Keine Sonne, kein Licht, Kälte und literweise Regen. Die November-Depression scheint unaufhaltsam. Aber es gibt ein wunderbares Mittel gegen den Winter-Blues: Le grand Bordel – ein fulminantes Kochbuch der beiden Hamburger Boris Krivec und Stephan Hippe. Wobei „Kochbuch“ ein völlig falscher Begriff für dieses rauschende Fest ist. Ein Glückscocktail für alle Sinne.
Ja, Ihr tut mir alle leid, die Ihr nicht in der schönsten Stadt Deutschlands, in Hamburg, wohnt. Diesmal schwärme ich weder von Elbe, Theatern oder den genialen Shoppingmöglichkeiten, sondern von meinem Lieblings-Franzosen: La Brasserie Provence in Ottensen.
Kein Chi-Chi, mit 20 Messern, steifen Kellnern und dem Gefühl als Gast nur geduldet zu sein. Sondern echte Herzlichkeit in einem genialen Laden. Schon beim zweiten Besuch, glaubt man, Boris und Stephan, die Inhaber, sein Leben lang zu kennen. Wie ein Jurist und ein Schauspieler auf die Idee kamen, eine französische Brasserie im Haifischbecken Hamburg zu eröffnen, ist eine andere Geschichte, die ich ein anderes Mal erzähle. Gut, dass sie es getan haben und nicht auf die ewigen Nörgler, Zweifler und Bedenkenträger gehört haben.
Denn das Essen – und die Weine – sind phänomenal. Ein Besuch in der Brasserie La Provence ist immer wie ein Mini-Urlaub. Eine Auszeit mitten in Hamburg. Ja, Essen macht glücklich. Mich, meinen Mann und die andern Gäste zumindest.
Welcher Teufel die beiden auch geritten haben mag, Le grand Bordel – das große Durcheinander – zu veröffentlichen, ich bin ihm unendlich dankbar!
Ich muss gestehen, als Boris mir zum ersten Mal erzählte, dass sie ein Kochbuch planen, war ich mäßig interessiert. Nach dem Motto: Es sind schon alle französischen Kochbücher geschrieben, aber noch nicht von jedem. Grobe Fehleinschätzung! Als ich das Werk zum ersten Mal durchgeblättert hatte, war ich hin und weg. Allein von den Bildern. Wie schon gesagt, der Begriff Kochbuch trifft es nicht. Schaut es Euch an und urteilt selbst.
Netterweise darf ich ein Rezept veröffentlichen, bei Wohlschmecken auch mehr. Fürs erste habe ich mich für die gebrannte Vanillecreme mit Lavendel entschieden. Wer mich kennt, wundert sich vielleicht, da ich eigentlich kein Süßschnabel bin, aber die Creme ist das beste, legale Anti-Depressivum! Für jede Form von Abhängigkeit, bin ich nicht verantwortlich.
CRèMe BRûlée à la lavande (Auszug aus dem Buch Le grand Bordel)
GEBrANNtE VANILLECrEME MIt LAVENDEL
„Ich finde, Crème brûlée als dessert wird überschätzt. aber wehe, ich nehme sie von der Speisekarte! der Grund für die Beliebtheit dieses ‚Puddings‘ ist,
glaube ich, dass sich zu Hause einfach niemand so recht herantraut.
dabei ist es eigentlich ganz einfach: nicht schüchtern sein bei der Temperatur,
aber vorsichtig mit dem Brenner.
Ich bevorzuge einen aus dem Baumarkt – vielleicht im Freien etwas üben.“
Marché
1 Vanilleschote 100 ml Milch 1⁄2 Päckchen Vanillezucker 350 ml Sahne 4 Eigelb 75 g Zucker Lavendelöl (siehe Seite 171) 2 Teelöffel brauner Zucker ein paar Lavendelblüten
Mise en place.
Vanilleschote aufschlitzen, das Mark in die Milch drücken, gut vermischen. Milch mit Vanilleschote und Vanillezucker aufkochen und danach vollständig abkühlen lassen. Vanilleschote entfernen und Sahne hinzugeben.
Réalisation.
Eigelbe, Zucker und einen guten Schuss Lavendelöl schaumig weiß aufschlagen. Langsam und auf niedriger Stufe den Sahne-Milch-Mix dazulaufen lassen. Es sollte nicht zu viel Schaum entstehen. Wenn genügend Zeit ist, die Mischung über Nacht kalt stellen, damit sich der Schaum absetzt. In jedem Fall kurz ruhen lassen und den Schaum oben abschöpfen. Die Mixtur in feuerfeste Förmchen (ca. 150 ml) füllen und im Wasserbad bei 160 °C (keine Umluft) stocken lassen. Die Creme ist fertig, wenn sich beim Anstoßen in der Mitte noch ein kleiner weicher Kreis zeigt (Kerntemperatur ca. 72 °C). Vollständig auskühlen lassen und kalt stellen.
Présentation.
Die Creme aus dem Kühlschrank nehmen, denn Crème brûlée serviert man kalt. Mit braunem Zucker bestreuen, 5 Minuten stehen lassen und dann den Zucker mit dem Bunsenbrenner karamellisieren. Dabei unbedingt auf einen feuerfesten Untergrund achten! Einige Lavendelblüten auf den noch warmen Zucker streuen.
Hier geht’s zur Brasserie La Provence:
http://www.brasserielaprovence.de/
Rezepte Stephan Hippe/Boris Krivec
Text Judith Stoletzky
Fotografie Gerd George
Art-Direktion Ursula Ritter
Styling Elke Ruess
Das Buch kostet 37 Euro und gibt es überall im Buchhandel. In der Brasserie La Provence auch signiert.
Und zu guter letzt: Diese Geschichte wurde von niemandem unterstützt.