Die meisten Menschen denken bei Heide sofort an die gleichnamige Landschaft rund um Lüneburg. Die hat jedoch den Nachteil, dass es zur Hochsaison ziemlich überlaufen ist. Nicht so im Naturpark Moor – Veenland. Er liegt rund um die Grenze zu den Niederlanden, einstiges Niemandsland. Nach dem Krieg war hier nicht einmal klar, wo Deutschland anfängt und die Niederlande aufhören. Anfangs auch ein Grund für Konflikte. Heute arbeiten die beiden Länder eng zusammen, ein grenzenübergreifender Naturpark ist entstanden, der nicht nur jede Menge Moor zu bieten hat, sondern auch Heidekraut ohne Ende. Und Schafe. Aber die sind ein wenig anders als ihre Kollegen im Osten…
Stille. Nur der Wind rauscht über das platte Land. Von weitem hört man das Kreischen, Schnattern und Zwitschern der Zugvögel, Hintergrundmusik aus den nahe gelegenen Feuchtgebieten. Nur ab und zu surrt ein E-Bike vorbei oder eine Spaziergängergruppe kreuzt den Weg. Während in der Lüneburger Heide fast mehr Wanderer, Radfahrer und Kutschen als Heidschnucken unterwegs sind, ist es im Bourtanger Moor und Bargerveen zur Heideblüte angenehm leer.
Plüschige Schwänze statt Hörner
Und noch etwas ist anders: Auf dem Blütentraum in lila und rosa grasen keine gehörnten Schnucken, sondern weiße Schafe mit schwarzen Flecken um die Augen und einem plüschigen Schwanz. „Langsteert“, also Langschwanz heißt diese Rasse auch im plattdeutschen Volksmund. Ihr offizieller Name ist „Bentheimer Landschaf“. Und wie bei fast allem hier im Grenzgebiet gibt es auch eine niederländische Entsprechung, das genetisch fast identische „Schoonebeeker Schaf“. Für das Überleben dieser seltenen Haustierrasse setzt sich unter anderem der Verein „Land unter e.V.“ ein. „Wir haben hier rund 100 Bentheimer Landschafe, die sich um den Erhalt der Heidelandschaft kümmern“, sagt deren Vorsitzender Tobias Böckermann.
Grasen für den Naturschutz
Eine der vielen Landschaften, um die sich die Bentheimer Landschafe „kümmern“, ist das Naturschutzgebiet um den Versener Heidesee, der während des Autobahnbaus um 1999 als Baggersee entstanden ist. Besonders im Uferbereich gibt es inzwischen viele geschützte Pflanzenarten, deren Samen vor allem durch Vögel hierher getragen wurden und die bestens gedeihen, weil die Schafe den Uferbereich kurz halten. „Allein 30 der hiesigen Pflanzenarten stehen auf der roten Liste“, sagt Böckermann. Einige von ihnen gibt es nur noch an wenigen Standorten in Deutschland.
Ein anderer Ort, an dem die Tiere grasen, wird Mansenberge, also Menschenberge genannt. Klingt gruselig, ist es auch ein wenig, denn tatsächlich befindet sich unter jeder dieser rund 80 Erhebungen in der ansonsten flachen Landschaft ein Hügelgrab. Heute betreiben die Landschafe sozusagen auch Grabpflege und sorgen dafür, dass die Hügel in der Nähe der Ortschaft Klein Berßen nicht mit Bäumen zuwuchern. Trotz des gruseligen Namens ist es nämlich ein zauberhafter Ort. Und dank Landschaftspflege die Heimat zahlreicher bedrohter Wildbienenarten.
Wer mehr über die Naturschutzprojekte rund um das Bentheimer Landschaf erfahren möchte, wird auf den Seiten des Vereins „Land unter e.V.“ fündig.
Mehr Infos über die Naturschutzgebiete und Landschaften in der Region gibt es beim Naturpark Moor – Veenland, Ordeniederung 2, 49716 Meppen, Tel. 05931 442277
Diese Recherche fand mit Unterstützung des „Naturpark Moor – Veenland“ statt.
Wie immer ein sehr schöner Artikel!
In diese Region muss ich auch unbedingt mal wieder fahren!
Viele Grüße, Becky
Vielen Dank, liebe Becky! Weit hättest Du es ja eigentlich nicht… auch kulinarisch kann ich die Region sehr empfehlen 😉
Das stimmt, da habe ich es wirklich nicht weit. Früher war ich oft dort, in den letzten Jahren nur deutlich weniger…