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Unterhaltsam und viel los: Die Insel Föhr

Was ist denn jetzt mein Lieblingsort auf Föhr? Ist es Alkersum mit seinem tollen Museum Kunst der Westküste, den schönen alten Häusern, dem Hofladen und den Cafès? Ist es Oevenum mit seinem Wochenmarkt, der so ganz ohne Gemüse auskommt? Oder ist es Wyk, die größte Ortschaft mit den Stränden, dem Hafen, den unzähligen Restaurants und Geschäften? Die Insel erfüllt wirklich jedes Bedürfnis – und ist bei jedem Wetter unterhaltsam.

Fünf Tage habe ich Zeit, die Insel zu entdecken, die nördlich von Sylt und westlich von Amrum umarmt wird. Südlich ist sie von der Hallig Langeness flankiert. Ob Festland, Insel oder Hallig – irgendein Ausläufer ist beim Blick über das Meer immer zu sehen. Die Augen können sich nur selten im endlosen Wasser verlieren.

Knapp eine Stunde dauert die Überfahrt von Dagebüll Mole mit der Fähre. Ich bin mit dem Zug angereist. Im letzten zwischen Niebüll und Fähranleger kann man bei der Schaffnerin gleich das Kombiticket für Hin- und Rückfahrt übers Wasser kaufen. Erfahren habe ich das von einer Föhrerin, die einmal im Monat für zwei Tage nach Sylt zum Arbeiten pendelt. Ich frage sie gleich: „Was muss ich denn unbedingt gesehen haben?“ Sympathischerweise erzählt sie mir sofort von einem geplanten Wohnzimmerkonzert am Abend und vom Sonnenuntergang am Strand von Utersum. „Der ist da wirklich am schönsten. Aber nur, wenn Sie den Strand bei der Klinik nehmen.“ Der Tipp kommt sofort auf meinen Reisezettel.

Mobil mit dem Leihfahrrad

Erstmal aber fahre ich nach dem Anlegen mit dem Bus nach Midlum in meine Unterkunft. Die sieht von außen fürstlich aus, mit Blumenrabatten im Vorgarten, Strandkorb in der Abendsonne und großen Fenstern. Innen ist sie eher praktisch ausgestattet, die Räume aber sind großzügig. Und das Essen ist köstlich. Die beiden Betreiberinnen – die Schwestern Doris und Kerstin Jung – sind auch verantwortlich für das zugehörige Restaurant samt Kneipe. Alles trägt denselben Namen: Midlumer Krog.

Ein Haus wie aus dem Insel-Bilderbuch

Midlum liegt – man kann beim Namen drauf kommen – mitten auf Föhr. Ich muss entweder ständig in den Bus steigen, wenn ich mir die Insel angucken möchte. Und unter anderem da zeigt sich die Konzentration der Insel auf Autos: Es gibt zwar verschiedene Buslinien, die aber fahren nur ein oder zwei Mal in der Stunde. Also leihe ich mir ein Fahrrad. Anbieter gibt es genug. Ich rufe an, am nächsten Morgen steht das gewünschte Fahrrad im Carport. Sogar ohne Liefergebühr. Man muss sich nur trauen zu verhandeln. Das lohnt sich, denn wie alle Inseln, ist Föhr teuer. Probefahrt lohnt sich auch, sonst kann es passieren, dass nur der erste und der fünfte Gang funktionieren. Am Abend laufe ich durch den Ort und die Felder drumherum, lasse mich mit einem Fischgericht verwöhnen.

Traditionen auf Föhr

Meine erste Fahrradtour führt mich nach Wyk – und stelle fest, dass es leider nur wenige Radwege auf der Insel gibt. Üppig hingegen ist das Angebot an Geschäften in Wyk. Das ist sicher etwas für Freund*innen des gepflegten Stadtbummels. Mir ist mehr nach Inselgeschichte im Friesenmuseum. Bedingt durch den Weg lande ich nicht zuerst am Haupteingang mit den riesigen Walknochen, sondern auf der anderen Seite am Café „Kaffeewerkstatt“.

Inselkultur: Föhrer Bräuche

Hier schlendere zunächst durch die neue Dauer-Ausstellung und bin begeistert. Sie liefert mit Charme aber ohne jede Touristen-Romantik einen Einblick in das Leben auf der Insel. Sie zeigt gelebte Traditionen wie Biikebrennen, Ringreiten, Trachten und Ütj to kenknen. Sie macht deutlich, wie die Menschen auf Föhr leben und was sie bewegt – wie Klima, Deichhöhe und Wohnen. Und sie ist ausgestattet mit moderner Ausstellungstechnik. Besucher*innen können fühlen, hören, lesen, anfassen. Die wenigen Quadratmeter beschäftigen mich länger als gedacht. Zeit für eine Stärkung und für einen Tipp: Unbedingt eine der Buchweizen-Waffeln bestellen, die gibt’s in süß und salzig.

Kunst der Westküste

Gestärkt schlendere ich über das Gelände zum Haupthaus mit der Ausstellung über die alte Inselgeschichte. Meine Aufnahmekapazität reicht noch für den Museumsladen, dann zieht es mich aufs Fahrrad. 4,5 Kilometer sind es bis nach Alkersum. Das Museum „Kunst der Westküste“ reizt mich mit seinen Ausstellungen „Mittsommer“ und „Über das Sichtbare hinaus“. Beeindruckend, wohl auch weil die Ausstellungsleitung es auf den Schildern und in Videos versteht, die Menschen hinter der Kunst sichtbar zu machen. Auch das Museumscafé ist einen Besuch wert, bevor es mit dem Rad zwischen Feldern, Pferdeweiden und Schafherden zurück ins Hotel geht.

