Baden in einem der unzähligen See, chillen im Sommerhaus und einfach die Seele baumeln lassen – kann man wunderbar in Småland machen. Aber wer sich nicht aufrafft, verpasst tolle Erfahrungen zum Beispiel süß-scharfe Zuckerstangen, steile Kirchturmklettereien oder wie spannend Kettensägen sein können. Ehrlich, spannend!
Ich bin mal wieder mit meinem Reisekind Frederik unterwegs – nach Schweden. Etwa acht Stunden dauert die Überfahrt von Travemünde nach Trelleborg mit der TT-Line. Herrliche Stunden für mich, denn mein Kleiner fiel in professionelle Piratenhände und wart nicht mehr gesehen. Lesen, schlummern, Musik hören. Stunden später traf ich meinen versierten Seehelden wieder. Verwegen geschminkt, mit Augenklappe, Schwert (aus Luftballons) und Goldtalern. Win-Win-Situation!
Tipp: Handy- und Kabinennummer den Kleinen auf den Arm schreiben, falls etwas sein sollte, können die Chefpiraten Bescheid geben.
Gut erholt (ich) und voller Erlebnisse (Sohn) kommen wir in Trelleborg an und rollen Richtung Jönköping. Goldgelbe Felder, rote Bauernhäuser und dichte Wälder – die Landschaft gibt sich alle Mühe, meinen Schweden-Klischees gerecht zu werden. Passend dazu hören wir Pippi Langstrumpf und Michel aus Lönneberga CDs. Wir sind voll im Schweden-Modus. Fehlt nur noch, dass wir einen Elch sehen. Tun wir nicht, aber schon die Warnschilder vor den riesigen Viechern sind schon ziemlich genial.
Unser Hotel, das neu renovierte Scandic Elmia, liegt etwas außerhalb von Jönköping, aber fußläufig zum Vätternsee. Zudem haben wir das große Los mit dem Zimmer gezogen und haben einen Panoramablick über den See. Mit dieser Aussicht schlafen wir wunderbar. Irgendjemand hatte mir erzählt, dass die Hotelkette auf Business-Gäste ausgerichtet sei. Hier nicht. Statt wischender Anzugsträger, flitzen Kinder in allen Größen durch den Frühstücksraum, der sogar ein eigenes Kinderbuffet bietet. Freddie wuselt gleich mit und nur mit Mühe kann ich ihn für unseren Ausflug nach Gränna begeistern.
Meine schwedische Nachbarin aus Hamburg hatte von der hübschen Kleinstadt am Ufer der Vättern geschwärmt: alte, bunte Holzhäuschen, Kopfsteinpflaster und viele Boutiquen. Aber das Größte: Zuckerstangen. Wir haben gerade die Autobahn verlassen. „Mama, Stopp! Da gibt’s Lollies“, brüllt Freddie und zeigt auf eine Bude, die mit armdicken, rot-weiß geringelten Zuckerstangen dekoriert ist. Ich verspreche hoch und heilig, dass wir in Gränna Süßigkeiten kaufen.
Tanta Amalia heißt die Mutter aller Zuckerstangen, die auf Schwedisch Polkagrisar heißen. Angeblich kommt der Name von Amalias Lieblingstanz Polka. Mitte des 19. Jahrhunderts fing mit Pfefferminzbonbons alles an. Weil die alleinerziehende Witwe Amalia sich und ihre Töchter über Wasser halten musste, verkaufte sie die süßen Drops. Allein das reichte ihr nicht, sie experimentierte mit Zucker, Essig, Pfefferminzaroma und ein wenig roter Farbe und erfand die nunmehr weltbekannten Zuckerstangen. Mittlerweile sind die scharf-süßen Leckereien untrennbar mit Gränna verbunden wie Lübeck mit Marzipan oder Nürnberg mit Lebkuchen.
Mit großen Augen steht Freddie in der Polkagris Kokeri, wo jeden Tag – zum Zugucken – Zuckerstangen, Bonbons und Lollies in vielen Farben und Geschmacksrichtungen von Hand gefertigt werden. Schwedenblonde Jungs und Mädels fabrizieren aus einer zähen Masse filigrane Gebilde.
Mindestens genauso lecker und auch ein super Mitbringsel sind die Knäckebrote von Gränna Knäcke. Meine absoluten Lieblinge: Zimt.
Auch einen Besuch wert ist das Polarmususeum Polarcenter. Es geht um die Atktis, aber vor allem um drei Abenteurer, die mit einem Heißluftballon über den Nordpol fliegen wollten. Das Ganze ging gehörig schief und die drei Männer landeten im ewigen Eis, wo sie schließlich auch umkamen. Die Ausstellung zeigt Original-Exponate und ist wirklich schön gemacht. Man kommt ins Grübeln und Staunen.
Zum Mittagessen gönnen wir uns etwas Feines: frischen Fisch aus dem Vättern im Gyllene Uttern, dem Gelben Otter mit herrlichem Blick über den See und die Insel Visingsö.
Den Nachmittag wollen mein Reisekind und ich am See verbringen. Mit der Fähre fahren wir zur Insel Visingsö, der größten Insel im Vättern. Typisch für die Insel sind die Kutschen. Also lümmeln wir uns in die weichen Polster und lassen uns wie Könige über die Insel fahren. Tatsächlich residierten auf dem Eiland mitten im See früher Könige und Herrscher. Wer in übler Absicht kam, war auf dem Wasser schon meilenweit zu sehen und die Kanonen konnten rechtzeitig in Position gebracht werden.
