Es geht raus auf die Ostsee! Am Terminal in Stockholm herrscht Hochbetrieb. Viele Familien, Paare und Freunde warten darauf, dass die Viking Cinderella ihre Tür öffnet. Doch vor dem Boarding ist eine Sicherheitskontrolle Pflicht, ähnlich wie am Flughafen wird das Gepäck durchleuchtet, spitze Gegenstände, aber auch mitgebrachte Getränke und, ein Schild weist darauf hin, sogar Reisebügeleisen dürfen nicht mit an Bord.
Dann geht es durch die lange Gangway ins Innere des Schiffes. Mittendrin macht ein Fotograf Bilder von aufgeregten Familien und Freunden. Mitglieder der Crew begrüßen die hereinströmenden Gäste. Seit vielen Jahren erfreuen sich die kleinen Auszeiten, die Cruises der Viking Line zu den Åland-Inseln großer Beliebtheit nicht nur bei den Stockholmern. Kein Wunder, denn die Kurzreise beginnt gleich, wenn die Gäste das Schiff betreten haben: Mit einer Kabine ganz nach Geschmack und Geldbeutel, Pubs und Tanzbars, einer großen Spielfläche für Kinder, dem großen Buffet und der nicht minder großen Tax Free-Shoppingwelt mit Parfum, Spirituosen, Süßigkeiten und mehr.
Die gute Seele des Schiffes
„In diesem Juli hatten wir einen Besucherrekord. Wegen des Wetters“ , erzählt Auli Pilhjerta. Ach, gab es tatsächlich so viel Sonne im Norden Europas? Nein, im Gegenteil, schmunzelt Auli. Es hat geschüttet wie aus Kübeln. „Da macht man sich lieber eine schöne Zeit auf dem Schiff, bei gutem Essen und Musik am Abend, statt zuhause Trübsal zu blasen, und die Kinder sind auch gut beschäftigt.“ Auli muss es wissen, sie ist so etwas wie die gute Seele an der Rezeption der Cinderella. Seit 28 Jahren arbeitet sie hier, immer zehn Tage am Stück, und hat dann zehn Tage frei. Die herzliche Finninn liebt ihren Job. Und ist sichtlich stolz darauf, aus Turku zu stammen, dem Ort, wo auch die Cinderella gebaut wurde. „Manche Stammgäste kommen nach dem Boarding immer erstmal zur Rezeption, gucken, ob Auli da ist“, berichtet sie in klingendem Deutsch mit schwäbischem Einschlag – ein charmantes Relikt aus ihrer Zeit, in der sie früher mal in Süddeutschland gewohnt hat – und strahlt.
Kapitän aus Bestimmung
Viele Besatzungsmitglieder stammen von der Ostsee, kommen aus Finnland oder Schweden. Der Kapitän der Cinderella, Jan-Tore Thörnroos, ist auf den Åland-Inseln geboren, wo das Schiff am nächsten Morgen früh anlegt, um kurz darauf wieder zurückzufahren nach Stockholm. Nur wenige Passagiere verlassen hier das Schiff, die meisten liegen um diese Zeit noch im Bett und schlafen aus. Schade für sie! Denn leider verpassen sie so Kobba Klintar, die kleine Lotseninsel vor Ålands Hauptstadt Mariehamn mit ihrem weißen Lotsenhaus, ein beliebtes Motiv vieler Gemälde und Fotografien.
Jan-Tore Thörnroos jedenfalls freut sich bis heute über an der Schönheit des Archipels. Vor allem im Winter, wenn die Ostsee zufriert und sein Schiff in einer engen Fahrrinne fährt, findet er es herrlich hier draußen zwischen Land und Meer.
Vielleicht ja gerade, weil er selbst erlebt hat, dass das Meer nicht immer ein fröhlicher Ort zum Feiern ist. Sondern immer auch eine Naturgewalt. Er war nämlich diensthabender Kapitän auf dem Schwesterschiff der Viking Cinderella, der Mariella, als die Ostseefähre Estonia im September 1994 auf ihrem Weg von Tallinn nach Stockholm sank. Da die Mariella nah am Unglücksort war, als der Notruf einging, drehte er bei und rettete Menschen aus der aufgewühlten Ostsee vor dem sicheren Ertrinken.
Dass Jan-Tore Kapitän werden würde, stand für ihn schon aber als Jugendlicher mit nur 15 Jahren fest. Seine Familie pflegt eine lange Seefahrertradition – wie viele auf den Åland-Inseln –, und so absolvierte er die Ausbildung zum Kapitän in Mariehamn in der dortigen Schule für Seefahrt.
