Eine Viertelmillion Fahrräder für 170 000 Einwohner: In Oldenburg fährt man Rad. Kunst und Kultur stehen auch hoch im Kurs, und im Winter die Kohltour. 11 sommerliche Tipps für Niedersachsens Kohltourhauptstadt.Beeindruckende 250 000 Räder sprechen für sich: Am besten ist man in Oldenburg zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs. Selbst Pakete liefern die Paketdienste in der Innenstadt mit Hilfe kleiner Lastenfahrräder aus, sehr fortschrittlich! In Zahlen: Fast die Hälfte (nämlich 43 Prozent) ihrer Alltagswege legen die Oldenburger mit dem Drahtesel zurück – rekordverdächtig nicht nur in Niedersachsen, sondern in ganz Deutschland. Oldenburg ist aber auch einfach ideal dafür, es ist flach, grün und überall gut mit Radwegen ausgestattet (… da stellt sich die Frage, was war zuerst da, die Radfahrer oder die gute Fahrrad-Infrastruktur? Vielleicht ja ein Anreiz für viele andere Städte, mehr in ihre Radwege zu investieren?). Aber auch mit Fußwegen: Die gemütliche Fußgängerzone in der historischen Innenstadt ist sogar schon seit 1967 autofrei und damit eine der ältesten im Lande.
Apropos alt: Als Erfinder der Kohltour mit Bollerwagen & Co. gilt der Oldenburger Turnerbund, im Januar 1871 hat hier der erste feucht-fröhliche Ausflug mit finalem Grünkohlschmaus stattgefunden. Heute nennt sich Oldenburg Kohltourhauptstadt und Kreative stellen sogar Pralinen, Tee oder Pesto aus der gesunden „Oldenburger Palme“ her.
Werkschau eines Multitalents: Horst Janssen Museum
Okay, man muss ihn und seine Kunst mögen. Dann eröffnet sich im Horst Janssen Museum eine ganz eigene Welt: Das Multitalent Janssen zeichnete nämlich nicht nur, der Künstler stellte auch Holzschnitte, Radierungen und Plakate her. Und er illustrierte. Und das alles in seinem eben sehr individuellen Stil, der oft etwas vergänglich-düster angehaucht war. 1929 geboren, verbrachte Janssen seine Kindheit in Oldenburg und wurde später Ehrenbürger der Stadt. Seit dem Jahr 2000 widmet sich das Horst Janssen Museum
seinen Werken und zeigt wechselnde Sonderausstellungen.
Am Stadtmuseum 4-8
Kunst für jeden Geschmack: Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte
In Oldenburg ist alte und neuere Kunst auf mehrere historische Gebäude verteilt. Im Schloss, der einstigen Residenz der Großherzöge von Oldenburg, sind prächtige Räume, Kulturgeschichte und Kunstgewerbe zu bewundern. Einst eine Burg, erweiterte man das Gebäude im Stil der Renaissance und des Rokoko und machte es damit zu einem Repräsentativbau. Im Augusteum auf der anderen Seite der Straße und früheren Wallanlagen sind Alte Meister vom 15. bis 18. Jahrhundert zu sehen. Gegenüber beherbergt das weiße Prinzenpalais eine Sammlung Neuer Meister der klassischen Moderne, darunter auch Werke aus der Worpsweder Künstlerkolonie.
Ihr habt jetzt im Sommer mehr Lust, lieber im Freien zu chillen und hebt euch die Museen für einen Regentag auf? Auch ein guter Plan. Hinter dem leuchtend gelben Schloss erstreckt sich nämlich direkt der Schlossgarten, mit Teich, alten Bäumen und großen Grünflächen. Im hinteren Teil liegt der hübsche Küchengarten neben dem Tropenhaus. Das ganze Jahr über locken Veranstaltungen in die grüne Oase mitten in der Innenstadt und auf dem Schlossteich kann man im Sommer Tretboot fahren. Oder einfach ein Eis auf die Hand mitnehmen und auf dem Rasen chillen.
