Wandern im Allgäu auf den Spuren von König Ludwig II, das bedeutet saftig grüne Almwiesen, leuchtend blaue Seen, zackige Alpenkulisse und Märchenschlösser.
Es beginnt mit einem Irrtum. Als ich vom Wandern im Schlosspark höre, da denke ich an ein Parkgelände, durch das man gemütlich läuft, über Wiesen und zwischen alten Bäumen. Dazu noch der Schlossblick. Tatsächlich aber ist der sogenannte Schlosspark ein großes Wandergebiet, es umfasst das gesamte Ostallgäu mit Füssen als touristisches Zentrum. Also mitnichten ein Park. Viel mehr! Es gibt drei große Routen mit unterschiedlichen Ansprüchen an die Kondition, von kaum bis zahlreichen Höhenmetern. Idyllegarten, Logenplatz und Königsalpen-Route heißen die Strecken, sie sind noch recht frisch, wurden erst 2021 fertiggestellt. Und bieten zusammen über dreihundert Kilometer.
Saftig grün und leuchtend blau
Die Allgäuer Touristiker, sie hatten bei der Erfindung des Namens diese Perspektive: „Blickt man von den Alpen aus ins Allgäu, sind dort die Königsschlösser und es öffnet sich eine weite Landschaft wie ein Park“, erklärt Sebastian Gries vom Tourismusverband Ostallgäu. Alles eine Frage der Perspektive. Auf jeden Fall besitzt das Allgäu ein einzigartiges Landschaftsbild, geprägt von saftig grünen mal flachen, mal geschwungenen Almwiesen, zahlreiche Seen leuchten blau, dahinter ragt die zackige Alpenkulisse empor. Das Ganze garniert mit den Schlössern der Bayerischen Könige, das weltberühmte Schloss Neuschwanstein und Hohenschwangau.
All das ist König Ludwig-Land. Der bayerische Herrscher liebte das Allgäu, die Naturkulisse inspirierte ihn für seine Träume. König Ludwig II träumte von einer besseren Welt, einer romantischen Welt, in der das Schöne und die Musen regieren. Und er wanderte gern. Als Junge gemeinsam mit seiner Mutter Marie. Sie war begeisterte Bergsteigerin und eine Pionierin im weiblichen Alpinismus in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Königin ließ sich eine Bergsteigertracht schneidern, und so stieg sie mit ihren Söhnen Ludwig und Otto häufig auf den Füssener Hausberg Säuling hinauf.
Almwiesen und Braunvieh
Sich ein bisschen wegträumen und Romantik erspüren, das funktioniert im Allgäu noch heute ziemlich gut, etwa auf dem 124 km langen Rundwanderweg Logenplatz-Route. Wir passieren Almwiesen, bestückt mit Allgäuer Braunvieh, Kühe, die zierlicher sind als ihre gefleckten Artgenossen. Sie schnauben leise vor sich hin, während sie das saftige Grün büschelweise von der Wiese rupfen. Der Hopfensee glitzert in der Ferne. Am Hang entlang verläuft der Weg, und begleitet vom Klang der Kuhglocken öffnet sich die Allgäuer Schatzkiste. Da ist etwa Burg Falkenstein, auf 1.277 Metern die höchste Burgruine Deutschlands. Aus den Ruinen wollte König Ludwig II ein weiteres Märchenschloss erschaffen, doch dazu reichte seine Lebenszeit nicht mehr aus.
Kultkönig Ludwig II.
Der „Kini“, wie der Märchenkönig gerne von seinen zahlreichen Anhängern genannt wird, ist auch heute noch Kultfigur, über 50 bayerische König Ludwig-Vereine gibt es. Ein Träumer, Visionär, ein Geld-Verschwender; Ludwig II. war Vieles, dabei auch ein Naturliebhaber. Er passte nicht in das Fortschritts- und Industrie-Zeitalter, als König war er wenig brauchbar. Im Jahr 1886 erklärte man ihn für „seelengestört“ und entmündigte ihn. Die näheren Umstände seines darauf folgenden Todes im Starnberger See wurden nie aufgeklärt.
Gerade heute spricht der traurige König viele Sehnsüchte in unserer technisierten und digitalisierten Welt an: „Auch für zahllose andere Menschen, als ich einer bin, wird eine Zeit kommen, in der sie sich nach einem Lande sehnen, und zu einem Stück Erde flüchten, wo die moderne Kultur, Technik, Habgier und Hetze noch eine friedliche Stätte, weit vom Lärm, Gewühl, Rauch und Staub der Städte übrig gelassen hat.“
Das Allgäu strahlt mit seinen Seen, Bergen, Wiesen und Kühen viel Ruhe aus. Dazu die kleinen Orte mit Geranienschmuck an den Häusern und hölzernen Fensterläden. Eine Idylle.
Ludwigs Lieblingsrunde
Ludwig II. hasste es, wenn er in die Residenzstadt München reisen musste. Wann immer er konnte, floh er ins Allgäu. Eine seiner Lieblings-Wanderungen führt hinauf auf den Kalvarienberg bei Füssen. Noch wenige Monate vor seinem Tod unternahm er einen Ausflug auf den 953 Meter hohen Gipfel. Man startet vom Lechfall aus, am tosenden Wasserfall des Lechs.
Dort wurde extra für die königliche Familie eine Teestube errichtet, damit sie sich stärken konnten für den etwa eineinhalbstündigen Aufstieg. Es ist ein Kreuzweg durch den Wald, mit 14 Stationskapellen, die den Leidensweg Christi darstellen. Drei Kreuze und ein Jesus-Figur stehen oben auf dem Gipfel. Von hier aus hat man den definitiv besten Rundumblick auf alles, was den Königswinkel rund um Füssen ausmacht: Die Schlösser Neuschwanstein und Hohenschwangau, Schwansee, und man blickt auf die Altstadt von Füssen.
Mehr Infos zur Region: www.schlosspark.de
Im Schlosspark gibt es neben 32 Orts- und Themenwanderrouten drei große Hauptstrecken: Idyllegarten (96 km), Logenplatz (124 km) und Königsalpen-Route (121 km). Sie liegen auf drei Höhenlagen. Während der Idyllegarten eher gemütlich durch das sanfte Alpenvorland führt, bietet die Logenplatz-Route zahllose Berg- und Seen-Ausblicke, es gibt entspannte Abschnitte, aber auch Höhenmeter. Alpiner und anspruchsvoller wird es auf der Königsalpenstrecke in den Ammergauer Alpen.
Und noch ein Buchtipp: Dumont Reise-Taschenbuch Allgäu, 1. Auflage 2021, kostet 18,95 €, www.dumontreise.de
Alle Fotos, wenn nicht anders gekennzeichnet: Copyright Karin Kura
Ein herzliches Dankeschön für die Recherche-Einladung geht an den Tourismusverband Ostallgäu
Liebe Karin, ich lese deine Wanderberichte immer sehr gern. Das Allgäu sieht traumhaft aus, da muss ich auch mal unbedingt hin!
Liebe Grüße, Vera
Liebe Vera, herzlichen Dank für deinen netten Kommentar! Ja, das Allgäu ist eine wunderbare Gegend, sanft und zackig zugleich, dann der wilde Lechfluss und stille Seen. Ich war bestimmt nicht zum letzten Mal dort… Liebe Grüße zurück von Karin