„Jahn-Markl“ ist die älteste Gerberei von Salzburg. Schon Kaiser Franz Josef I. ließ sich in dem winzigen Laden am historischen Residenzplatz seine Lederhosen maßanfertigen.Von der Decke hängen dutzende lederne Hosenträger, in den rund vier Meter hohen Holzregalen stapeln sich Hirschlederhosen, handgestrickten Stutzen, Strickjacken, Rehlederhüte, Lederunterwäsche und dunkle Wildledertaschen. Vor dem Spiegel hängen Lodenjanker und Leinendirndl. Der kleine Laden mit der rotweißen Markise mitten in der historischen Innenstadt von Salzburg sieht von außen eher unscheinbar aus, doch drinnen spüre ich sofort die alte Geschichte, die lange Tradition. Besitzerin Gabriele Jenner packt schnell ihre Schmuckstücke aus.
Auf der Glastheke breitet sie kunstvoll handbestickte Reh- und Hirschlederhosen aus und streicht liebevoll über die rund 2900 Euro teure Salzburger Tracht: „Diese Hose hat eine Spitzenleiste, wird mit der Hand weiß bestickt, hat am Kniebund Bänder statt Knöpfe – und eine Tellernaht am Po.“ Die alten Blumen verzierten Ausnähmuster stellen echte Volkskunst des Salzburger Landes dar, sie werden in der Gerberei von Jenner schon seit Jahrhunderten angewandt. „Bei der Wahl des Wildleders bevorzugen wir Stücke, bei denen deutliche Narben von den Brunftkämpfen der Tiere zu erkennen sind“, erklärt mir die Chefin. Dieser Brauch beruhe auf dem uralten Volksglauben, wonach die Kraft und der Mut des Tieres auf den Träger der Hose übergehen soll.
Lange Traditionen
Auch die Gerberei hat eine lange Tradition: „Jahn-Markl“ wurde bereits im Jahre 1408 gegründet. Sie ist damit die älteste Gerberei der Mozartstadt. Der Name eines Meisters, Ulrich Räwtter, ist urkundlich im Jahre 1471 nachgewiesen. In den darauffolgenden Jahrhunderten wechselten Besitz und Namen der späteren Hofweißgerberei des öfteren. Der Beruf des Gerbers war beliebt. „Bis Anfang des 18. Jahrhunderts waren die Hosenbeine einer Lederhose übrigens weit und überfallend“, weiß Jenner zu erzählen. Sie wurden mit der Zeit immer kürzer und enger. Bis die Hose schließlich während der Französischen Revolution ziemlich prall an den Schenkeln saß.
Doch Ende des 19. Jahrhunderts, als die einzige Tochter von Georg Edelhard – dem Urgroßvater der heutigen Inhaberin – den Säckler- und Handschuhmachermeister Johann Nepomuk heiratete, entstand damit zugleich auch eine Verbindung der beiden sich ergänzenden Ledergewerbe.
Waren früher noch die Fütterungen der Rüstungen, Lederwämse, aber auch Uniformen der Gardesoldaten gefragt, so sind später die Jagdkleidung der Adligen und die Ledertracht der Bauern und Bürger in Mode. Auch spätere Gerber, Lederfärber und Säcklermeister des Hauses legten viel Wert auf die Wiederbelebung der heimischen Tracht- und Jagdbekleidung. 1999 dann übernahm Gabriele Jenner das traditionsreiche Unternehmen ihres Vaters.
Claus Hip jagt für seine Lederhose
Viele Berühmtheiten hat die sympathische Salzburgerin schon in ihrem Laden zu Besuch gehabt. Sie mag gar nicht richtig rausrücken mit den Namen. Doch dann überwiegt der Stolz: Kaiser Franz Josef I., Marlene Dietrich, Königin Beatrix, Klaus Maria Brandauer – alle tragen ihre Lederhosen gern, ob kurze oder lange. Das Kundenbuch des früheren Hof- und Kammerliferanten liest sich wie das Who is who des vergangenen Jahrhunderts. Für Kaiser Franz Josef I. wurde damals extra eine Farbe neu entwickelt: das Antik aussehende „Salzburger Altschwarz“. Noch immer ein besonderes Merkmal der Wildlederhose aus Jenners Hause.
Gerade vor dem Münchner Oktoberfest, dieses Jahr vom 16. September bis 3. Oktober, ist bei „Jahn Markl“ Hochsaison. „Claus Hip hat für seine lederne Unterhose – standesgemäß unter der Lederhose zu tragen – selbst gejagt, vier Rehe. Aus denen werden dann die Mittelstücke genommen“, verrät die 53-Jährige. Das sei das beste und strapazierfähigste Material. Die dickeren Stellen der Haut werden später für das Vorderteil, speziell für die Kniepartien, verwendet.
Alles mit der Hand
Nachdem eine der fünf Mitarbeiter Maß am Kunden genommen hat und die Farbe des Leders ausgesucht wurde, wird auf zwei dressierte, also gedehnte Häuter (Vorder- und Rückteil) der Schnitt aufgelegt und zugeschnitten. „Dann nähen wir alles mit der Hand zusammen und sticken die gewünschten Muster auf, bringen Knöpfe, Knopflöcher und Lederbänder an der Hose an“, erklärt mir Jenner. Anschließend werden die Nähte geklopft und auf der Innenseite mit Besatzstreifen aus Hirsch- oder Gamsleder versäubert. Halt individuelle Maßarbeit. Im Durchschnitt dauert die Herstellung einer Lederhose bei „Jahn-Markl“ rund einen Monat, vom Maßnehmen über die erste Anprobe bis hin zur Abholung des guten Stückes. Auch die blauen Stutzen – eine Art Herrenstrumpf, aber ohne Füßlinge – und wichtiger Teil der Salzburger Tracht sind handgemacht. Die Strickerinnen von Jenner brauchen für zehn Zentimeter sieben Stunden. „Eine Mitarbeiterin, die den Jakobsweg im Urlaub erwandern wollte, kam kurz vor der Abreise noch in den Laden“, erzählt Jenner, „ und holte ihre Wolle ab – mit dem Kommentar: „Ohne Stricken ist mir das Wandern doch zu langweilig.“
Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Pressereise nach Salzburg.
Hallo Sandra,
toller Artikel und schöne Bilder, gibt es denn dort auch günstigere Lederhosen?
LG
Hallo Peter, vielen Dank fürs Lob. Na ob es da günstige gibt, weiß ich nicht. Aber ich würde eigentlich auch sagen, lieber mehr investieren und dann eine Hose fürs Leben haben!Ich habs auch bei meinen Dirndl gemerkt, sie halten dann ewig. lg Sandra