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Drei Tage Nordsee III – Groden, Museum und Zugvögel am Meer

Heute ist Butjadingen dran, das nordöstliche Ufer des Jadebusens – irgendwo müssen doch Zugvögel zu finden sein?!? Mitten hinein ins Grenzgebiet zwischen Land und Meer, bei Langwarden auf „Deutschlands ersten Qualitätswanderweg durch Ebbe und Flut“. Und dann nach Fedderwardersiel und per Schiff aufs Wasser…

Langwarder Groden

nennt sich der „beste Ort zur Vogelbeobachtung in Butjadingen“, dunkler Schlick und helle Gräser, glitzernde Wasserlöcher und rotgrüner Queller – und ein paar Vögel, wenige bloß, auf den ersten Blick alles Möwen. Überraschend wenige, schließlich ist gerade Ebbe, als wir ankommen, und das Futter liegt frei. Andererseits ist „draußen vorm Deich“ ja auch Ebbe und da locken im Watt noch viel mehr leckere Würmer…

Der Groden ist ein kilometerbreiter Streifen zwischen den Deichen, der einstmals als Weidefläche dem Meer abgetrotzt wurde. Und jetzt wieder zurückgeht an die Natur. Auch hier wurde der niedrigere Sommerdeich ein Stückchen geöffnet, habe ich mir angelesen, damit die Flut hereinkommt wie gestern bei Cappel-Neufeld. Auch dies ist ein Natur-Ausgleich, diesmal für den Bau des Jade-Weser-Ports.

Wasser und Schlick

Aber hier wurden nicht einfach die alten Wiesen überflutet, sondern erstmal gründlich eine Menge Vegetation weggebaggert – das Herz des Groden sind 70 Hektar „Salzwiesen-Entwicklungsfläche“. Hier liegt der Schlick weithin offen und roh, durchzogen von Wasserrinnen. Dazwischen hat sich Queller angesiedelt, die Pionierpflanzen der Verlandung (die als Salat sehr lecker schmecken sollen, leicht salzig delikat?). Gräser und andere Pflanzen folgen, an manchen Stellen schon recht dicht.

Und weil Wege dazwischen und Brücken darüber führen – an einer Stelle sogar ein Bohlenpfad, um bei Flut direkt übers Wasser zu wandeln – lässt sich die Salzwiesenentwicklung persönlich miterleben. Also, für alle, die mal öfter vorbei kommen… Vom Sommerdeich aus blickt man raus aufs Meer (und am Horizont rechts ist dunstig ein Hauch von Bremerhavens Containerkränen zu erahnen) und auf einige fette Vogelschwärme. Aha, *da* sind die Zugvögel!?

Am Groden und seinen Rundwanderwegen kann man ein paar Stunden verbringen, wandernd, pausierend, Infotafeln lesend. Bis zum Kutterhafen Fedderwardersiel geht der Weg, wer nicht laufen mag, kann auch ein rotes Bähnchen erwischen. Auch im Gruden halten Niederungsrinder wieder die dichteren Grasflächen kurz: für die gefiederten Flieger, die hier vorüberziehen und auftanken, wie auch für die, die hier brüten.

Achtung, starke Strömung!

Auf dem Rückweg vom Deich ist inzwischen die Flut gekommen, die Queller stehen tief im Wasser und nur noch höhere Grasflächen liegen frei. Die Strömung kann ganz schön Kraft entfalten, warnt ein Schild, also bei ablaufend Wasser besser nicht von der Brücke fallen! Heute aber sorgt ein Seehund für Aufregung, aalt sich gemütlich auf einer der Grasflächen. Und im Hintergrund huscht schnell noch ein Reh den Deich entlang!

Nur schade, dass für uns keinerlei Info-Tafeln und Fernrohre mehr da waren, nur leere Halterungen… Das steht auch auf den Landkarten: Vom 15. Oktober bis 15. April wird alles abmontiert, was bei den Herbst- bis Frühlingsfluten weggespült werden könnte. Verständlich – und die Leute sind pünktlich: Wir waren am 15. da, aber alle Infos schon weg.
Andererseits: Wenn schon Zugvogeltage ausgerichtet werden, mit dem Groden als ausgewiesenes Ziel – könnte man da nicht noch ein paar Tage lang eine Ausnahme machen? Aber schade isses schon…

Auf zum Kutterhafen

Vom Groden geht’s gleich wieder in die Zivilisation, Fedderwardersiel ist ganz nah. Der kleine Sielhafen, wo schon Oma ihren Granat (Nordseegarnelen) frisch gekocht vom Kutter holte, ist einer der letzten Heimathäfen für Krabbenkutter hier. Eine Institution ist auch das Nationalpark-Haus und Museum hier, das schon seit Jahrzehnten über die Heimatgeschichte von Siel, Watt und Deich informiert.