Familien-Kurzurlaub
Auf dem Sonnendeck treffe ich Katharina und Hamid mit ihren beiden Töchtern im Kindergartenalter. Warum sie hier sind? Weil des Essen super ist und sie es lieben, draußen die Schären vorbeiziehen zu sehen, sagen sie. Und das Tax Free-Shopping finden sie sehr attraktiv. Bei Regen war die Familie auch schon zweimal an Bord. Da waren die Kinder auf dem Kinderdeck glücklich und sie in der Bar. Sagte Auli ja schon…
Wer es sich nicht auf Deck bei einem Kaffee oder Wein gemütlich machen will, hat ja auch noch seine einene Kabine oder Suite – dafür muss man zwar etwas tiefer in die Tasche greifen, bekommt aber auch eine super Seeblick nach vorn und ein separates Schlaf- und Wohnzimmer.
Auch eine gute Idee: eine Auszeit im Bord-Spa mit seinen zwei finnischen Saunen. Von denen aus kann man aufs Meer blicken kann. Oder man lässt sich in dem als Samenkote gestalteten Massageraum durchkneten.
Doch der wichtigste Programmpunkt ist für viele das reichhaltige Buffet an Bord. Abends wird in den riesigen Restaurant in zwei aufeinander folgenden Sitzungen getafelt. Es gibt eine riesige Auswahl an frischem Fisch und eingelegten Fischspezialitäten, Fleischgerichte und warme Klassiker wie Janssons Frestele, den Kartoffelauflauf mit Anchovis. Die Getränke sind Teil des Festpreises.
Aber Achtung, nicht zur falschen Zeit ins Restaurant kommen! Finnland und Schweden haben nämlich eine Zeitverschiebung von einer Stunde. Die zeigt die Uhr mit ihren zwei Zeigern auf Deck 10 sehr deutlich – ein beliebtes Fotomotiv. Das mit den zwei Zeiten kann jedenfalls ganz schön zu Verwirrungen führen, wenn man morgens früh in Mariehamn an Land geht. Wer auf dem Schiff bleibt, hat es leichter: Bordzeit ist und bleibt immer die schwedische Zeit.
Nachhaltigkeit gewinnt an Bedeutung
Die Ostsee ist ein empfindliches und gefährdetes Ökosystem. Das kleine Binnenmeer erfährt nur wenig Wasseraustausch, Verschmutzungen etwa durch ungeklärte Abwässer bleiben weitestgehend in der Region. Auch Mikroplastik und hormonell wirkende Stoffe sind ein riesiges Problem. Die Viking Line ist sich ihrer Verantwortung bewusst, sich in einem empfindlichen Lebensraum zu bewegen. Nicht nur beim Essen achtet die Reederei auf Nachhaltigkeit: An Bord gibt es nur noch Bio-Kaffee und FSC zertifizierten Fisch, einige Bars schenken auch Bio-Wein aus. Auch erste Hybrid-Fähren sind im Einsatz, die auch mit Gas angetrieben werden. Die Reederei verzichtet außerdem auf giftige Anti-Anhaftungs-Lacke an der Außenwand der Schiffe, statt dessen reinigen Taucher zweimal im Jahr mechanisch die Schiffswände von Muscheln etc. Eine ausgeklügelte Form des Schiffsrumpfes reduziert die Wellenbildung, die nachweislich die Ufer-Flora und –Fauna in den Schären stört. Und die Teppiche werden recycelt, wenn die Kabinen renoviert werden.
Außerdem kommt eine neue Technik zum Einsatz: Im Jahr 2018 wird die Viking Grace einen Rotor bekommen, der dazu beiträgt, Energie zu sparen. Die Technik beruht auf dem Prinzip des Flettner-Rotors, bei dem ein sich drehender Zylinder Energie des Windes aufnimmt und in Schubkraft für das Schiff umwandelt. Der 24 Meter hohe und im Durchmesser vier Meter breite Rotor soll rund 5-7% Treibstoff-Ersparnis bringen. Ein weiteres derzeit gebautes Schiff soll 2020 in Dienst gehen und zwei der Rotoren bekommen. Damit werden bis zu 20% Treibstoffersparnis erwartet. Dann lassen sich die Ostsee-Auszeit und die wunderbare Schärenwelt vor Stockholm und Mariehamn mit noch besserem Umweltgewissen genießen.
Info: Die Viking Line verkehrt zwischen Stockholm und Mariehamn bis zu achtmal täglich, viermal pro Richtung. Die einfache Fahrt dauert tagsüber rund 5 1/2 Stunden und kostet pro Person ab 11 Euro, mit Außenkabine hin und zurück (auf der Cinderella) ab 34 Euro.
Die Reise wurde von der Viking Line unterstützt.