Sie tanzen, sie lachen, sie haben Spaß miteinander: Die Klänge der Kapverden bringen Einheimische und Besucher einander nahe. Und, ja, das sollte man auch nicht verpassen: Die Insel Santo Antão ist ein Wanderparadies – unbedingt zu Fuß entdecken!Sagt euch der Name Cesária Évora etwas? Die Sängerin von den Kapverden, und vielleicht mögt ihr auch die Musik? Mit ihrer Stimme, dem gefühlvollen, sentimentalen Morna-Gesang, wurde sie zur Botschafterin der Kapverden, sie trug ihre Heimat zu uns nach Europa. Bis sie 2011 verstarb.
Die Musiklegende Cesária Évora stammt von São Vicente. Dort ist der kleine Flughafen nach ihr benannt. Aber welche der neun kapverdischen Inseln man auch besucht – Musik ist immer mit dabei, sie wohnt in den Herzen der Menschen.
Das gilt auch für Santo Antão, die Nachbarinsel von São Vicente. Und Santo Antão ist großartig zum Wandern: An einer wilden, zerklüfteten Küste, in einer bezaubernden Bergwelt. Schmale Pfade führen durch Bergdörfer, die nur zu Fuß erreichbar sind. Hier muss man einfach wandern!
Die Landschaft ist in Terrassen geformt, sie verleihen den Berghängen etwas Schwungvolles. Manche Terrassen existieren schon seit über hundert Jahren, dienen als Anbaufläche für Mais, Maniok, für Gemüse. In einer Art Seitentäler-Hopping entdecken wir den Nordosten von Santo Antão. Angeführt von Markus Leukel, zugleich Reiseleiter und Wanderguide, geht’s von der Inselhauptstadt über Bergpässe hinein in kleinere Seitentäler.
Auf steinigen Eselspfaden, sie schrauben sich hinauf bis auf 1.300 Meter Höhe. Auf der Route liegen Bergdörfer, in die keine Straße führt. Wo es ganz normal ist, dass Kinder ein bis zwei Stunden zur Schule laufen. Mittags kehren wir bei der Familie von Joana ein. Das Haus liegt im hintersten Zipfel eines namenlosen Tals.
Hungrig nehmen wir auf der Dachterrasse Platz, auf dem langen Tisch stehen Schüsseln mit Gemüsesuppe. In der offenen Küche gleich nebenan kochen die Frauen der Familie das kapverdische Nationalgericht Cachupa, ein Eintopf, basierend auf Mais, Bohnen und Gemüse. Das Mittagessen für Wandergruppen ist eine willkommene zusätzliche Einkommensquelle – und die Wanderer, sie genießen!
Wir fühlen uns willkommen auf der Dachterrasse, dem Wohnzimmer der Familie. Für die lange Tafel wurden alle verfügbaren Tischdecken aus dem Schrank geholt, das Geschirr ist bunt zusammen gewürfelt, damit es für alle reicht.
Von der abgeschiedenen Bergwelt kommen wir ans Meer. Die Küste Santo Antão prägen schroffe, steile Felshänge, an denen sich die Atlantik-Wellen lautstark und Gischt versprühend brechen. Ein faszinierendes Schauspiel. Zum Anschauen, weniger zum Baden.
Ein Wanderpfad schlängelt sich an der spektakulären Küste entlang. Rechts ragt die steile Felswand in die Höhe, links geht’s geradewegs hinab ins tosende Meer.
Zwanzig Kilometer lang ist die Strecke bis nach Ponta do Sol. Der Ort liegt auf einer Landzunge wie auf einem Präsentierteller, in perfekter Lage sowohl für Sonnenauf- als auch für Sonnenuntergänge. Ponta do Sol gilt mit seinen rund zehn Hotels und Pensionen als Touristenhochburg der Insel.
