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Schleudergang und voll auf Schnauze

Paddel_5x5_IMG_9451Wildwasser-Rafting war schon immer ein Traum von mir. Einmal durchs brodelnde Wasser paddeln und zeigen, was eine Harke ist: Überkommenden Wellen trotzen, Gischt im Gesicht spüren und paddeln, paddeln, paddeln. Wie das aber so ist – Abenteuer können manchmal ganz schön weh tun. Raften in Gletscherwasser ist definitiv nichts für Warmduscher und Weicheier.

Der Jasper Nationalpark im Bundesstaat Alberta ist ein Paradies für Outdoorfreaks. Die Rocky Mountains sind die perfekte Bühne zum Klettern, Wandern, Reiten oder eben raften.

Kanadier haben zwei Eigenschaften: Sie haben immer gute Laune und sind immun gegen Kälte. Nach meiner Theorie werden sie als Babys erst einmal auf Eis gelegt, anders kann ich mir das nicht erklären, warum Kanadier nicht frieren und selbst bei arktischen Temperaturen in T-Shirts, kurzen Hosen und barfuß herumlaufen. So auch unser Guide Stephan. Gut, arktisch waren die Temperaturen mit 15 Grad plus nicht gerade, aber immerhin führte uns er Rafting-Fluß, der Sunwapta River, Gletscherwasser. Frisch, geradewegs und eiskalt vom Athabasca Gletscher.

Wir zwängen uns in lange Neoprenanzüge, ziehen noch Fleece drunter, der nass werden kann und über die Füße stülpen wir ebenfalls Neopren. Stephan bleibt, wie er ist: kurze Hose, T-Shirts und Sandalen. Nur die Schwimmweste, die trägt auch er.

Frauen im Boot, die Paddel hochhalten

Am Anfang hatten wir noch gut lachen, wir wussten ja nicht, was uns erwartet. Aber unser Schachtruf „Girlpower“ machte immer wieder Mut!

Kurze Sicherheitseinweisung und dann geht es los. Wir üben: „Paddelt vorwärts, rückwärts und hart“! Und ganz wichtig: „Get in!“ Der Notschrei, wenn alle ihren Platz auf der Außenkante des Gummiboots verlassen und sich blitzschnell ins Boot werfen sollen. Soweit so lustig, der Fluss zieht gemächlich dahin und von Schwierigkeitsstufe drei (sechs ist die höchste) merken wir nichts.

Schon ärgere ich mich, meine Kamera nicht mitgenommen zu haben. Mit martialischem Geschrei taufen wir unser Team auf den Namen „Girlpower“ und spritzen auf Stephans Anweisung andere Rafter mit unseren Paddeln nass.

Wir sind warm und trocken. Unter lautem hopp!, hopp!, hopp! paddeln wir wie die Wilden. Jetzt werden die Wellen höher, Gischt kommt über. Eiskalte Gischt. Dann ein verzerrtes „get in!“ und schon klatscht mit eine Welle hart ins Gesicht, reißt an meinem Helm und raubt mir den Atem. Männerpranken. Ich japse nach Luft, während wirklich eiskaltes Wasser Rücken und Brust hinunter rinnen.

Schon wieder rauscht eine Monsterwelle heran. Wegducken, so gut es eben geht. Mit einem Wusch knallt die Welle wieder ins Boot, das schlingert und trudelt wie Wäsche im Schleudergang. Nur, dass hier mit Eiswasser gewaschen wird. „Paddelt hart“, tönt es durch die weißen Gischtwolken. Aufrappeln und mit dem Paddel die schäumende Flut bändigen. Das Wasser ist wütend, brodelt, zischt und sprudelt. Das Gummiboot bockt wie ein ungestümes Füllen. Tapfer gucken wir uns an. „Girlpower“, schreien wir uns Mut zu und paddeln, bis die Arme schmerzen. Eisfinger krallen sich am Paddel fest, doch die Bewegung vertreibt die Kälte. Zumindest ein bisschen.

Monsterwellen greifen uns mit ihren eiskalten Schlägen noch ein paar Mal an, schütteln uns durch, testen unseren Mut. Wir schlagen uns wacker, feuern uns mit gemeinsamen „Girlpower“ Rufen an. Die Wellen verlieren ihren Schrecken, aber nicht ihre Kälte.

Ich habe jegliches Zeitgefühl verloren. Irgendwann legen wir am Ufer an, weil der Sunwapta Wasserfall droht und der ist selbst usn Powergirls zu gefährlich, abgesehen davon, dass es verboten ist. Etwas wackelig klettern wir an Land. Wow, war das geil!

Die Reise wurde von Travel Alberta unterstützt.

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