Auffällig sind die gerade gewachsenen Eichen, die gerade, Stamm an Stamm wie eine Armee stehen. „Angepflanzt, um früher immer genügend Masten für die Segelschiffsflotte zu haben“, weiß Kutscherin Lisa. An einer kleinen Kirche halten wir. Abenteuerlustig wollen wir den Kirchturm hinaufklettern. Achtung: Das ist wirklich nur etwas für Schwindelfreie und Klettermaxe. Die Stufen sind richtig steil und weit auseinander, zudem ist es dunkel und eng. Zusammen meistern wir das, sind mächtig stolz und ich heilfroh, als wir heile wieder unten sind. Eis in schwedischer Sommerhitze schmeckt noch mal so gut. Tipp für eine Badestelle: Unweit vom Fähranleger, unterhalb der Ruine Näs Slott, gibt es einen kleinen Sandstrand. Das Wasser ist so warm, das sogar ich bade;)
Der Sage nach soll der Riese Vist die Insel für seine Frau erschaffen haben. Während der langbeinige Mann mit nur einem Schritt den zweitgrößten See Schwedens überquerte, brauchte seine Frau zwei und holte sich nasse Füße. Netter Kerl!
Am nächsten Tag ist ein Freddie-Highlight dran: das Fabrikmuseum Husqvarna – Rasenmäher, Motorräder und Kettensägen. Dazu Maschinen aller Art – auf fast 2.500 Quadratmetern alles, was Männer lieben, also laut und schnell ist. Eigentlich nicht meine Welt, aber unser Guide Anders hat es fertig gebracht, selbst mich dafür zu begeistern. Spannend, wie die Firma Husqvarna Geschichte geschrieben und eine Stadt geprägt hat.
Um viel Wissen reicher und mit einem Rasentrimmer, den Freddie mit Anders
Unterstützung, mir abgequengelt hat, fahren wir weiter. Nur absoluter Selbstbeherrschung und vielen Omms, ist es zu verdanken, dass weder Freddie noch der Rasentrimmer rausfliegen.
Das Ding ist verdammt laut und geht einem gehörig auf die Nerven, vor allem, wenn die nette Frau aus dem Navi einem den Weg weisen will. Grrrr!
Michel aus Lönneberga, der im Schwedischen übrigens Emil heißt, kennt wohl jeder. Wie es damals wirklich in der Bauernwelt zugegangen ist, zeigt das Kulturreservat Åsens by. Hier wird noch Hand angelegt. Deshalb durfte der Rasentrimmer auch nicht mit – hehe.
Alte Nutztierrassen leben zwischen fast vergessenen Obst- und Gemüsesorten. Schön, aber Freddies Herz haben alte Werkzeuge entflammt. Riesige Sägen und schwere Hämmer. Ob die wirklich zum Ausprobieren waren?
Danach sind wir platt und fahren zu unserem neuen Zuhause, einem kleinen, roten Holzbungalow – einer typisch schwedischen stuga – auf dem Campingplatz Eksjö. Endlich wieder im See baden, der Hunsnäsen liegt nur Schritte entfernt vor unserer Haustür. Auch nicht weit ist Astrid Lindgrens Welt in Vimmerby. Doch das ist eine andere Geschichte und wird ein anderes Mal erzählt.
10 Tipps für Småland:
- Hinkommen mit Kinderbespaßung: TT-Line
- Übernachten im Scandic Hotel Elmia
- Lecker und super zum Mitnehmen: Gränna Knäcke, Brahegatn 43, Gränna
- Rot-weiß geringelt und scharf-süß: Polkagris Kokeri, Brahegatan 39, Gränna
- Nicht nur bei Regenwetter einen Besuch wert; Polarcenter, Brahegatan 38-40, Gränna
- Zum Mittagessen mit Blick über den Vättern: Gyllene Uttern
- Badestelle unterhalb der Ruine auf Visingsö
- Nicht nur für Männer, in deren Adern Benzin brodelt: Husqvarna Fabriksmuseum , Hakarpsvägen 1, Huskvarna
- Wie Michel wirklich lebte, kann man im Kulturreservat Åsens by erleben, Haurida, 578 32 Aneby
- Schön campen am See: Eksjö Camping & Konferens, Prästängsvägen 5, 575 36 Eksjö.
Die Reise wurde unterstützt von TT-Line und Visit Smaland – Danke dafür!
Habt ihr die Zitronen-Lakritz-Polkagrisar probiert? Meine Favoriten 🙂 Dazu ein Buch und ein Platz an einem der unzähligen Seen, was braucht es mehr? Geliebtes Schweden – ich könnte direkt wieder losfahren…
Ich weiß gar nicht, welche Sorten wir alle probiert haben. Ich stehe ja dann eher auf Zimt-Knäckebrot 😉
Ich liebe diese Gegend“! Wir waren grad das fünfte Mal in Südschweden. Mit dem Wohnmobil und es gibt immer wieder Neues zu entdecken. Besonders mit Kindern. Am liebsten würde ich sofort wieder los!
Ja, Wohnmobil steht auch mal ganz oben auf der Liste und wie nett und entspannt die Schweden einfach sind.
Pingback: Astrid Lindgrens Welt: Pippi, Karlsson und Co zum Anfassen | Unterwegs in der Welt