Tatsächlich hoch ist das neueste Hotel, ein unansehnlicher Klotz direkt am Hafen. Von dort aus hat man jedoch einen guten Blick für den Moment , wenn die Fischerboote reinkommen. Wie sie das bewerkstelligen, ist schon abenteuerlich: Kaum mehr als eine enge, mit Felsen gespickte Bucht, das ist der Hafen. Der Wind peitscht die Wellen hinein, und die bunten Holzboote darauf gleich mit, sie landen unsanft am Strand.
Anschließend wird ausgeladen und der Fang auf einem großen steinernen Tisch gewogen. Auf einer alten Waage mit Gewichten und zwei Schüsseln.
Unweit vom Hafen, an der Strandpromenade, dort hat Carla Costa gerade die schwarze Tafel vor ihrem Haus Música do Mar aufgestellt. Darauf steht zu lesen, dass es heute Abend Live-Musik gibt. Wie fast jeden Abend. Es spielen Carlas Vater sowie ihr Bruder, mit Gitarre und Ukulele, eine Art Mini-Gitarre. Das Música do Mar, Pension, Restaurant und Musiklokal in einem, ist fast schon eine Legende. Sehr beliebt bei Einheimischen und Touristen gleichermaßen.
Die Musik, sie war es auch, die Reiseleiter Markus Leukel auf die Kapverden zog. Im Jahr 2008 kam er zum ersten Mal auf die Inselgruppe, die rund 450 Kilometer vor der Küste Senegals liegt. Als Musiker, genauer als Schlagzeuger und Perkussionist, interessierten ihn besonders die Rhythmen der Kapverden. Und der Westerwälder begann, traditionelle Stilrichtungen zu sammeln, aufzuschreiben und zu systematisieren. Das hatte vor ihm noch keiner gemacht, und so gab er auf Einladung der kapverdischen Universität Workshops für lokale Bands und gründete schließlich eine Musikschule.
Markus hat unter dem Namen jakumal ein paar Musikvideos mit seinen Bands, hier seht Ihr eines davon:
Während die Gäste im Música do Mar noch beim Essen sind, schwingt der Laden schon, die Stimmung steigt. Auch draußen vor der Tür wippen die Passanten. Carla und die anderen Frauen, die gemeinsam das Música do Mar betreiben, sie beherrschen das Kunststück, Essen und Getränke zu servieren, zu tanzen und mitzusingen. Alles gleichzeitig! Die Musik lässt Gastgeber und Gäste miteinander verschmelzen. Mittendrin schwingt Markus das Tanzbein.
„Die Musik, sie ist der Schlüssel zu den zu den Herzen der Menschen“, weiß Markus. Mal bedächtig, melancholisch und sentimental, aber auch feurig kommen kapverdische Klänge rüber. Ein Mix aus afrikanischen und portugiesischen Einflüssen prägen die Inselgruppe, die einst ein Umschlagplatz für den Sklaventransport nach Amerika war. Im Jahr 1975 wurden die Kapverden von Portugal in die Unabhängigkeit entlassen.
„Die Touristen denken oft, das hier wäre Afrika, das stimmt aber nicht“, meint Carla Costa. „Wir sind weder Afrikaner noch Europäer, wir haben aus allen Einflüssen etwas Eigenes, Kapverdisches kreiert.“
Diese Recherchereise ermöglichte der Kapverden-Spezialist Reisen mit Sinnen. Herzlichen Dank dafür!
Über Gastautorin Karin Kura
Draußen ist es am schönsten. Egal, ob als Reisejournalistin oder privat, unterwegs in der Natur bin ich am liebsten. Aber bloß nicht frieren!
So klingt es vielleicht komisch, dass ich von Haus aus Skandinavistin bin, in Norwegen habe ich gelebt. Und dann die Himmelsrichtung gewechselt.
Jetzt würde ich gerne Spanisch lernen. Wenn mal Zeit dafür bleibt. Vielleicht ja auf meiner Lieblingsinsel: La Gomera.