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Lost Places in Nordspanien

Industriebrachen, verlassene Dörfer und dem Verfall preisgegebene Häuser – irgendwie faszinieren mich Lost Places mit ihrer düsteren Schönheit. In Nordspanien bin ich einigen begegnet, hier habe ich nun meine Favoriten zusammengestellt:

Die Papierfabrik von Sant Joan les Fonts

Auf meiner Reise in die katalanischen Pyrenäen bzw. in die Vulkanlandschaft von Garrotxa waren eigentlich die einstigen Lavaströme von Sant Joan les Fonts in das Thema. Doch dann kam mir ein Industriedenkmal, die Papierfabrik Molí Fondo, vor die Linse. Sie liegt an einem idyllischen Wasserfall, wurde früher auch mit Wasserkraft betrieben. Bäume wachsen durch das Dachgerippe, Kletterpflanzen erobern das Mauerwerk. Angeblich ist es auch möglich, diese Ruine von innen zu besichtigen, aber dafür blieb leider keine Zeit…

Peguera

Das Dorf Peguera liegt am Weg der guten Menschen (Camí dels Bons Homs). Dort schrauben sich schroffe Felsen in die Höhe und Steinhäuser verfallen langsam vor sich hin. Gleichzeitig blühen in deren Schatten bunte Bergblumen und leuchten um die Wette, Schmetterlinge flattern über die Wanderwege, ein fast unberührtes Naturparadies. „Drama und Schönheit auf engstem Raum vereint“, wie Wanderführerin Charlotte Baltzer es so wundervoll ausdrückt.

Einst lebten hier Minenarbeiter, die Kohle aus der Erde holten. Es gab eine Schule, eine kleine Kirche – bis Mitte des 20. Jahrhunderts die Minen erschöpft waren und die Menschen das Dorf verließen. Noch immer treffen sich jedes Jahr im Juli die Nachfahren der einstigen Dorfbewohner, um hier gemeinsam zu feiern. Das hat aber vielleicht auch bald ein Ende, denn laut Charlotte hat ein Scheich aus Dubai das dramatisch schöne Tal aufgekauft, um hier ein Luxushotel zu erbauen.

Fábrica de Armas de Orbaizeta

Dieser Lost Place, eine frühere Waffenfabrik in Orbaizeta ist mir auf der Hemingway-Route in Navarra begegnet. Komisch, solche Fotos von verlorenen Orten wirken bei strahlendem Sonnenschein immer gar nicht so schön dramatisch…

Aribe

Ebenfalls auf der Hemingway-Route ganz in der Nähe von Orbaizeta liegt dieses ganz besondere Haus: Der Schornstein neigt sich schon bedrohlich zur Seite, Putz blättert ab und auch die Holzteile der Konstruktion sehen nicht mehr allzu frisch aus. Trotzdem strahlt es noch eine tolle Atmosphäre aus, als sei die Zeit stehengeblieben. Und es hat uns fasziniert, weil es eine besondere Geschichte hat: Wenn Hemingway von Pamplona aus in den Norden zum Angeln ging, liebte er besonders einen Platz hier am Fluss in Aribe.

Und in dieses Haus am Fluss (damals eine Bar) kehrte er immer nach dem Angeln ein, um trinkenderweise den Tag ausklingen zu lassen. Wenn man bedenkt, was für ein Bohei andernorts um jede Bar gemacht wird, in der der Autor mal gesessen hat. Da ist es fast unglaublich, dass dieses ehemalige Gaststätte dem Verfall anheimgegeben ist. Nicht nur das: Das Haus stand auch noch für einen Spottpreis zum Verkauf, als wir mit unserer Reisegruppe dort waren. Wir waren ernsthaft am Überlegen, Geld zusammenzuwerfen und das Ding zu kaufen als Feriendomizil für uns alle – und vielleicht die Bar wiederzubeleben. Haben wir aber dann leider doch nicht gemacht… 😉

Die frühere Porzellanfabrik Sargadelos

In der Provinz Galicien produziert noch heute der Hersteller Sargadelos sein berühmtes blau-weißes Porzellan (dazu später mehr). Ganz in der Nähe stehen am eigens dafür angelegten, heute von Moos überwachsenen Wasserkanal die Ruinen der früheren Keramikmanufaktur. Ein verwunschener Wanderweg „El Paseo dos Namorados“ (Der Weg der Verliebten) führt unter riesigen Eukalyptusbäumen entlang bis zu einem künstlichen Wasserfall. Heute für mich ein zauberhafter Ort:

Falls Ihr Geschmack gefunden habt und noch mehr Lost Places in Nordspanien sehen wollt: Auch der Fotograf Stelian ist fasziniert davon und hat auf seinen Wanderungen durch die Pyrenäen viele solcher Orte festgehalten.

Die Recherchen wurden unterstützt von Katalonien Tourismus, Turismo Galicia und dem „Königreich Navarra“.

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Vom heimischen Bauernhof ins Chemielabor und raus in die weite Welt: Heute lebe ich als Journalistin und Autorin - back to the roots - im Weserbergland und darf die Reiselust mit der alten Leidenschaft für Naturthemen verbinden. In unserer binationalen Familie sind wir als Grenzwandler zwischen Deutsch und Spanisch unterwegs.

4 Kommentare

  1. Ich entdecke auch immer wieder gerne solche vetlasseben Orte. Wenn man sich auf sie einlässt, kann man ihre Geschichte förmlich spüren. Dass mit Hemingway ist echt ’n Ding!

    • Ja, nicht wahr? Es hat uns alle danach auf der Fahrt beschäftigt und wir haben herumfantasiert, was man aus diesem Haus machen könnte. Andererseits ist das eben auch ein ziemlich einsamer Ort mit wenig Publikumsverkehr, aber sehr idyllisch.

  2. Es ist dort einfach traumhaft schön und extrem wild und romantisch. Selber bin vor Jahren durch diese Gegend gefahren und gewandert und kann den Bericht hier nur bestätigen und werde durch diesen Bericht wieder an diese damalige Reise erinnert.

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