Gerade tummeln sich die Heringe in der Schlei und dicht an dicht auf dem Wasser die Angelboote. Im Sekundentakt ziehen die Fischer die silbrig glänzenden Leiber vom Haken. Bei winterlichen Temperaturen und schneidendem Wind bestimmt kein Vergnügen. Doch wir sind auch auf den Fisch gekommen, ganz ohne angeln und frieren.
Kaum sind wir am Wasser, haben wir das leidige Thema Angeln, Keschern, Fische fangen. Nun ist Freddie so alt, dass er sich nicht mehr mit einer Kinderangel mit Wäscheklammer für den Köder oder einer Erwachsenenangel mit Blinker, aber ohen Haken zufrieden gibt. Also waren wir in Kappeln an der Schlei auf dem Weg zum Angelgeschäft, um nach Angelutensilien zu gucken.
Wir bummeln also an der Schlei entlang durch den Kappelner Fischereihafen, wo die schönen, bunten Fischkutter liegen. Aus einem ragt ein durchsichtiges Rohr, das auf ein Förderband führt. Mit ordentlich Rumpel gelangen die Fische auf ein Förderband, das sie in einen Tank auf einen LKW bringt.
Wusch macht es und ein Schwall glitzernder Fischlein landet auf dem LKW. „Heringe“, denke laut. „Nein“, erklärt uns eine Fischer in leuchtend orangeroter, wasserfester Arbeitshose. „Das sind Sprotten.“ Fluggs greift er vom Boden zwei Körper und zeigt uns, woran sich ein Hering von einer Sprotte unterscheidet. „Aha“, wieder was dazugelernt.
Beifang wie etliche kapitale Dorsche und andere größere Fische rutschen in eine Wanne, wo sie sogleich ausgenommen werden. Interessiert gucken wir dem Treiben zu. „Guck mal ein Seehase, ist ja auch bald Ostern“, witzelt ein Arbeiter und hält uns einen unförmigen, grau-grünlichen Fisch unter die Nase. Allerdings ohne lange Ohren, dafür recht unelegant, fast quadratisch, weshalb das Vieh auch Lump – englisch Klumpen – genannt wird. „Nee, schmecken tut der nicht“, beantwortet der Mann Freddies Frage.
Plötzlich macht es platsch, platsch und der Behälter auf dem LKW ist voll und die Fische klatschen auf die Straße. Schnell wird der größte Teil aufgesammelt, doch ein Teil bleibt liegen und weckt Begehrlichkeiten, die Kinderaugen fangen an zu glitzern. Der LKW wird umgefahren und ein neuer Behälter befüllt.
„Mama, darf ich einen Fisch haben“, will mein Sohn wissen. Ich verweise ihn an den netten Fischer. Freddie druckst herum, traut sich nicht richtig. Doch der hat das mitbekommen und fragt: „Was los?“. Freddie fragt höflich. „Steck die Taschen voll mit Fisch, aber so, dass deine Mama es nicht sieht. Die freut sich dann.“ Dröhnendes Gelächter von allen Seiten. Mein Kleiner saust los und kommt mit einer handvoll Sprotten zurück. Jagdglück glänzt in seinen Augen.
Dorsche und andere, größere Fische werden gleich ausgenommen.
Er will noch mehr, deshalb wandern die schuppigen Gesellen in ein Hundetütchen. Schon ist er wieder weg, und wieder da, mit weiteren Sprotten. Mir reicht es. „Die musst Du alle essen“, überzeuge ich das Kind, nicht noch weitere Fische aufzusammeln. Stolz trägt er seine Tüte vor sich her. Zählt und begutachtet seine Beute. Wir bedanken uns ganz herzlich bei den Fischern, die sich köstlich über den Kleinen amüsieren. Schnell packe ich noch etwas Eis zu den toten Tieren, die Fahrt nach Hamburg ist lang. Weil wir spät ankommen, wird das Schlemmeressen auf den nächsten Tag verlegt und habe ich Zeit, Sprottenrezepte zu googlen. Zugegeben, andere Fische sind mir sympathischer.
Doch als gute Mama habe ich die Tierchen zubereitet. Erst ausgenommen (bäh), Kopf und Schwanz abgeschnitten, gewaschen, in Mehl gewendet und gebraten. Filetiert und zum Essen gerufen. Freddie probiert tapfer seine Fische und dabei bleibt es. Ich auch, kein Verlangen nach mehr. Die Reste wandern in den Hundenapf. Das Ende vom Lied? Die ganze Nacht durch hat der Hund gefiept, weil er endlich sein Futter wollte. Ihm hat’s geschmeckt 😉
Infos zu Kappeln an der Schlei
Armer Hund 😀 – nein, im Ernst: Sprotten gab es bei uns früher traditionell zu Weihnachten…
Das ist doch mal echtes „Street-Food“!!!
Ist ja auch stark im Kommen… 😉
Für Euren nächsten Besuch kann ich dann wärmstens den Fisch von Fiete Föh empfehlen. Das ist die Räucherei, die auf Deinem Beitragsbild zu sehen ist. Meiner Meinung nach der beste Fischladen an der Ostseeküste. Und so schön appetitlich zubereitet!
Liebe Stefanie, das stimmt. Föh ist klasse. Nicht umsonst heißt es: „Sag Kappeln nie adieu, ohne Aal von Föh.“ Am Wochenende stehen die Menschen bis auf die Straße. Lohnt sich aber immer – lecker Fisch.
In Kappeln war ich am vergangenen Wochenende.
Und ich war erschrocken, dass es so viele Menschen in Schleswig-Holstein gibt;
oder anders gesagt, dass sich alle Schleswig-Holsteiner zum Heringsfest dort trafen.
Ich glaube, ich muss mir das nochmal anschauen wenn denn kein Heringsfest ist.
Das war des Guten doch zu viel…
Grüße…