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Frankreich: Von Strandfischern und Austern in der Bretagne

Allein in der großen Bucht Rade de Brest vor der bretonischen Halbinsel Crozon gibt es rund 1000 Amateur-Strandfischer. Ich hab Joël Le Guirriec getroffen und bin mit ihm Meeresfrüchte sammeln gegangen: Er bietet in der Nähe von Rosnoën eine ganz spezielle Pêche à pied-Tour für seine Hausgäste an. In der Bretagne, im Westen Frankreichswerden jedes Jahr mehr als 60 000 Tonnen Austern professionell geerntet.

Austern, Frankreich, Bretagne, Strandfischer, Strandfischen, Meeresfrüchte, DelikatessenStrandfischen Gegen Mittag schlüpft Joël Le Guirriec in die grünen Gummistiefel, knöpft sich die Jacke zu, schwingt sich den Gummikorb auf die Schulter, greift sich Stichel und Kratzer und macht sich mit mir auf zur „Grève du Seillou“ – einem ruhigen Strand an der Rade de Brest.Frankreich, Bretagne, Strandfischen, Strandfischer, Austern, Delikatessen, Meeresfrüchte, Muscheln, Kulinarik, Essen, Keine fünf Minuten von seinem Gästehaus in den sanften Hügeln von Rosnoën entfernt. In der Ferne läuten die Glocken des alten Benediktinerklosters Landevennec, kreischende Möwen kreisen über dem ruhigen Meer. Ein paar Segelboote haben sich sanft zur Seite geneigt und liegen auf dem Trockenen. Das Wasser zieht sich auch hier zweimal am Tag zurück und gibt die Weite des Wattenmeeres frei. So werden Muscheln, Krabben und Krustentiere gut mit Nahrung versorgt und der angesammelte Schlick weggespült.

Über 30 Jahre lang führte der sympathische Bretone einen Bauernhof mit ein paar Dutzend Milchkühen. Dann baute er das alte, steinerne Bauernhaus seines Großvaters um – und gestaltete daraus ein gemütliches „Maison d‘hôtes“ für 25 Gäste. „Die Kühe habe ich jungen Bauern übergeben, die machen jetzt ganz auf Bio“, sagt Joël und lächelt. Zweimal im Monat, bei so genannten „Springtiden“, wenn sich das Meer besonders weit zurückzieht, nimmt Joël seine Übernachtungsgäste mit zum Fußfischen – Pêche à pied – an der „Grève du Seillou“. Gemeinsam gehen sie auf die Suche nachdem, was die Flut zurückgelassen hat: Messer- und Venusmuscheln, Austern, Krustentiere. Und danach wird der Fang zusammen in der Bauernküche zubereitet. Frankreich, Bretagne, Strandfischen, Strandfischer, Austern, Delikatessen, Meeresfrüchte, Muscheln, Kulinarik, Essen

Entspannung für die Bauern Heute geht der 62-Jährige allein ins Wattenmeer. „Schon mit meinem Großvater bin ich damals als kleiner Bub Muscheln und Austern hier sammeln gegangen“, erzählt er wehmütig. Für viele bretonische Bauern ist das Strandfischen immer noch eine Form der Entspannung nach einem anstrengenden Tag auf den Feldern. Auch für Joël. Gleich zu Anfang demonstriert der erfahrene Fischer den schlimmsten Fehler, den nichtswissende „Fußfischer“ begehen können: Den umgedrehten Stein oder Fels im Sand nicht wieder in seine ursprüngliche Position zu bringen – und so die Nahrungskette zu unterbrechen. „Die verborgenen Mikroorganismen, von denen die nächstgrößeren Meeresbewohner leben, sterben dann ab, das Resultat ist ein großer Nahrungsmangel und das könnte sämtliche Meerestiere und Fische in der Bucht gefährden.“ Es gilt für jeden Strandfischer, auch wenn ihr allein sammeln gehen solltet: In Maßen am Strand bedienen – und auf keinen Fall eine Baustelle hinterlassen.

Austern brauchen Süß- und Salzwasser Andere Muscheln und auch die Strandschnecken sind einfach unter Steinen oder im Watt zu finden. Doch wenn es zu Austern kommt, bedarf es etwas handwerklichem Geschick: Mit einem kleinen Hammer schlägt Joël die „Huîtres creuses“, die Hohlaustern, zwischen Haufen von Seetang von den Felsen am Strand ab. „Die Austern brauchen neben dem starken Gezeitenunterschied auch Süß- und Salzwasser zum Wachsen“, erläutert Joël. In der Rade de Brest-Bucht fließen gleich mehrere Flüsse wie auch der größte Fluss der Bretagne, die L‘Aulne, zusammen. Deshalb finden die Strandfischer hier so viele der edlen Krustentiere vor. Der Fischer, der auch am Herd ein Meister ist, isst sie später nur mit einer Vinaigrettesauce, verfeinert mit klein gehackten Schalotten, etwas Zitrone und natürlich Baguette und salziger Butter.

Zuletzt noch ein paar Tipps von Joël: Die beste Zeit zum Strandfischen ist der noch eher kühlere März: „Nach den Stürmen und vor allem Ostwinden ist immer viel Bewegung im Wasser, was wiederum gut für die Entwicklung der Krustentiere ist.“

Falls ihr allein zum Strandfischen geht, bitte beachten: Vorher darüber informieren, welche Meerestiere essbar sind, welche Muscheln welche Mindestgröße haben müssen und welche Mengen pro Person maximal erlaubt sind. Außerdem ist das Strandfischen an manchen Stränden zu bestimmten Zeiten aus Naturschutzgründen nicht gestattet, die Strafen bei Missachtung der Regeln sind relativ teuer. Infos unter: www.pecheapied-responsable.fr

Übernachten: Joël und seine Frau Martine bieten ein Strandfisch-Paket für ihre Gîte-Gäste: Zwei Nächte inklusive Vollpension, 3-std. Strandfischen mit gemeinsamem Kochen ab 118 € pro Person. Maison d‘hôtes Kervézennec, Le Faou-Rosnoën, Kervezennec, Tel. 02 98 81 93 84. Das Gästehaus hat sechs Zimmer und ist ganzjährig geöffnet.

Die Recherchereise wurde unterstützt vom Tourismusverband der Bretagne (Comité Régional du Tourisme de Bretagne) und Air France, die z.B. von Düsseldorf über Paris die Bretagne anfliegen. Wer noch andere Frankreich-Reportagen bei uns lesen möchte: zur Spitzenküche in der Nähe des bretonischen Pont-Aven oder dem hübschen Dorf  Ségur le Château im Limousin.

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