Bauhaus-Architektur in Celle? Gibt’s da nicht vor allem Fachwerk? Jein. Celle ist auch Bauhaus-Stadt. Ein Rundgang durch die Architektur von Otto Haesler.
Celle am Rand der Lüneburger Heide war für mich immer Inbegriff von Fachwerk. Die Innenstadt ist gut erhalten, ein Fachwerkhaus mit buntem Gebälk reiht sich ans nächste. Es soll mit 490 erhaltenen Gebäuden sogar das dichteste Fachwerkensemble der Welt sein. Außerdem zieht das Renaissanceschloss gleich neben der Altstadt die Besucher an. Und dann gibt es auch noch richtig tolle Bauhaus-Architektur.
„Die Liebe zur alten Kunst darf niemals größer sein als zur neuen, weil sonst die Kunst unserer Zeit den Menschen unnötig lange vorenthalten wird.“ (Otto Haesler)
Otto Haesler und das Neue Bauhaus
70.000 Menschen leben in Celle – und einige wohnen tatsächlich in original Bauhaus-Gebäuden. Otto Haesler (1880-1962) hieß der Architekt, der hier in den Jahren 1906 bis 1933 als freischaffender Architekt arbeitete und ab Ende der 1920er Jahre das Neue Bauhaus begründete.
Celle spielt damit in einer Liga mit Dessau und Weimar. Die Celler „Glasschule“ etwa zählt zu den wichtigsten Gebäuden des Bauhaus-Stils und lockte in den 1920er Jahren viele Bewunderer an.
Luxus und sozialer Wohnungsbau
Manche der Celler Bauhaus-Gebäude sind Villen oder für höhere Beamte gebaut und entsprechend groß. Andere wurden für den sozialen Wohnungsbau entworfen. Eine spannende Mischung.
„Ich vertrete die Ansicht, dass es nicht auf die Länge der Besonnung ankommt, sondern darauf, dass die Sonne dann die Räume bescheint, wenn sich die Menschen in ihnen aufhalten.“ (Otto Haesler)
Ein Rundweg, die Otto-Haesler-Tour, erschließt heute auf rund viereinhalb Kilometern Länge alle wichtigen Bauten Haeslers in Celle.
Ich hatte ein Fahrrad dabei, man kann die Strecke aber auch gut laufen. Vor jedem Gebäude informiert eine Tafel über das Konzept, ein QR-Code liefert weitere Informationen. Man sollte sich inklusive Museum mindesten drei Stunden Zeit nehmen. Hier kommen die einzelnen Stationen im knappen Schnelldurchlauf, ich will ja nicht zu viel verraten.
Seht es euch selbst an, es lohnt sich!
Direktorenvilla
Die weiße Bauhaus-Villa in der Magnusstraße wurde für den Direktor des Gymnasiums Ernestinum entworfen.
Italienischer Garten
Bis heute nahezu unverändert erstrahlt die Siedlung in satten Rot- und Blautönen. Hinten befinden sich Mietergärten und trotz der Nähe zur Innenstadt ist es grün und ruhig.
St. Georg Garten
Diese erste Zeilensiedlung im Stil des Neuen Bauhaus galt vielen zeitgenössischen Architekten als Mustersiedlung.
Blumläger Feld
Kostengünstiger Wohnraum für alle: Die Wohngruppe am Galgenberg verfügte über Fernwärme und Toilette, die Baderäume waren ausgelagert und wurden von allen Bewohnern zusammen genutzt.
Otto-Haesler-Museum
Das ehrenamtlich geführte Otto Haesler Museum im Blumläger Feld zeigt den Werdegang Otto Haeslers, eine im Stil der damaligen Zeit eingerichtete Küche und viele Gegenstände von damals. Angeschlossen sind original erhaltene Arbeiter-Wohnungen.
Altstädter Schule
Die ehemalige „Glasschule“ gehört international zu den zehn wichtigsten Bauhaus-Bauwerken. Ein innovatives Lichtkonzept ließ viel Helligkeit hinein. Leider wird die Schule gerade (September 2024) renoviert und erinnert derzeit mit ihrer blauen Verhüllung eher an ein Christo-Kunstwerk. Ich muss also nochmal wiederkommen.
Rektorenwohnhaus
Neben der Glasschule steht in der Sägemühlenstraße 7 das Rektorenwohnhaus. Bemerkenswert sind die Fenster und die große Sonnenterrasse.
Wohnhausgruppe Waack
Die zwei Wohnblöcke beherbergten einst höhere Beamte in großen Maisonette-Wohnungen. Heute sind die meisten Wohnungen geteilt und erstrecken sich nicht mehr über zwei Etagen.
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Mehr Infos zum Bauhaus in Celle: www.bauhaus.celle-tourismus.de
Allgemeine Infos zu Celle und den Führungen: www.celle-tourismus.de
Es gibt auch geführte Touren zu Fuß oder mit dem Fahrrad, unter anderem startet eine offene Führung jeden Samstag um 15 Uhr am Schloss. Bei Gruppenführungen kann auch des Rektorenwohnhaus von innen besichtigt werden. Preise und Termine erfahrt ihr bei Celle Tourismus.
Außerdem fährt eine kleine Bauhaus-Bahn ganz bequem zu den Bauwerken. Sie startet täglich um 13 Uhr vorm Schloss.
… hier findet ihr noch mehr schöne Städte ganz in der Nähe.
Interessant, unter dem Aspekt habe ich Celle noch nie gesehen. Danke.
Ich auch nicht! Ist wirklich einen Besuch wert. Erstaunlich fand ich allerdings, dass manche der Gebäudegruppen, vor allem gegenüber des Museums, offenbar leerstehen und vor sich hin verfallen.
Hmm, ich finde diese Architektur wenig ansprechend zum darin wohnen, aber als solches interessant.
Was das Wohnen wohl auf jeden Fall interessant macht, ist das durchdachte Lichtkonzept der Häuser. Unter dem Aspekt hätte ich auch gern die Glasschule von innen gesehen, die oben große Lichtbänder für Tageslichteinfall hat. Ein andermal…