Nicht verpassen: Museum „Kunst der Westküste“

Von Wyk zum Nationalparkhaus

Auch der nächste Tag ist zu kühl für einen Strandbesuch, aber passend für eine lange Radtour. Erst fahre ich nach Wyk, um auf dem Wochenmarkt am Rathaus meine Tagesverpflegung zu besorgen: Frischer Fisch, Gemüse und Brötchen. Dann geht’s quer durch den Ort zum Nationalparkhaus. Hier gibt es in mehreren Räumen Wissenswertes über das Watt und seine tierischen Bewohner. In einem der Aquarien beobachte ich mit einer Mischung aus Faszination und Entsetzen, wie eine Strandkrabbe eine Miesmuschel killt und verspeist. Die Frau an der Kasse ist offen für alle Fragen und teilt gern ihre Liebe zum Meer.

Wasser, Weite und viele Orte auf -um

Ab dem späten Vormittag sitze ich im Sattel und erradele mir die Insel. Es geht durch Nieblum, Borgsum und Süderende zurück nach Midlum. Nach einer kurzen Pause weiter nach Alkersum , nochmal Borgsum, Widsum und schließlich Utersum, wo ich den Sonnenuntergang sehen möchte.

Hier erwische ich zwar den nicht den richtigen Weg und biege bei der Kurklinik zum Strand ein. Das ist zu weit südlich und ich kann die Sonne nicht im Meer versinken sehen. Aber ich habe freien Blick auf Amrum, das Watt und einige Robben, die auf einer Sandbank lümmeln. Vor mir auf den Bänken sitzen leise sprechende Pärchen. Ich verziehe mich auf einen Platz etwas weiter hinten, lese, esse, genieße die Stille, die nur hin und wieder vom Rufen der Vögel unterbrochen wird. Nach 35 geradelten Kilometern bei Gegenwind schlafe ich in der Nacht besonders gut.

Wasser, Wolken, Weite

Wochenmarkt und Föhrer Snupkroom

Am nächsten Morgen nieselt es. Ich breche auf zum Schwimmbad, stoppe aber gleich wieder in Oevenum: Dort ist donnerstags Wochenmarkt. Der hat mit dem klassischen Angebot allerdings wenig zu tun, sondern ist eher ein Handwerkermarkt. Hier bieten Schafbäuerinnen ihre Produkte ebenso an, wie Künstler*innen, Kinder wollen ausrangiertes Spielzeug loswerden, ein Anwohner verkauft alte Fahrräder. Es ist ein vergnügtes Durcheinander. Wenige Meter Richtung Wyk folgt der nächste Stopp am „Föhrer Snupkroom“. Enken Brodersen und Team produzieren hier diverse Süßigkeiten. Die Wahl fällt schwer. Bonbons, Lakritzpastillen, Lutscher, Salzkaramellen… Vielleicht von allem etwas? Einige Mitbringsel für Zuhause sind jetzt geklärt.

Das Schwimmbad in Wyk hingegen enttäuscht Menschen, die schwimmen möchten. Das Becken ist klein. Immerhin gibt es Salzwasser und alle paar Stunden Wellen. Also lieber raus nach einer Stunde und rein in ein Café am nahgelegenen Strand.

Wyk und die Bilder auf den Sofakissen

Eine letzte Überraschung bietet Wyk mit seinen Läden. Hier gibt es viele Inhaber geführte Geschäfte mit freundlicher Beratung und originellen Geschenken. Dazu gehört die Manufaktur „vonlele“ in der Großen Straße 18. Hier gibt es nicht nur allerlei schöne Mitbringsel und Postkarten – hier können Kunden von ihren Kindern gemalte Bilder auf Sofakissen drucken lassen. Eine Querstraße weiter, in der Mittelstraße, werden im „New Art“ T-Shirts mit Fischmotiven und hochwertige Ledertaschen verkauft.

Mein Lieblingsort wird Wyk trotzdem nicht. Den habe ich am Abend vorher gefunden. In Utersum am Strand (Titelfoto).

Text und Fotos: Marie-Luise Braun

Gut zu wissen

Hotelverzeichnis, Veranstaltungen etc.: https://www.foehr.de/

Museum Kunst der Westküste: https://www.mkdw.de/

Manufaktur vonlele: https://vonlele.com/

Nationalparkhaus auf Föhr/ Schutzstation Wattenmeer: https://www.schutzstation-wattenmeer.de/unsere-stationen/foehr/ausstellung/

Mehr Nordseeinseln bei uns auf dem Blog? Wie wäre es mit Spiekeroog, Borkum oder einer Wattwanderung in Friesland?

 

2 Kommentare

  1. Pecoraro-Schneider, Sabine sagt

    Ja, bei uns ist es schon eine Weile her – schöne Erinnerungeen. Liebe Grüße
    Sabine und Reinhard

  2. Dieser Artikel ist super! Er beschreibt Föhr lebendig und authentisch – die Radtouren, die Museen und die kleinen Geschäfte machen die Insel greifbar. Besonders gut fand ich die ehrlichen Tipps und die Stimmungsaufnahme am Abend am Strand. Ein Muss für alle Föhr-Interessenten!

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