Mit dem Rad unterwegs im Alentejo ist es ländlich, beschaulich, bis wir die wilde Felsenküste erreichen. Weiter geht’s für uns am Atlantik, vorbei an herrlichen Stränden einer noch wenig bekannten Küste von Portugal.
Halbnackte Korkeichen
Fast schnurgerade verläuft die kleine Landstraße über die Hügel, in einer scheinbar endlosen Landschaft. Korkeichen, so weit das Auge reicht, sie stehen als grüne Tupfer auf mit gelben Gräsern bedecktem Boden. Viele Baumstämme wirken halbnackt, die Rinde wird bis zu den abzweigenden Ästen geschält. Der Alentejo ist eine alte Kulturlandschaft, südlich von Lissabon. Und ein geduldiger Landstrich, denn die Korkeichen brauchen 25 lange Jahre, bis die Rinde zum ersten Mal geschält werden kann, und danach wird nur alle neun Jahre geerntet.
Tempel und Kathedrale
Tags zuvor starteten wir auf einer ehemaligen Bahnlinie, die nach Évora führt, in die Hauptstadt der Region. Die rund 30 Kilometer lange Strecke ab Arraiolos besteht oft bloß aus einem radreifenbreiten Pfad, von Gräsern, gelben Blumen und lila Disteln überwachsen. Warmer Fahrtwind bläst uns ins Gesicht, es ist Frühsommer. Évora bietet als UNESCO-Weltkulturerbe viel Historie, beeindruckend sind etwa der römische Tempel und die gotische Kathedrale. In den Geschäften kann man Kleidung, Taschen, Portemonnaies und Schuhe kaufen – alles aus Kork hergestellt. Portugal ist der weltweit größte Produzent dieses Naturprodukts, sogar die Sitzplätze in der Lissaboner U-Bahn sind damit gepolstert.
Olivenhaine und Weingüter
Am nächsten Morgen, unterwegs von Évora ins rund 60 Kilometer entfernte Alcácer do Sal, begegnen uns nur wenige Autos. Manch Bergaufstrecke zieht sich ziemlich, bis man endlich oben angekommen wieder Weitblick hat. Große Tore, eingefasst von weißen Mauern, stehen einsam an der Straße – dahinter kommt lange nichts. Versteckt liegen große Landgüter, sie bewirtschaften Olivenhaine und Weinfelder.
Salzluft am Rio Sado
Reisfelder säumen die Straße bei Alcácer do Sal. Früher war das Städtchen am Rio Sado Zentrum der Salzproduktion, vom Wohlstand zeugen noch ehemals prächtige, heute aber oft verfallende Stadthäuser. In Alcácer do Sal spürt man schon den Atlantik, die Luft riecht salzig.
Blühende Dünen und Mittagsblumen
Weiter geht es zur Küste des Alentejo. Dorthin führt kein Radweg, also überbrückt ein Bustransfer die Strecke bis nach Sines, dem Geburtsort des portugiesischen Seefahrers Vasco da Gama. Ab Sines radeln wir an der Costa Vicentina entlang in Richtung Süden. Oberhalb von sandigen Badebuchten, eingerahmt von Felsklippen. Vor türkis-blauem Meer.
Es geht durch blühende Dünen, der Sand ist bedeckt mit gelb und rosa leuchtenden Mittagsblumen. Eine wilde, schöne Landschaft, sie gehört zum Naturpark Südwest Alentejo und Costa Vicentina.
Nah am Atlantik radeln
Immer wieder ist es knifflig, das Rad zu lenken, denn manche Abschnitte sind sandig, andere steinig. Dafür kommen wir dem Atlantik ganz nah, genau wie auch einige Wanderer, die auf dem Küstenwanderweg Fischerpfad unterwegs sind.
Radler und Wanderer passieren kleine Orte mit niedrigen, weißen Häusern. Auf vielen Hauswänden findet sich das Blau des Himmels als Farbstreifen wieder, dazu auch mal sonnengelbe Linien. Es gibt kleine Hotels und Apartments, ein überschaubarer Tourismus.
Die Farben von Vila Nova de Milfontes
Eine traumhafte Lage besitzt Vila Nova de Milfontes, rund 35 Kilometer südlich von Sines: Der Fluss Mira trifft hier auf das Meer, und der Ort bietet einen weiten Blick auf Flussmündung und Atlantik. Immer wieder variieren die Farben von Land, Fluss und Meer. Unglaublich stimmungsvoll!
Morgens verdecken Nebelschwaden das gegenüber liegende, bewaldete Ufer, sie lösen sich nur langsam auf. Je nach Ebbe und Flut gibt der Rio Mira Sandbänke frei und der Atlantik große Tortenstücke seiner Strände. In der Ferne verliert sich das Gelb im blauen Meer. Nicht verpassen sollte man den Sonnenuntergang an der äußersten Landspitze zwischen Rio Mira und Atlantik. Bei Ebbe taucht eine bizarre, wüstenähnliche Landschaft auf, weite Sandflächen sind mit dunklen Felsbrocken und Steinen gespickt. Ein spektakulärer Anblick, bis alles in der Dunkelheit verschwindet.
Gut zu wissen
Radfahren im Alentejo: Die Strecken sind ein Mix aus größeren und kleineren Landstraßen, Schotterpisten, und auch mal sandige Abschnitte an der Küste. Es gibt wenige steile Anstiege, aber langgezogene Aufs und Abs. Man kann auch dem Radfernweg an der Atlantikküste, Eurovelo 1, folgen.
Beste Reisezeit: Im Mai/Juni blüht die Küste, der Atlantik ist aber noch sehr kalt. Gute Badetemperaturen gibt es im September.
Hilfreich: Reiseführer Lonely Planet Portugal, erschienen 2023.
Mehr über Portugal erfahrt ihr bei uns, zum Beispiel zu Lissabon: Der heilige Stockfisch und Lissabon: Weihnachten mit Königskuchen, Madonna-Figuren und Straßenbahn-Tour – ein paar Tipps , und natürlich hier: Visit Portugal
(C) alle Fotos: Karin Kura
Zur geführten Radreise ins Alentejo hat mich netterweise Wikinger Reisen eingeladen.