Dudelsackmusik, grüne Landschaft und Menschen, die Geistergeschichten lieben und keltische Rituale… Nein, wir sind nicht in Schottland, sondern in Spanien. In der Autonomieregion Galicien pflegt ein Familienbetrieb eine alte Tradition: Hier entstehen in mühevoller Handarbeit Gaitas, die traditionellen Dudelsäcke der Galicier. Wenn Ihr dort unterwegs seid, werdet Ihr mindestens einen Straßenmusiker entdecken, der damit aufspielt:
Wir befinden uns vor den Toren von La Coruña, Galiciens zweitgrößter Stadt. In dem kleinen Vorort Cecebre prangt auf einem Haus in dicken schwarzen Lettern der Nachname einer berühmten galicischen Instrumentenbauerfamilie: Seivane. Und neben der Eingangstür, unter einem geschnitzten Holzschild steht ein Buchsbaum, nicht ohne Grund: Das Holz dieses Baums war jahrhundertelang DER Grundstoff für die geschnitzten Teile der Gaitas.
Die Seele der Seivanes
Álvaro Seivane empfängt uns in einem roten Arbeitskittel und führt uns durch seinen Betrieb: „Früher befand sich die Werkstatt meines Vaters direkt neben der Küche.“ Er ist hier aufgewachsen, zwischen Dudelsäcken, der Werkstatt und keltischer Musik. Vielleicht ist das auch der Grund, dass alle in dieser Familie ein Instrument spielen? Dass seine Tochter Susana Seivane heute zu den berühmtesten Dudelsack-Spielern der Welt gehört? Sie tritt regelmäßig bei internationalen Festivals keltischer Musik auf, stolz zeigt Alvaro auf ein Veranstaltungsplakat. „Und wenn sie dann hier bei uns in der Region ist, ruft sie auch mal ihre Familie auf die Bühne“, erzählt er. „In dem Augenblick sind wir dann ‚Die Seivanes‘.“ Ein aufregendes Gefühl sei das schon, plötzlich vor Zehntausenden Menschen aufzutreten – und da lächelt er strahlend. Die Begeisterung für die Musik scheint man in dieser Familie mit der Muttermilch aufzusaugen. Sie haben ein bisschen was von einer galicischen Kelly-Family… Ein Auftritt sieht zum Beispiel so aus – sogar die kleinsten machen mit (man achte auf den Knirps unten rechts 😀 so süß):
Und trotzdem ist das Musikmachen für ihn und seinen Bruder immer nur Hobby geblieben, Tradition verpflichtet eben: Alvaro leitet zusammen mit seinem Bruder Xosé Manuel die Werkstatt und führt das Geschäft seines Vaters fort. Auch Susanas Schwester Sainza hat sich gemeinsam mit Vater und Onkel lieber dem Instrumentenbau verschrieben. An den Familientraditionen hat sich wenig verändert – nur dass sich die Werkstatt heute nicht mehr nur auf einen winzigen Raum neben der Küche beschränkt. In dem Gebäude befinden sich heute riesige Lagerräume, in denen das Holz viele Jahre lang trocknet und „ruht“ bis eine schöne Gaita daraus entstehen kann. Im Erdgeschoss arbeitet die Familie gemeinsam mit ihren Angestellten in der Werkstatt und im Obergeschoss gibt es noch einen Ausstellungsraum für Besucher.
Und am Ende lassen es sich auch Álvaro, seine Tochter Sainza und sein Bruder Xosé nicht nehmen, mit Dudelsäcken und Trommel ein traditionelles Lied aufzuspielen.
Bei den Galiciern ist eben alles ein wenig anders als im Rest Spaniens. Viele Traditionen erinnern mehr an ihre keltischen Brüder im Norden, allem voran ihre Musik.
Diese Recherche wurde unterstützt vom Spanischen Fremdenverkehrsamt Frankfurt und Turismo de Galicia.
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