Nachtwanderung, Lagerfeuer, Stockbrot backen – Abenteuer für alle im Wildniscamp am Falkenstein im Nationalpark Bayerischer Wald. Natur pur, aber mit Sterneküche und Dusche. Ein Wochenende mitten im Wald, in Wildbächen baden, Wölfe und Wildrinder beobachten und mit dem Kind Kind sein. Ein wunderbares Mama-Sohn-Wochenende.
Wo müssen wir eigentlich hin? Die nette Frau im Navi weiß es nicht und gibt schon seit Minuten widersprüchliche Anweisungen. Mit Fragen haben wir, Mama und Frederik, das Wildniscamp am Falkenstein dann endlich gefunden. Genau genommen haben wir einen Parkplatz am Wegweiser zum Wildniscamp gefunden. Kaum hatte ich die Autotüre geöffnet, ertönte auch schon eine Stimme: „Servus, ich bin der Bap. Ihr wollts bestimmt auch zum Wildniscamp. Der Weg geht da lang und euer Gepäck nehme ich.“
Super. Baptist packte unsere Rucksäcke in sein Auto und wir stapften los, quer über gemähte Wiesen und Felder. Links und rechts dichter Wald. „Jetzt sind wir in der Wildnis, oder Mama?“, fragt mein dreijähriger Frederik und ich nicke. Es duftet nach Heu, Kräutern und Harz. Der Himmel wölbt sich weiß-blau über uns und ich muss an meine Kindheit in Bayern denken und summe ein paar Takte der Bayernhymne: „Und erhalte dir die Farben seines Himmels weiß und blau.“ „Mama, was singst du da Komisches?“, will mein Kind wissen. Als Hamburger ist ihm eher derJung mit’m Tüddelband geläufig.
Wenig später treffen wir die anderen Wildniscamp-Teilnehmer auf der großen Holzterrasse vom Haupthaus. Mütter und Väter mit ihren Kindern. Vom Baby bis zum Teenager sind alle Altersklassen vertreten.
Puh, ich hatte schon bedenken, dass Freddie mit seinen drei Jahren zu jung sei. Munter schwatzend, essend und trinkend. Die Kleinen spielen Fußball, ernten Himbeeren oder rennen einfach nur quietschend herum. Autos gibt es keine. Echte Kinderwelt. Betreuerin und Nationalpark-Waldführerin Hanni Reischl vom Verein WaldZeit e.V. begrüßt und herzlich und hängt uns Namensschilder aus Holz um.

Über einen Steg gelangt man ins Baumhaus und dann weiter über eine Leiter zu den Hängematten-Schlafplätzen
„Wir gehen ins Baumhaus“, kräht ein etwa achtjähriger Knirps selbstbewusst. „Nein! Wir!“, rumpelt ein blondes Mädchen dagegen. „Gemeinsam gucken wir uns alle Hütten an und jeder findet danach die richtige“, greift Hanni ein. Aus Erfahrung weiß sie, dass sich alles findet. Auf dem weitläufigen Gelände vom Wildniscamp am Fuße des Falkensteins stehen neben dem Zentralgebäude sechs unterschiedliche Themenhütten zur Wahl: Erdhöhle, Baumhaus, Lichtstern, Wiesenbett, Wasserhütte und Waldzeit. Alle sind von der Natur inspiriert, die Baumaterialien wie Glas, Holz oder Lehm kommen aus der Umgebung.
Programm sind auch die Namen: Schlafen im Heu, in der Hängematte unter

