Wer hat’s gewußt? In Australien leben mehr wilde Kamele als in allen arabischen Ländern zusammen! Kein Wunder, in Arabien gehören sie ja fast immer jemandem. Auf dem Roten Kontinent nicht mehr: Als die Lastentiere von Autos ersetzt wurde, hat man sie einfach in die trockene Wildnis laufen lassen – heute sind’s rund 1 Million. Hoch auf dem Höcker eines gezähmten Exemplars durchs Outback zu schaukeln – mal kurz am Uluru oder auf Mehr-Tages-Tour: Probiert’s mal aus! Ein doch irgendwie typisch australisches Erlebnis…
Der Horizont schwankt ganz schön, hoch oben vom Dromedar betrachtet…Rote Erde, soweit das Auge reicht, mit trockenen Büschen gesprenkelt, stacheligen Spinifex-Gräsern und dem einen oder anderen Eukalyptusbaum. Die haben auf mein Reittier magische Anziehungskräfte: Nix wie hin, Zähne in die Blätter graben, lecker! Dann müssen wir wieder einen kleinen Sprint einlegen, um den anderen hinterher zu kommen… Im Schnellschaukelgang. Aber im Prinzip wie auf dem Pferd oder im Wildwasser- Kajak – immer locker bleiben in den Hüften !!
Frei auf dem Kamel reiten ist eher selten – Rückblick: Vor ein paar Tagen war ich noch am Uluru unterwegs. Früher hieß er Ayer’s Rock. Dort gibt es klassischere Touristentouren. Immer zu zweit auf einen Doppelsattel und die Tiere laufen in einer Karawane hintereinander her. Das hat seinen eigenen Reiz, vor allem für die, die noch nie geritten sind. Den Tieren scheint es gut zu gehen – und den Menschen auch, wenn sie zum Sonnenuntergang zum leuchtend roten Uluru schwanken
Zum Abschluss gibt’s dann später ein paar typisch australische Snacks – die sich trauen, probieren auch ein Stückchen gewürztes Kamelfleisch. „Eigentlich ganz lecker“, sagen sie. Ein Widerspruch? Nicht, wenn man weiß, dass manche die vielen wilden Höckertiere
auch als Problem betrachten. Sind es wirklich eine Million oder nur Hundertausende? So gut haben sie sich vermehrt, dass sie den anderen Wildtieren das magere Grün wegfressen, Wasserlöcher verunreinigen und manche heiligen Stellen der Aborigines gefährden. Deshalb haben Ranger Bestand deshalb in den letzten fünf Jahren um 160.000 dezimiert. Und Feinschmecker haben entdeckt, dass Kamelfleisch eiweißreich, mager und lecker sein kann. Kommt von der vielen Bewegung. Ähnlich wie bei Känguru-Fleisch übrigens…
Das afghanische Gewürz erinnert an die Ankunft der ersten australischen Dromedare: Ab 1840 wurden sie als zähe Lastenträger und Expeditionstiere importiert, auch zum Wassertransport und Aufbau von Zäunen und Telegrafenleitungen.
Viele kamen tatsächlich vom Hindukusch, zusammen mit ihren afganischen Kamelführern. Übrigens auch beim Bau der Bahnstrecke quer durch den Kontinent schleppten sie unzählige Balken und Gleise – zum Dank heißt der Zug zwischen Adelaide und Darwin noch heute „The Ghan„. Als aber Autos und Lastwagen um 1920 auch das Outback eroberten, schickte man die Kamele in die Wüste …
Da begegnen wir ihnen heute wieder: Ich und meine einhöckrige Fressmaschine. Wir reiten nicht nur quer durch leere Flussbetten, am Rand die Spuren der reißenden Wassermassen, die ganz selten im Jahr mal hier hindurchschießen. Wir kommen auch an ein paar Jungbullen vorbei, die sich mitten in der Landschaft herumtreiben. „Schön auf Abstand bleiben“, warnt unser Guide Neil – junge Kamelbullen mit Hormonstau können auf Krawall aus sein. Muss nicht sein… Lieber weiter in Richtung Lagerplatz, wo wir heute nacht campen. Echt australisch, mit Lagerfeuer, Tee im „Billy“ und Schlafen im „Swag“ unter freiem Himmel. Wie der „Swagman“ aus dem Song „Waltzing Mathilda“, auf wetterfester Rollmatratze. Nachdem die Kamele mit trockenem Besen geschrubbt sind, das Toast über den Flammen schön braunschwarz und haufenweise Geschichten erzählt sind, geht’s in die Horizontale. Neben uns das Knacken der letzten Glut, über uns das Kreuz des Südens am Firmament, in Hintergrund ein Rascheln, manchmal ein Rascheln. Sogar nachts fressen die Kamele noch…
Wer’s mal selber probieren möchte: Rund 50 Camel Farms im Outback lassen Touristen reiten, die meisten für eine bis zwei Stunden. Wer länger unterwegs sein will:
Sucht nach „Camel Treks“ oder „Camel Safari“. Und Kamele in Action liefern auch die großen Kamelrennen, allen voran schon seit 1970 der „Lasseter Camel Racing Cup“ bei Alice Springs.
Alles über Kamele in Australien hier und hier. Fürs Reisen Down Under liefert Tourismus Australien unzählige Details.
P.S.:
Wilde Kängurus aller Arten gibt’s in Australien aber trotzdem noch häufiger als Kamele – ungefähr 57 Millionen…