Ihr mögt Frankreich und macht dort gerne Urlaub? Ich habe eine wunderschöne Radreise erlebt, vom Gironde-Fluss zum Atlantik. Radeln am großen Fluss durch die Bordeaux-Weinregion sowie entlang endloser Sandstrände am Atlantik.
Zwei französische Radwege haben meine Begleiterin und ich zu einer Rundtour verbunden. Das Ergebnis ist eine perfekte Kombination aus Flusszauber, Weinbergen und Atlantikweite. Das hatte ich so schön nicht erwartet – ein Volltreffer! Los geht’s in Royan, die Stadt an der Gironde-Mündung. Wir sind im größten Mündungsgebiet Westeuropas, bis zu zwölf Kilometer breit fließt hier die Gironde in den Atlantik.

Die Radwege an der Gironde sind gut ausgeschildert
Ein mächtiger Fluss, und hinter der Stadt gesäumt von Sumpfgebieten, Feuchtwiesen, Graslandschaften. Wir radeln hindurch. Auf dem Canal des 2 Mers, er führt von Royan 750 Kilometer weit bis zum Mittelmeer. Die Räder rollen gut über den Asphalt oder auf hellem Kies, meistens bleibt es autofrei. Auch ist alles prima ausgeschildert. Wir haben viel Zeit zum Gucken, während ein laues Lüftchen um unsere Nasen weht. Bald kommen ganze Reihen der Les Carrelets in Sicht: Fischerhütten auf Stelzen, mit langen Holzstegen und großen quadratischen Netzen, die in der Luft hängen. Les Carrelets sind typisch für die Gironde-Mündung, ein maritimes Kulturerbe.

Die Fischerhütten Les Carrelets
Régulus-Höhlen bei Mortagne-sur-Gironde
Zuvor, rund zehn Kilometer hinter Royan schauten wir auf die Régulus-Höhlen, Kalkstein-Grotten, die über der Gironde aufragen. Ganze Formationen hell leuchtender Kalksteinfelsen begegnen uns unterwegs immer wieder.

Die Régulus-Höhlen liegen direkt an der Gironde-Mündung
So auch in Mortagne-sur-Gironde, unsere erste Übernachtung. Ein Ort mit kleinem Hafen, Yachten und ein paar Fischerbooten. Entlang der Gironde gibt es viele solcher Häfen, inmitten von Kanälen und Schleusen. Bis hierher reichen Ebbe und Flut.
An einem der Kanäle von Mortagne ragt ein Kunstwerk aus Bronze in den Himmel: „Les âmes oiseaux“, von Jephan de Villiers, übersetzt so ungefähr „die Seelen der Vögel“, oder „Vogel-Seelen“? Wie auch immer, mir gefiel es als Fotomotiv.
Weinberge und ein Schloss
Weinberge prägen jetzt das Bild, und manch kurzes Radelstück führt rauf und runter über die Hügel. Nach etwa 50 Kilometern sind wir in Blaye. Dort gibt es eine Fähre auf die andere Uferseite, ins Medoc. Diese Halbinsel zwischen Gironde und Atlantik durchqueren wir, um das Meer zu erreichen.

Radfahren zwischen Feldern und Weinbergen
Aber erst am nächsten Tag. Wir bleiben noch ein bisschen in der Weingegend. Nicht in Blaye, denn abgesehen von der großen Festung bietet der Ort nicht allzu viel. Besser gefällt es uns ein paar Kilometer weiter in Bourg. Wir gönnen uns eine Nacht in einem stilechten Schloss, im Château de la Grave. Ziemlich lange geht es richtig steil bergauf, und dann, auf einem der zahllosen Weinhügel thront das Château. Mit reichlich Weitblick, hier und da stehen Zypressen, wie in der Toscana. Ein wohltuender Platz, ganz in sich ruhend, wir genießen den Abend bei einer Weinprobe.
Versanden im Kiefernwald
Am nächsten Tag radeln wir zurück nach Blaye und nehmen die Fähre ins Médoc. Dort, im riesigen Kiefernwald eines Naturparks versanden wir. Das geht fix, und mehrmals heißt es umkehren, bevor wir zu tief im Sand stecken bleiben. Es gibt keinen Radweg zwischen Lamarque und Hourtin, schließlich wurschteln wir uns über kleine und kleinste Landsträßchen vorwärts – und einmal auch im Kreis. Aber irgendwann klappt es doch, dann kommt der Atlantik-Radweg La Vélodyssée, so heißt der französische Abschnitt auf dem Radfernweg EuroVelo 1, von Norwegen bis nach Portugal.
Sommerfrische im Badeort Soulac-sur-Mer
Wir sind am Meer. Wow! Ich kann nur staunen beim Anblick dieser schier endlosen, breiten Sandstrände hinter Dünen – was für eine Weite, und alles fast menschenleer.

Der weite Atlantikstrand Hourtin Plage
Baden ist angesagt. Und schlendern durch die Orte, die langsam zum Leben erwachen, die Saison naht. Architektonisch meist nichts Besonderes, aber gut gefällt uns der Badeort Soulac-sur-Mer. Er hat noch das alte Flair der Sommerfrische. Es gibt ein paar hübsche Villen aus dem 19. Jahrhundert, und die Strandbar ist perfekt für den Sundowner.
Zurück mit der Fähre
Nur wenige Kilometer bleiben noch von Soulac-sur-Mer bis Le Verdon-sur-Mer, hier erreichen wir wieder die Gironde-Mündung. Die Fähre bringt uns auf die andere Uferseite zurück zum Startpunkt Royan. Die Runde ist komplett, und wir fühlen uns beseelt.

Über die Gironde setzt die Fähre zurück nach Royan
(C) Fotos: Karin Kura
Gut zu wissen
Im Schnitt machten wir 60 Kilometer am Tag, mit unseren E-Bikes ist das ein gemütliches Radeln. Am Sonntagnachmittag waren wir gestartet und kamen Freitagmittag zurück.
Auf keinen Fall solltet ihr die Tour in der Hochsaison (französische Sommerferien) unternehmen, dann ist es sehr voll und die Idylle dahin. Der Juni war eine gute Zeit, September vermutlich auch.
Meine drei Favoriten zum Übernachten: In Mortagne-sur-Gironde, Domaine du Meunier, Gästezimmer in einem Herrenhaus, erbaut Ende des 19. Jahrhunderts, die Zimmer mit schönen alten Möbeln eingerichtet, dazu allerlei Krimskrams und eine Oldtimersammlung in der Scheune. Dann natürlich das Château de la Grave in den Weinbergen, übrigens auch nicht teurer als andere, weniger spektakuläre Hotelübernachtungen. Und am Atlantik fanden wir in Soulhac-sur-Mer ein nettes kleines Hotel, das Hôtel Michelet Plage.
Hinkommen: Mit der Bahn und Fahrrädern funktioniert es aus Deutschland nach Royan nicht gut, es sei denn, ihr könnt das Rad zerlegen oder zusammenklappen. In Frankreich gibt es dann aber Radabteile in einigen Regionalzügen – wie das Reisen mit Rädern in Frankreich funktioniert, lest ihr hier.
Anreise mit dem Auto: Das ließen wir in Royan stehen, dort gibt es große Parkplätze, wo ein Auto mal ein paar Tage kostenfrei stehen kann.
Infos zur Gironde: www.gironde-tourisme.com
Infos zu Frankreich allgemein: www.france.fr
Mehr Radtouren? Haben wir. Im Hinterland von Valencia, Auf dem Blue Velo durch Westpommern in Polen, Durch Spaniens Extremadura