Ganz oben in Down Under: Auf der anderen Seite des Erdballs, in Australiens heimlicher Hauptstadt Sydney, darf man auf den höchsten Punkt der berühmten Hafenbrücke klettern. Per BridgeClimb. Aber nur umgekleidet und angeleint…
Wir wollen doch nur Sydney von oben betrachten. Hoch auf den „Coathanger“ – den „Kleiderbügel“, wie die Brücke im Volksmund heißt. Aber das wird nix ohne Vorbereitung und genaue Instruktionen, denn Runterfallen ist nicht eingeplant.
Also heißt es: Rin in die Klamotten! Jeder kriegt einen großen grauen Einheitsoverall, muss alles ablegen, was runterfallen könnte. Oder am Anzug festzurren, mit speziellen Haltegurtchen. Ohrringe sind keine gute Idee, Brillen möglichst abzunehmen, schicke Käppis am besten runter. Und auch Kameras und Handys müssen ins Schließfach.
Unten will ja keiner auch nur das kleinste Objekt nach einem 134m-Sturz auf den Kopf oder in die Windschutzscheibe kriegen. Zur Sicherheit muss auch noch jeder ins Röhrchen pusten – auch die nur leicht Beschwipsten dürfen nicht mit. Und natürlich werden wir selbst auch „angeschnallt“. Ein ausgeklügeltes System aus Drahtseilen, an denen unsere Gürtelhaken entlang gleiten, führt den ganzen „Kletterstieg“ entlang.
Unten, da fließt der Verkehr auf dem Highway über die breite Brücke, die die Hafeneinfahrt seit 1932 überspannt. Noch eine Etage tiefer kreuzen Schiffe, Boote und natürlich Sydneys typische Fähre hindurch. Und los geht’s! Für den Aufstieg erstmal hinein ins Gewirr der Eisenbalken und Verstrebungen – vorbei an den sechs Millionen Nieten, die das Konstrukt zusammenhalten. Ein Meisterwerk gegen die weltweite Wirtschaftskrise damals.
Doin‘ the BridgeClimb!
Viele enge Metallstiegen führen nach oben, wo sonst eigentlich nur die Techniker und Anstreicher entlang kommen. Manchmal heißt es den Kopf einziehen – ich frage mich, wie die ältesten Besucher hier hochgekommen sind. Ganz langsam, vermutlich. Den Rekord hält eine Hundertjährige. Während wir dem Himmel immer näher kommen, erzählt unser „Leader“ über die Anfänge der Brücke
Noch sehen wir andere Gruppen vor uns das „Gebälk“ entlang wandern, manche schon ganz oben auf dem Brückenbogen oder wieder auf dem Abstieg. Uns pfeift zunehmend der Wind um die Nase. Derweil schrumpfen die Autos auf Matchbox-Grüße, die Boote auch. Und dann stehen wir ganz oben. Am höchsten Punkt der Brücke, mit Australienflaggen und Panorama rundum. Sydney Harbour, die Skyline der City, das historische „Rocks“-Viertel, die vielen bewohnten Buchten und Inselchen der Stadtküste – und natürlich das weiß strahlende, muschelförmige Opera House, das immer schon mal durch die Pfeiler blitzte.
Oben machen die Climb-Leader Gruppenfoto, wie das Zertifikat später inklusive, und gern auch mehr. Und es ist der klassische Platz für Heiratsanträge. Der erste war noch ein Ereignis, darf der oder die Angebetete doch vorher nichts mit kriegen und auch der Ring muss angebunden werden. Doch seit 1998 hat der „Coathanger“ schon viele tausend Anträge miterlebt und inzwischen sogar auch schon einen ganzen Haufen Hochzeiten! Allerdings ohne Kleid und schicken Anzug.
Dumm nur, wenn der Antrag mit einem „Nein“ endet, schließlich muss man die ganze Strecke wieder absteigen, trotz des schönen Ausblicks, mehr oder weniger nah aneinander festgebunden…
Einmal ganz oben
Der klassische BridgeClimb, in 3,5 Stunden vorbereitet und einmal hoch auf den Brückenbogen und wieder runter, war übrigens der erste im Angebot, 1998 – als das Konzept nach viele Jahre dauernden Verhandlungen und Absicherungen endlich genehmigt war. Damals die weltweit erste Tour auf einer Brücke. Heute kann man auch „Express“ klettern, in nur 2,5 Stunden – oder nur mal „schnuppern“, hinauf bis auf halbe Höhe. Für alle, die keine Zeit oder Höhenangst haben..
Und geklettert wird bei fast jedem Wetter, schließlich muss man im Voraus fest seine Zeiten buchen. Regen ist kein Hinderungsgrund, dann gibt es passende Capes dazu – nur bei Gewitter fällt der Trip aus. Inzwischen kann man sogar bei Sonnenauf- und -untergang oder nachts aufsteigen. Morgens und abends, wenn die Sonne ganz niedrig steht, gibt’s das vielleicht schönste Licht auf Sydney und seinen Harbour.
Gut zu wissen:
- Informationen und Vorausbuchen über die Veranstalterseite www.bridgeclimb.com
- Kinder dürfen mit ab 8 Jahren und 120cm Größe, bis zu 15 Jahren müssen sich von einem Erwachsenen begleitet werden.
- Die Preise liegen je nach Tour zwischen umgerechnet 175 und 250 €, Kinder zahlen etwa 2/3.
Hui, da wird mir allein beim Betrachten der Bilder schwindelig. Die Aussicht ist bestimmt toll, für mich trotzdem nichts. 😉
Wie sind denn die Bilder entstanden, wenn keine Kamera mit durfte? Ich hatte das im Text erst so verstanden, dass alle Kameras vorher eingeschlossen werden mussten.
Viele Grüße, Becky
Moin Becky – berechtigte Frage!
Für Journalisten machen sie dann doch Ausnahmen – die sollen ja darüber berichten…
Aber auch die Kamera brauchte natürlich einen extra „Anschnallgurt“ 🙂
Das klingt sehr logisch. 🙂
So etwas in der Art hatte ich mir auch schon gedacht, aber lieber einmal nachfragen. 🙂