Geöffnet täglich von 8 Uhr bis 20 Uhr (im Winterhalbjahr bis zum Einbruch der Dunkelheit)
Innen rund: Lambertikirche
Das Besondere wartet drinnen: Der Innenraum ist rund! St. Lamberti ist eine der wenigen Rundkirchen Deutschlands. Mitte des 12. Jahrhunderts als romanische Saalkirche erbaut, gestaltete man sie so oft um, bis das Backsteingebäude Ende des 18. Jahrhunderts schließlich ihre Rotunde bekam. Seit gut zehn Jahren erstrahlt die auch wieder in der original klassizistischen Farbgebung mit Weiß- und Gelbtönen. Die Oldenburger lieben ihre Hauptkirche und besuchen hier gern Konzerte.
Markt 17
Lecker Kaffee: Espressobar Kaffeekunst
In der Bergstraße, einem schmalen und tatsächlich ein wenig abschüssigen Sträßchen (wobei „Berg“ dann doch etwas übertrieben ist, aber wahrscheinlich ist es norddeutsch-trocken augenzwinkernd gemeint), liegt ein wenig versteckt im Nikolaigang ein beliebter Treffpunkt der Oldenburger. In der Espressobar Kaffeekunst kredenzt man nicht nur super leckeren Kaffee mit sagenhaftem Milchschaum – um nicht zu sagen, mit Milchschaumkunst (sorry, das kleine Wortspiel drängte sich gerade so auf) –, sondern auch köstliche Torten und leckeren Flammkuchen. Sobald das Wetter es zulässt, sitzen alle im lauschigen Innenhof in der Sonne.
Bergstraße 6, im Nikolaigang
Lasst Puppen sprechen: Theater Laboratorium
Die historischen Sternfliesen aus einer Brüsseler Hotelempfangshalle, die Cafétische aus dem legendären Züricher Café Odeon und die Theke aus einer alten Berliner Bäckerei – und draußen steht eine Kuh auf dem Dach. Schon das gemütliche Herumsitzen vor oder nach der Vorstellung ist im Theater Laboratorium ein Erlebnis. Die Lesungen, Konzerte und allem voran die gezeigten Stücke sind es sowieso. „Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran“ und alle anderen Stücke, als Figurentheater mit Puppen in der ehemaligen Turnhalle mit roten Theatersesseln gezeigt, sind regelmäßig ausverkauft.
Kleine Straße 8
Das Beste aus Holland: Appeltje
„Hartelijk welkom“ heißt es bei Ceciel Lurvink in der romantischen Bergstraße. Nahe des Marktplatzes und doch fern des Innenstadttrubels serviert sie hausgemachten holländischen Apfelkuchen, Torten, Eclairs und kleine herzhafte Gerichte in ihrem gemütlichen „Eetcafé & Pâtisserie Appeltje“. Nebenan gibt es die Leckereien im kleinen Laden auch zum Mitnehmen, außerdem Geschirr, Wein, Kaffee, Tee und Cranberry-Spezialitäten. Tipp (aber Vorsicht, Suchtgefahr! Ich spreche auch Erfahrung): Probiert die extrem leckere und fair produzierte Schokolade Tony´s Chocolonely. Die bunten Tafeln liegen unübersehbar aufgestapelt hinter dem Tresen. Auch ein super Mitbringsel für Freunde, Oma, Enkel… naja, eigentlich fast alle.
Bergstraße 3
Genießen und mitbringen: Heimathaven
Im modernen Concept-Store und Café Heimathaven gibt es jede Menge Leckereien alkoholischer und nicht-alkoholischer Art, hübsch präsentiert auf Kistenregalen an den Wänden. Neben denen kann man schön Kaffee (oder etwas anderes) trinken, im Sommer sitzt man gern auch vor dem Laden.
