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Texel: Safari über die Insel mit vielen Tipps

In einem etwas in die Jahre gekommenen, klapprigen Bulli geht die Tour über die 25 Kilometer lange Insel Texel los, es klappert und poltert und Marcel Wijnalda lacht mich fröhlich von der Seite an: Ja, etwas kalt sei es geworden, aber „Gottseidank ist es ja trocken.“ Eigentlich sei er ja Bio-Grundschullehrer und vom holländischen Festland vor elf Jahren rüber gekommen. Aber die unschlagbare Natur und Vogelwelt der Watteninsel habe ihn einfach gepackt, alle zwei Kilometer ändere sich die Landschaft. „Wenn du Texel wirklich entdeckt hast für dich, dann kommst du immer wieder“, sagt der Naturführer und seine Augen leuchten.

Texel, Holland

Die Niederlande im Kleinen

Das erinnert mich an einen anderen Pädagogen von vor über 200 Jahren: „Nie bin ich glücklicher als bei der Hinfahrt mit dem Boot“, schreibt Ende des 19. Jahrhunderts der bekannte Naturforscher Jan. P. Thijsse über das Übersetzen nach Texel. Als junger Lehrer war er ebenfalls dorthin „strafversetzt“ worden, doch er verliebte sich in das Eiland sowie Marcel es tat. Beide sind beeindruckt von der Pflanzen- und Vogelwelt auf Texel. Die Flora der Niederlande ist nirgendwo vielfältiger als auf dieser Insel. Alle Lebensräume sind hier vertreten: das Meer und die Dünenwelt, Strände, Wälder, Salzwiesen, nasse und eher trockene Polder und natürlich das spannende Watt.

Texel, Holland, Wattenmeer

Zum Festmahl ins Wattenmeer

Marcel zeigt mir zunächst die Mok-Bucht (MOK steht für Military Training Camp, eine Kaserne für Marines in dieser Gegend) mit ihrem Naturschutzgebiet De Hors ganz im Süden von Texel. Schön zum Wandern mit zwei Süßwasserseen, Salzwiesen, Poldern, weißen Stränden und Dünen! Im Mai blühen hier Hunderte von Orchideen. Das Wattenmeer formt sich hier und ist der Flut unterworfen, bei Ebbe ist es überwiegend trocken. Für viele Vögel, wie etwa die Brent-Gänse, ein schönes Festmahl. „Sie sind zurück aus Sibirien, um im warmen Holland bei uns den Winter zu verbringen“, erklärt mir der Vogelliebhaber. Aber auch für Millionen von Limikolen, Enten und Seevögeln ist dieses Seichtwassergebiet mit seinen tiefen Kanälen und Prielen eine unentbehrliche und sehr ergiebige Nahrungsquelle. Und damit auch eine wichtige Rast- und Brutstätte.

Vom Wattwurm und seinem Spaghettihaufen

Später am Strand kommen wir schnell aufs Leben im Wattenmeer zu sprechen. Echt spannend, wie die Tiere vom Watt hier leben! Wie zum Beispiel der Wattwurm mit seinen kleinen „Spaghettihaufen“ mit der Zeit immer kürzer wird, aber sich schnell in seine Wohnröhre im Sand verkriecht – und so mehrere Angriffe von Feinden überstehen kann. Texel ist der größte „Waddendiamant“, wie die Holländer es nennen. Gottseidank steht das europäische Wattengebiet seit 1986 komplett unter Naturschutz und seit elf Jahren ist es sogar Unesco-Weltnaturerbe.

Texel, Vögel, Wattenmeer

Marcel gerät richtig ins Schwärmen, während er so von den Watttieren erzählt. „Die schwimmen hier quasi im Essen und haben Hamburger for free!“ Der Boden sei voller Leben, sichtbar oder auch mikroskopisch – und das Wasser, ob Hoch- oder Niedrigwasser, ständig in Bewegung. Aber auch die schwarzen Feuersteine aus der letzten Eiszeit, von denen ihr viele am Strand hier finden könnt, sind interessant.

Texel, Holland, Meer

Weiter geht’s vom Strand am Hafen von Oudeschild, dem Heimathafen der Fischereiflotte von Texel, vorbei. Winzig und urgemütlich!

Texel, Hafen, Windmühle

Hier könnt ihr übrigens auch eine Krabbentour (siehe unsere Story zum verwegenen Krabbenfischer) buchen, euch den eisigen, aber frischen Wind der Nordsee um die Nase wehen lassen. Das befreit die Nase – und den Kopf, all der Stress zuhause ist plötzlich wie weggefegt.

Texel, Krabbenfischer

Schafe, Schafe und nochmal Schafe

Wieder an Land, zeigt Marcel mir noch das Gebiet rund um den Hoge Berg, zwar mit 15 Metern nicht richtig hoch, aber trotzdem eines der schönsten und ältesten Areale von Texel: Überall Felder, Schafscheunen, die so genannten Schapenboeten, niedlich grasende Schafe, von denen es hier weit mehr geben soll als die rund 13 500 Insulaner, natürliche Zaunwälle und Bauernhöfe. So friedlich alles, voller Ruhe und Harmonie….

Gemütlichkeit im Fischerdorf Oosterend

Zum Schluss geht’s noch ins Fischerdorf Oosterend – urgemütlich und so richtig schön holländischer Charme. In der Kerkplein Nr.11 steht ein 350 Jahre altes, denkmalgeschütztes Küsterhaus: Das Wijnhuis Texel bietet eine Vielfalt von Weinen an. Aber spannender sind die Kräuterschnäpse und Liköre, die im winzigen Keller produziert werden. Nach der Radtour ein Gläschen gönnen ….

Texel, Holland, Meer

Malerische kleine Gassen mit alten Giebeln umringen in Oosterend eine der ältesten Kirchen der Niederlanden, die große Maartenskerk aus dem Jahre 1206. In dem urigen Dörfchen, rund zwei Kilometer vom Wattenmeer entfernt, leben immer noch einige Fischer und viele Künstler.

Texel, Oosterend

Texel, Oosterend

Wer am Ende des Tages noch einmal zum breiten Sandstrand möchte, um einen leckeren Kakao (auch natürlich mit Schuss möglich) mit warmen Apfelkuchen und Sahne zu essen, sollte einmal das Strandpaviljoen Paal 17 in De Koog ausprobieren.

Texel, Strandlokal, Paal 17

Ideal auch mit kleinen Kindern, eine große Terrasse. Und die Seehundstation Ecomare ist direkt um die Ecke.  Inklusive Vogelpflegestation. Schon in den 50ern wurden hier die kranken Meerestiere mit den großen Kulleraugen und elternlose Jungtiere aufgenommen, gesund gepflegt und dann wieder frei gelassen.

Texel, Ecomare, Robbe

Infos

  • Wer Marcel Wijnalda für Naturführungen über die Insel, Wattexkursionen etc. (Gruppen ab vier Personen, ganzjährig möglich) buchen möchte, über TXgids. Ideal auch mit der Familie, Marcel kann die Tour sehr kindgerecht gestalten. Seine Frau leitet ein Bed & Breakfast in Oosterend mit schönem Blick ins Naturschutzgebiet auf der Waddenseite, zwei gemütliche Zimmer über Mare Nostrum Texel.

Bei dieser Reise in den Norden unterstützte mich der VVV Texel und das Hotel Texel. Mehr Infos auch unter Wadden und Wadden Islands – oder für abends. Wer gerne noch mehr zu dem Eiland mit 1690 Sonnenstunden im Jahr, damit Spitzenreiter in den Niederlanden, lesen möchte, hier eine Story zu kulinarischen Tipps.

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