Unser Favorit: der Lichtstern. Mit seinen bunten Fenstern verbreitet er eine Stimmung, die Ruhe und Kraft verleiht
Baumkronen oder im dämmrigen Schimmer einer Höhle. Freddie möchte unbedingt im Lichtstern schlafen, im roten Fenster. Die Hütte hat die Sonne und ihre Stärken zum Thema. Acht Strahlen, die mit bunten Glasfenstern enden und deren Farben einen Regenbogen bilden. Eine uralte Farbkombination, deren Kraft und Wirkung schon die Kelten und alten Indianer kannten. Gute Wahl, mein Sohn. Auch mir gefällt das Haus auf Anhieb, das
Kraft, Wärme und Geborgenheit ausstrahlt. Unsere Schlafsäcke breiten wir im roten und blauen Strahl aus.
Aber bis zur Nacht ist noch lang. Alles erinnert mich sehr an meine Pfadfinderzeit. Glückliche Tage in freier Wildbahn, mit Abenteuern und tiefen Gefühlen. Gemeinschaftserlebnisse. Team Building Maßnahmen würde man das wohl heute auf Neudeutsch nennen. Nur das Essen war meistens eine Katastrophe: knapp und schlecht. Daher meine Bedenken, als wir zum Abendessen marschierten. Weit gefehlt. Koch Reinhold Rühl versteht sein Handwerk – der Fleisch-Gemüseeintopf war ausgezeichnet.
Freddie war nicht mehr gesehen. Die Kinder hatten sich zusammengefunden, stromerten herum und fingen Insekten. Grillen, Grashüpfer und anderes Getier, das sie mit Becherlupen begutachteten. Betreuer von WaldZeit hatten die Horde immer im Blick. Mit Einbruch der Dämmerung kommen alle wieder zusammen: Nachtwanderung. „Ohne Taschenlampe“, verkündet Hanni. Nicht nur die Augen der Kinder glühen, auch die Erwachsenen sind aufgeregt, geben es nur nicht zu. Nach wenigen Wimpernschlägen haben sich die Augen an die Dunkelheit gewöhnt. Wir lauschen den Geräuschen der Nacht, starren in den Sternen klaren Himmel und schärfen unsere Sinne in der Dunkelheit.
Danach wehrt sich selbst Freddie nicht gegen das Schlafengehen. Gemeinsam schlafen wir im roten Lichtstern wie die Murmeltiere.
Am nächsten Morgen stehen verschiedene Angebote zur Auswahl: Mountainbiken,Wandern oder im Camp Feuer machen und eine Hütte bauen. Mein Kind will unbedingt Mountainbiken. Obwohl er Fahrrad fahren kann, ist er für die Tour definitiv zu jung, unerfahren und ungeübt. Im Camp („bei den Babys“) bleiben will er auch nicht, sondern wandern. Ausgerechnet er. „Wir sind den ganzen Tag draußen“, antwortet Hanni auf meine Frage, wie weit die Tour sei. Nun ja, ich gebe nach. Dann eben wandern. Von der Idee bin ich nicht hundertprozentig überzeugt, aber wir versuchen es. Zur Not nehme ich ihn auf die Schultern und spiele Packesel. Aber so weit kommt es nicht.
Um es kurz machen: Am Abend wird Freddie fragen: „Mama, darf ich morgen wieder wandern?“
Die Tour war fantastisch und weder mein Sohn noch ich, dachten auch nur einen Moment ans Umkehren. Ziel war auch kein Kilometer-Reißen, sondern Zeit im größten Waldgebirge Mitteleuropas im Nationalpark Bayerischer Wald, wo die Natur wieder wild wachsen darf, ihrer eigenen Dynamik folgen, ohne dass der Mensch eingreift, wie die Waldführerin erklärt.
Höhepunkt war die Rast an einem Bach, der so kalt war, dass man nicht lange auf einem Fleck stehen konnte. Kinder haben ein anderes Kälteempfinden, die tobten durch das kristallklare Wasser. Herrlich. Die WaldZeit-Mitarbeiter haben einen erstaunlichen Draht zu den Kindern, motivieren sie ohne zu nerven und bringen immer wieder neue Ideen und so blöd es auch klingt, sie begeistern sie für die Natur. Ohne Oberlehrer-Allüren. Einfach so.
Wieder im Camp bugsiere ich meinen Wanderburschen zu seinem Schlafsack. Seinen Protest „Ich bin nicht müde“, schafft er nicht zu Ende und im Sitzen übermannt ihn der Schlaf. Pünktlich zum Abendessen ist sein Akku aufgeladen und der kleine Kerl bereit zu neuen Abenteuern. Kräuter und Blumen für das Abendessen sammeln, Stockbrotteig kneten oder Lagerfeuerholz schichten. Der Küchenmeister ruft zu Tisch und sein Grill lockt mit Duftwolken. Neben den üblichen fleischlichen Versuchungen schmurgeln Saibling, Gemüsespieße und Käsevariationen über dem Feuer. Einfach nur lecker!
Freddie und seine neuen Kumpels sind mit Becherlupen wieder auf Jagd. Ein harmonischer Haufen, die Großen helfen den Kleinen und als Gegenleistung sind diese ausgesprochen friedlich. Auch beim großen Lagerfeuer geht es gesittet zu. Falls es noch eine leere Stelle im Magen gegeben hätte, ist diese mit Stockbrot gefüllt.

Stockbrot backen und Glut stochern – Faszination Feuer – Abendvergnügen im Wildniscamp am Falkenstein
Feuer fasziniert nicht nur Kinder, sondern berührt auch Erwachsene. Unsere Gespräche sind persönlicher als das übliche Blabla unter Fremden. Vielleicht liegt es auch an der Umgebung. Postkartenidylle pur: loderndes Lagerfeuer auf einer Lichtung, umgeben von wildem Wald und darüber der Sternenhimmel. Wow. Alle lächeln und das nicht Alkohol selig. Was ein Tag in der Natur doch bewirken kann.
Am letzten Morgen verlassen wir traurig unseren Lichtstern. „Wir können noch nicht gehen, wir müssen noch in den anderen Farben schlafen“, argumentiert Freddie und will mich vom Bleiben überzeugen. Auch ich wäre gerne noch geblieben, aber es hilft ja nichts.

„Ich will aber nicht weg!“ Im Wildniscamp am Falkenstein hat sich mein Wildfang sichtlich wohlgefühlt
Unser letzter Ausflug führt uns ins Haus zur Wildnis. Wir erforschen eine Steinzeithöhle, beobachten Wölfe, Wildpferde und Urrinder. Auch drinnen hat das Haus viel zu bieten. Neben einem bombastischen Spielplatz, eine Lern-Mitmach-Höhle, 3D-Filme und noch mehr. Freddie bekam auch endlich eine eigene Becherlupe, die sofort zum Einsatz kam.
Selten war ein Abschied so schmerzvoll. Freddie wollte wieder zum Wildniscamp zurück. Diesmal nicht. Aber ab 15 Personen kann man das Camp mit WaldZeit Betreuung buchen. Vielleicht mal eine Idee für ein Reisefeder-Meeting? Werde ich mal vorschlagen. Das war nämlich wirklich toll und eine Team buildende Maßnahme 😉
Zum Wildniscamp am Falkenstein
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Die Reise wurde unterstützt von Bayern Tourismus