche „Fachleute“ dann auch gleich, woher genau Spätze denn nun eigentlich kommen) und Hamburger mit selbstgebackenen Brötchen.
11. Blitzschnell nach Bornholm
Wo es so schön ist, da will man eigentlich nicht weg. Doch Bornholm ist auch toll. Und so nah! Mit der Schnellfähre ist man in zwei Stunden von Schweden aus da. mehr zu Bornholm könnt ihr hier im Insel-ABC lesen…
Zeit für ein Resümee: Schwedens Süden ist für Familien eine super Alternative zu Zielen weiter im Norden. Man ist mit der Fähre schnell da (wir sind mit der TT-Line ab Travemünde gefahren), sitzt nicht lange im Auto und hat tolle Strände, abwechslungsreiche Aktivitäten und jede Menge Kultur. Für Groß und Klein ist also etwas dabei. Was will man mehr als Familie. Wie immer gut begleitet und beraten hat uns ein Reiseführer aus dem Michael Müller Verlag: Südschweden
Mehr Blogger-Tipps von Malmö gibts bei Rike auf Schweden und so.
Die Reise wurde unterstützt von der TT-Line und den Tourismusämtern von Karlskrona, Ystad/Österlen und Malmö
Ich kenne von diesen Zielen zwar nur Malmö da ich nie mehr Zeit hatte wenn ich durch Schweden gefahren bin, aber nach Malmö könnte ich immer wieder. So wunderbar.
Ich glaube aber, nach deinem Bericht, dass ich mir die anderen auch mal anschauen muss
Mach das auf jeden Fall! Karlskrona ist wirklich ganz charmant – und nimm dir Zeit bei den Ales Stenar!
Hallo,
ich war vor kurzem in Ystad. Im Cafe Fridolf. Da gibt es die berühmte Wallender Torte. Sie soll traumhaft sein. Wollte sie gerne probieren. Aber leider ausverkauft. Kennt jemand das Rezept. Wäre super.
Meldet Euch bitte, bitte.
D A N K E.
Hallo Gabi,
wie du im Beitrag sehen kannst, habe ich die Torte bei Fridolfs probieren können 🙂
Ich fand sie lecker, sie war aber recht süß und bestand, so weit ich mich erinnern kann, vor allem aus Sahne und der blauen Marzipanschicht oben drauf. Ein Rezept habe ich leider nicht, aber frag doch mal beim Tourismusamt in Ystad nach: http://www.visitystadosterlen.se/de. Auf der Seite gibts auch eine Mailadresse.
Viel Erfolg!
Anke
HALLO Anke
Deine Antwort hilft mir etwas weiter. Ich war zwar auch im Touristenamt. Aber ich schaue mal unter die Webseite. Vielleicht können Dir mir wirklich etwas sagen.
Vielen Dank
Gabi