Im Tal zieht der Frühling ein, doch auf den Höhen des Schwarzwalds liegt noch Schnee. In Kombination mit satter Frühlingssonne ein Genuss. Kinder lernen Ski fahren, alle wandern durch den Schnee mit herrlicher Aussicht und den geheimnisvollen Mummelsee haben wir ganz für uns allein.
Auf dem Kniebis habe ich als Kind viele schöne Ferientage verbracht, jetzt will ich meinem Sohn die wilde Schönheit des Nordschwarzwalds näher bringen. Von Baden-Baden kommend ist die Anfahrt über die B 500, Die Schwarzwaldhochstraße, für einen, plattes Land gewohnten Binnenländer, schon spannend. Die Schwarzwaldhochstraße gilt als die älteste und berühmteste Touristenstraße des Schwarzwalds.
Über zahlreiche Serpentinen und Haarnadelkurven geht es nach oben auf die Kammlagen. Ab hier macht der Name Schwarzwaldhochstraße Sinn, die Straße führt auf einem Höhenzug einmal quer durchs Gebirge. Bei guter Sicht ist der Ausblick über das Rheintal und die Vogesen phänomenal.Wir passieren den Mummelsee, den Ruhestein und den Schliffkopf auf immerhin 1055 Meter Höhe. Hier liegt meterhoch Schnee auf der weitgehend waldfreien Hochfläche.
Für den Schnee entwöhnten Hamburger ein seltener Anblick. Nach zehn Kilometern erreichen wir die Alexanderschanze, eine historische Verteidigungsanlage aus dem 18. Jahrhundert. Das im Winter geschlossene Hotel Alexanderschanze sieht unheimlich aus und erinnert an „Shining“.
Wenige Kilometer weiter sind wir auf dem Kniebis, dem einzigen Dorf an der Route. In den 1970ger Jahren galt das malerisch mitten im Wald liegende Dorf als das Sylt Stuttgarts. Heute zieht das 1500 Seelen Dorf nicht mehr die Schönen und Reichen an, sondern Skilangläufer. Am nächsten Tag fahren wir Schlitten. Hier gibt es eine wunderbar lange und sogar Flutlicht beleuchtete Rodelbahn, die wir ganz für uns alleine haben. Laut kläffend rast der Hund neben uns her und alle haben Spaß.
Am Wochenende rauschen die Schneetouristen aus dem Tal an und es wird trubelig. Zumindest ein wenig und gerade soviel, dass ein „Zwergerl-Skikurs“ stattfindet. Nicht auf dem Kniebis, sondern in Understmatt, etwa eine halbe Stunde entfernt in Richtung Baden-Baden. Der Zwerg übt sich auf Skiern und wir genießen Sonne und Ruhe. Bei launiger Dudelmusik kommt in der Pilzbar sogar Aprés Ski-Stimmung auf.
Am sonnigen Wochenende ist am Mummelsee, einem der meist besuchten Seen Baden-Württembergs, kein Parkplatz zu bekommen. „Rummelsee“ nennt ihn deshalb auch der Volksmund. Macht nichts, wie haben ja auch unter der Woche Zeit. Der im Sommer geheimnisvoll blau-schwarz leuchtende Karsee schweigt im Winter unter einer glänzenden Schneedecke. Gedanken an Seeungeheuer, Nixen oder Neptune kommen keine auf. Auch die Sommer umhergeisternde Warnung, bloß keine Steine in den See zu schmeißen, um die Seegeister nicht zu erzürnen, geht ins Leere. Der See ist zugefroren. Viele Sagen und Legenden ranken sich um den Mummelsee, dessen Namen von den Seerosen, den Mummeln kommt. Lange galt die Tiefe des Sees als unermesslich, sogar eine Verbindung mit dem Mittelpunkt der Erde wurde vermutet. Sämtliche Versuche der Forscher, die Tiefe zu erfahren, scheiterten. Heute weiß man, dass der See an seiner tiefsten Stelle 17 Meter misst. Auch wenn der Shop reißerisch für Schwarzwälder Schinken, Bollenhüte und Kuckucksuhren wirbt, das Holzofenbrot ist frisch und richtig lecker.
Schön ist auch immer wieder ein Ausflug zum Lotharpfad, direkt an der Schwarzwaldhochstraße, etwa drei Kilometer südlich vom Schliffkopfhotel. Lothar hieß der Orkan, der am Zweiten Weihnachtstag 1999 von Frankreich kommend mit bis zu 200 Stundenkilometern über den Schwarzwald hinwegfegte. Auf einer Fläche von etwa 56.000 Fußballfeldern machte das Orkantief völligen Kahlschlag. Doch nicht überall wurde aufgeforstet und aufgeräumt. Rund um den Schliffkopf, auf einer Fläche von etwa zehn Fußballfeldern, durfte die Natur wachsen, wie sie wollte. Über den Baumfriedhof und das neue Waldleben wurde der Lotharpfad gebaut. Ein Erlebnisweg mit Treppen, Stegen, Brücken und Leitern. Der neu gewachsene, lichte Mischwald bietet vielen Tieren ein Zuhause, das sie im dunklen Fichtenwald nicht hatten.
Im Winter ist der Pfad gesperrt, aber der ganz in der Nähe liegende Panoramapfad ist begehbar. Mit Sonne durch den Schnee bis zu einem Aussichtsturm: Panoramablick über die Vogesen. Bei richtig klarer Sicht kann man sogar das Straßburger Münster sehen. Über geharschten Schnee stiefeln wir wieder zurück. Beseelt von der Sonne, der würzigen Luft und dem herrlichen Blick – und alles haben wir für uns alleine. Beseelte Momente.
Tipps:
Wer mehr über den Nordschwarzwald, insbesondere auch dort wandern möchte – sommers wie winters, dem empfehle ich das Buch meiner lieben Kollegin Birgit-Cathrin Duval: Kraftorte im Schwarzwald, Oertel+Spörer Verlag.
Zum Vespern ist die Kniebishütte an der Schwarzwaldhochstraße perfekt. Große Sonnenterrasse, aufmerksamer und freundlicher Service. Wir hatten Knödeltrilogie und Gaisburger Marsch und fanden es super lecker.
Experimenta, ein Mitmach-Museum nicht nur für Kinder. Experimentieren, Anfassen und Ausprobieren. Warum und wie passiert was im täglichen Leben und in der Natur, erfahren und erforschen die Besucher.
Tolle Fotos und sehr schöner Bericht! Eigentlich freue ich mich ja über den beginnenden Frühling, aber dein Blogpost hat mich daran erinnert, dass der Winter ja auch ganz schön sein kann!