Naturfotografen sind ein sehr sympathischer Menschenschlag – zumindest haben wir Reisefedern bisher diese Erfahrung gemacht. Deshalb richten wir heute die sieben Fragen an einen unserer Lieblingsfotografen: Jürgen Borris. Seit Anke und ich mit ihm gemeinsam ein Buch über die Lüneburger Heide geschrieben haben, arbeiten wir gern und oft mit ihm zusammen.
Vorstellung: Wer ist Jürgen?
Ich lebe mit meiner Familie in Neuhaus im Hochsolling im niedersächsischen Weserbergland. Einheimische Vögel und Säugetiere sowie deren Verhalten und Lebensräume bilden einen Schwerpunkt meines fotografischen Schaffens, die norddeutsche Waldlandschaft wurde zu meinem bevorzugten Fotorevier. Ich bin Mitglied in der Gesellschaft Deutscher Tierfotografen (GDT) und war von 1999 bis 2001 auch deren Präsident. Neben Multivisions-Bilderschauen, veröffentliche ich meine Bilder in Büchern, Zeitungen und Zeitschriften. Auch in einigen Naturdokumentationen war ich bereits Protagonist, so etwa in „Expeditionen ins Tierreich“ mit dem Titel „Weserbergland – sagenhaftes Niedersachsen“ (Erstausstrahlung 16.12.2009), „Raubtiere des Nordens“ in der Reihe „NaturNah“ im NDR Fernsehen (Erstausstrahlung am 12.07.2011).
1) Welches war Dein schönstes Erlebnis unterwegs?
Von der Landschaft her war das Spektakulärste für mich sicherlich Nord-Norge, also der nördliche Teil Norwegens. Als Naturerlebnis war es für mich die Begegnung mit Wölfen in der Heide. In Niedersachsen so einem Tier in natürlichem Umfeld begegnen zu können, das ist etwas ganz Besonderes. Denn die Wölfe zeigen sehr scheues Verhalten und ergreifen die Flucht, sobald sie Witterung aufnehmen.
2) Welches Erlebnis (auf Reisen) hat Dich nachhaltig beeinflusst?
Das kann ich unmöglich an einem konkreten Erlebnis festmachen. Es ist ganz allgemein das Erleben der Natur, das Hinterfragen der Biologie der Tiere. Zu spüren, dass man noch nicht einmal angefangen hat zu begreifen, was Ökologie heißt, wie wahnsinnig kompliziert das ist. Und wie unwissend und unbedarft wir Menschen Einfluss nehmen und Dinge verändern, ohne die Konsequenzen überschauen zu können. Wir greifen einfach ein und ahnen gar nicht, was wir anrichten. Besonders beeindruckt hat mich der Vortrag einer Forschergruppe in Grönland über die Halsbandlemminge. Man hat entdeckt: Wenn es viele Lemminge gibt, gibt es auch viel Eiderentennachwuchs. Warum, es gibt doch eigentlich gar keinen direkten Zusammenhang? Das ist komplizierter als man denkt: Wenn es viele Lemminge gibt, kommen auch viele Schneeeulen in das Gebiet. Die Schneeeulen wiederum fangen die Wiesel, die die größte Gefahr für das Gelege der Eiderenten darstellen. Das hat mich sehr beeindruckt, wieviel komplizierter die Zusammenhänge in der Natur sind als wir uns das vorstellen.
3) Gibt es einen Gegenstand, den Du auf Reisen immer dabei hast?
Kamera und Fernglas – aber die Kamera hat Priorität.
4) Wenn Du ohne jegliche Alltagspflichten und gesellschaftliche Zwänge leben könntest – womit würdest Du dann den Großteil deiner Zeit verbringen?
Mit Naturbeobachtung, also mit genau dem, was ich bereits tue. Das ist meine Triebfeder dafür, dass ich so viel Zeit draußen verbringe.
5) Welches war das gewöhnungsbedürftigste Essen, das Du je in einer anderen Kultur probiert hast?
Das war auf den Vesterålen, so eine Art Fischfrikadelle. Die war sowas von „geht gar nicht“. Die schwärmerischen Beschreibungen in den Reiseführern hatten bei uns eine riesige Erwartungshaltung geweckt. Da klafften Welten zwischen der Beschreibung und dem, was da auf meinem Teller lag. „Zusammengefegte Fischhalle“ haben wir das Gericht danach scherzhaft genannt…
6) Gibt es Dinge, die Du dank einer Reise an Deutschland bzw. Deiner Heimat besonders schätzen gelernt hast?
Ich vermisse oft im Ausland das deutsche Brot. Und besonders in den USA ist das Essen, das man unterwegs bekommt, für meinen Geschmack ziemlich furchtbar.
7) Welches Reiseziel ist auf Deiner Liste noch offen?
Kanada stünde da für mich an erster Stelle, was die Wünsche anbelangt. Die Natur, aber auch die Berichte über die Lebensart der Menschen und wie sie anderen begegnen, das Klima… das wäre noch ein Wunschziel für mich.
Das hört sich sehr sympathisch an !! Und der Luchshut steht ihm ausgesrochen gut 😉 Toll, mit diesem Beruf so viel Zeit in der Natur verbringen zu können. Ja, das Beispiel mit den Lemmingen und den Veränderungen in der Natur, ausgelöst durch ein paar unscheinbare Faktoren, ist beeindruckend. Alles ist so wunderbar verzahnt, unglaublich. Auf der anderen Seite entwickelt die Natur unglaubliche Kräfte, um etwas auszugleichen, wenn etwas fehlt. Mir scheint, sie findet (fast) immer einen Weg. Ein schöner Beitrag.