Seitdem ist es aber nicht nur größer geworden, sondern auch viel schicker, spannender und interaktiver! Überall finden die Kinder was zu gucken, zu betasten oder Schalter zu drücken. An der Schiebekarte wird klar, wie Butjadingen früher vom Festland abgetrennt war. Verschiedene Hörstationen erzählen von Sturmfluten und vom Fischerleben früher und heute. Ein paar alte Objekte haben sogar überlebt, wie das alte Hafenmodell, das Aquarium und das interaktive Ebbe-Flut-Objekt vor Eckwarderhörne.

Definitiv ein Haus, wo ich ein, zwei Stunden verbringen könnte. Eintauchen in das Leben an der Küste. Abends gibt es hier auch manchmal Veranstaltungen, Vorträge oder auch Feines Speisen mit Queller und anderen Wattpflanzen. Und wer die vorgestellte Vogelwelt inklusive der Vorbeiziehenden gleich mal in echt überprüfen will, findet am Fenster zum Meer ein Fernglas…

Und hinaus aufs Meer, Zugvögel gucken!

Wir wollen noch etwas näher ran und besteigen quer vor dem Museum einen alten Kutter, die Wega II. Sie tuckert raus auf den Priel und dann ein Stück aufs offene Meer – noch einen Tick weiter, gefühlt, und wir schaukelten zwischen den dicken Riesenpötten auf der Außenweser, die von Bremerhaven aus den Atlantik erobern….

Und siehe da! Auf dem Priel fahren wir direkt auf der „Außenseite“ des Langwarder Groden vorbei, an der streng geschützten Ruhezone vorm durchstochenen Sommerdeich. Und auf den Buhnen, die ins Wasser hineinragen, sitzen unzählige Vögel. Wieder nur Möwen? Nee… Die erste ist voll von Austernfischern! Eine andere trägt Richtung Land auch einen Haufen Enten – welche Arten?

Ein richtiges Fernglas und ein Bestimmungsbuch wären jetzt gut. „Ornis“ sind leider keine an Bord, dafür viele Familien mit Kindern, die die Fahrt genießen, den Ausblick und die Krabben und Fische, die mit dem Schleppnetz eingeholt werden. Aber da, die  nächste Buhne beherbergt Möwen, Austernfischer und Kormorane. Und noch mehr Enten. Und all die, die ich nicht erkenne. Vielleicht auf ein Neues im nächsten Herbst…?

Ach, und übrigens: Manche Möwen sind manchmal und mancherorts ja auch Zugvögel!

 

Mein Fazit

Für die nächsten Zugvogeltage – oder die eigene Suche, vielleicht im Frühjahr, wenn die Vögel auf der Rückreise sind, empfehle ich geführte Touren. Denn erstens wissen die Ranger, wo sie gucken müssen (falls gerade mal keine großen Schwärme offensichtlich sind…); zweitens sind auf den Touren meist große Ferngläser und Spektive dabei; und drittens weisen Ranger – und mitlaufende „Ornis“ – auch auf die kleinen, seltenen oder einzeln futternden Arten hin. Etwa auf den Steinwälzer oder den Knutt, die wir nicht so als Zugvögel erkannt hätten…

Und viertens: Wenn mal keine Zugvögel da sind, kann man den Nationalpark Wattenmeer auch so genießen. Sich den Wind um die Nase pusten lassen, Schafe aufm Deich zählen und wenigstens mit den Füßen ins Meer. Sogar bei Schietwetter!!! 🙂

 

GUT ZU WISSEN

Die Zugvogeltage 2019 sind zwar vorbei, aber das wissen ja die Zugvögel nicht – da flattert noch so Einiges bis zum Ende der Zugzeit. Vielleicht habt Ihr mehr Glück, falls Ihr gerade an der Nordseeküste seid  – oder sonst wieder im kommenden Jahr.

 

Diese Recherche wurde in Teilen unterstützt von „Die Nordsee“ und Tourismus-Service Butjadingen

Fortsetzungs“roman“:
Und so erging es uns an Tag 1  und  Tag 2 mit der Zugvogel-Suche…

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