Burgstraße 24
Echt jetzt?! Pralinen, Pesto und Tee aus Grünkohl
Was bringt man mit aus der Kohltourhauptstadt? Natürlich etwas aus Grünkohl! Zum Beispiel Pesto. Oder grünen Tee aus der „Oldenburger Palme“. Oder feine Pralinen, hergestellt im Café Klinge. Die gibt es – wie den Kohl selbst – allerdings nur im Winter. Also dann nochmal wiederkommen… Ganzjährig hat die Oldenburg-Info im Lappan aber verschiedene Produkte aus Grünkohl im Angebot.
Zitronenverbene & Co.: Kräuterei
In der „Manufaktur für Grünes und Süßes“ gibt es jede Menge Kräuter. Ob Felsenysop, Thymian oder Zitronenverbene: Der Bioland-Betrieb erfreut mit seinen Pflanzen das Herz jedes Gartenfreunds und Hobbykochs. Praktisch: Freitags ist die Kräuterei in der Innenstadt mit einem Stand auf dem Bauernmarkt an der Lambertikirche vertreten (Bauernmarkt: 11-18 Uhr).
Alexanderstraße 29
Gelebte Inklusion mit viel Charme: Villa Stern
Eine alte Jugendstilvilla im innenstadtnahen Stadtteil Osternburg mit einem ganz modernen Konzept: Das Hotel mit Café hat 16 individuell gestaltete Zimmer, die Namen wie Käthe, Oscar oder Frida tragen. Im 2017 eröffneten Haus arbeiten Menschen mit und ohne Behinderung, denn die Villa Stern steht als Teil der Baumhaus Inklusion gGmbH für eine vielfältige Gesellschaft. Die kleine Seife in den Zimmern stammt zum Beispiel aus der angeschlossenen Seifenmanufaktur, die gefilzten Eierwärmer-Mäuse auf dem Frühstücksbuffet sind ebenfalls handgemacht. Wer möchte, bekommt für seinen Aufenthalt kostenlos ein Fahrrad geliehen (… klar wollte ich!).
Bremer Straße 41
Alle Tassen im Schrank: Internationale Keramiktage
Am ersten Augustwochenende (3. und 4. August 2019) präsentieren beim jährlichen Töpfermarkt weit mehr als hundert Künstler ihre Werke auf dem Schlossplatz. Der Handwerkermarkt zieht Zehntausende Besucher an, viele von ihnen Wiederholungstäter. Also dieses Wochenende nichts wie hin!
Eine Übersicht über weitere Veranstaltungen in Oldenburg findet ihr hier.
Mehr Infos zu Oldenburg
Seit 2018 beherbergt der rote, backsteinerne Turm „Lappan“ die Touristinformation Oldenburg. Er ist das älteste Gebäude Oldenburgs. Als Teil des Heiligengeistspitals ist das heutige Wahrzeichen der Stadt im Jahr 1468 als Kirchturm errichtet worden. Im 19. Jahrhundert nannte man das Gebäude respektlos „Steh im Weg“, weil es den zunehmenden Autoverkehr behinderte. Abgerissen wurde der Lappan zum Glück aber nicht, sondern 1909 komplett restauriert. Anschließend war hier Kunst zu besichtigen. Heute informieren sich hier Oldenburgs Besucher über die Stadt.
Oldenburg-Info
Lange Straße 3 (Lappan)
0441 36161366
https://www.oldenburg-tourismus.de
info@oldenburg-tourist.de
Weitere historische Highlights und andere Sehenswürdigkeiten in der alten Residenzstadt findet ihr hier.
… abends könnt ihr z.B. auf Kostümführung gehen: Der Stadtschreiber oder die Baderstochter Elsebeth nehmen Interessierte an jedem zweiten Mittwoch im Monat ins ausgehende 17. Jahrhundert mit. Damals regierte das Königreich Dänemark Oldenburg und Glaube und Aberglaube bestimmten das Leben. Die Kostümführungen starten um 20 Uhr auf dem Kasinoplatz am Eingang der St. Lamberti-Kirche und kosten 9 Euro.
Meine Recherche hat die Oldenburg Tourismus und Marketing GmbH unterstützt, vielen Dank!