Frühling, die schönste Zeit rauszugehen! Am liebsten in den jetzt quietschgrünen Wald: Wandern auf dem Kammweg im Ith.
Nicht nur, aber vielleicht gerade in diesem außergewöhnlichen Frühling, in dem ein Virus die Welt in Atem hält, zieht es mich raus ins Grüne. Ich liebe den Wald besonders, wenn die Buchen ihre hellgrünen, noch ganz zarten Blätter entfalten. Diese Zeit ist irgendwie magisch. Allein die Farbe, quietschgrün uns voller Energie! Eine Farbe, die nur ganz kurze Zeit anhält. Also los und raus in den Wald!
Im Ith
Eine halbe Stunde Zug- oder Autofahrt von meinem Wohnort erstreckt sich der Ith, ein langer, schmaler Höhenzug im Weserbergland. Bewachsen ist er, wie alle Höhenzüge in dieser Region, mit Buchenmischwald. Und mit jeder Menge Bärlauch, habe ich mir sagen lassen. Tatsächlich: Weite Strecken des Waldbodens sind tatsächlich mit Bärlauch bedeckt! Bärlauchteppiche bis zum Horizont… Das zieht im Frühjahr die Sammler an, die zuhause ein kräftiges Pesto daraus fabrizieren (und hinterher selbstbewusst behaupten, nach Bärlauch riehe man garnicht. Nur um das mal klarzustellen: Doch Leute, tut man…).
Als ich am vergangenen Wochenende von Lauenstein aus auf dem Kammweg durch den nördlichen Ith wanderte, stand der Bärlauch in voller Blüte. Weiße Blütenbälle überall. Und der unverwechselbare Geruch nach, ja Bärlauch eben, hing noch immer deutlich in der Luft (es heißt ja, er verlöre sein Aroma mit der Blüte). Aber auch zart violett blühende Blumen, die wie Schaumkraut aussahen, mischten sich ab und zu darunter und vermochten den Bärlauch-Geruch manchmal sogar mit ihrem lieblichen Duft zu übertönen. Auch einige rote und gelbe Taubnesseln blühten am Wegesrand.
Los gings am kleinen Wanderparkplatz, nachdem sich die Straße hinter Lauenstein in mehreren Serpentinen den Hang hinauf geschraubt hatte. Auf dem Schotterplatz stand neben zwei Autos nur ein kleiner Camper, deren junge Bewohner auf Klappstühlen hockten und Kaffee in der Morgensonne tranken. Sie sahen eindeutig aus wie Kletterer, die anschließend einen der in Kletterkreisen bekannten Ith-Hänge bezwingen würden. Tatsächlich stand der Bus, als wir am späteren Mittag zurückkehrten, noch dort, die Jungs waren weg. Bestimmt klettern.
Bergauf
Vorbei an der Kaffeetafel, an einer Schranke entlang. Die ersten paar hundert Meter folgt man nun einem Schotterweg bergauf, biegt dann links auf einen Waldweg ab und hat bald den Kamm erreicht. Hier verläuft der Ith-Hils-Weg und ein Teil des Europäischen Fernwanderwegs E 11 Niederlande-Harz (die Vorstellung hat was, dass die Holländer zu Fuß statt mit dem Wohnwagen in den Harz kommen…).
Die nächsten vier bis fünf Kilometer ging es nun immer auf dem Kammweg entlang. Der ist definitiv einer der schönsten Waldwege in Niedersachsen, die ich bisher gegangen bin. Auf der einen Seite fällt der bewaldete (und bebärlauchte) Hang deutlich ab, auf der anderen geht es dann richtig steil bergab. Dabei wehte trotz sonnigen Wetters ein ziemlich kalter Wind. Es war ja auch immer noch recht früh am Morgen.
Die steile Seite entpuppte sich als Steinbruch mit Abbruchkante. Schilder warnten mehrfach vor Absturzgefahr, später waren es natürliche Felsformationen (an denen wie erwähnt gern geklettert wird). Der weite Blick von hier oben ins Weserbergland verdient auf jeden Fall den anerkennenden – wenn auch etwas abgenudelten – Begriff Panorama.
Bei Rapunzel
Leicht Bärlauch-beduselt, tauchte nach der rätselhaften Präsidenten-Grotte (welcher Präsident? Welche Grotte? Doch eher ein rundes Steinmäuerchen?!) und schätzungsweise zwei Kilometern Weg der Ith-Turm vor uns auf, ein runder Rapunzelturm aus Stein. Würde ein langer Zopf hinabhängen, es wunderte hier wohl keinen.
Leider hatte der Turm Corona-bedingt geschlossen, sonst wäre der Ith-Blick vermutlich noch ein wenig beeindruckender gewesen. Vielleicht wäre ja auch Rapunzel oben anzutreffen gewesen? Wir würden es leider nicht mehr erfahren… Weiter ging´s in Richtung Coppenbrügge. An einer Felswand standen, weit unten, Kletterer und rüsteten sich zum Aufstieg. An einem Abzweig führte ein Weg hinunter, andere Wanderer hatten als Warnung „Steil, gefährlich“ auf das Schild geschrieben. Man sollte die Warnung trotz der meist lieblichen Landschaft wohl besser erst nehmen, dann an anderer Stelle standen zwei Grablichter und ein Kreuz. Hier war wohl jemand abgestürzt.
Zurück auf Schotter
Nach weiteren zwei Kilometern waren schließlich Adam und Eva erreicht, eine Felsformation aus zwei einzeln aufragenden Felsen, doch wir bogen kurz vorher scharf rechts ab. Wären wir weiter geradeaus gegangen, wären wir im Naturschutzbegiet Naturwald Saubrink/Oberberg gewesen, in dem der Wald wieder so wachsen darf, wie er will. Zunderschwämme an Totholz zeugten direkt am Wegesrand davon. Wo kein Bärlauch wächst, steht hier Waldmeister. Borkenkäfer haben an toten Baumstämmen ihre typischen Fraßspuren hinterlassen.
Einige Höhenmeter abwärts, dann trafen wir – nach ausgiebigem Picknick an einem sonnigen Plätzchen – auf den Rückweg. Nahezu ohne Steigung, nun aber leider auf Schotterwegen, ging zurück zum Parkplatz. Keine ganz neue Erkenntnis: Fünf Kilometer Schotterpiste können sich ziemlich ziehen. Wer also darüber nachdenkt, einfach den Kammweg zurückzugehen: gute Entscheidung. Einige andere Wanderer und ein Mountainbiker kamen uns entgegen, am Parkplatz drängte sich nun Auto an Auto, manche waren sogar schon an den Rand der Landstraße ausgewichen. Fazit: Die gut zehn Kilometer lange Runde ist leicht und eine schöner Familienwanderung. Und man macht nichts falsch, wenn man früh startet.
Tipp: Diese und viele weitere schöne Wanderungen durch Südniedersachsen (zwischen Weser, Hildesheim, Harz und Hann.Münden) findet ihr im Rother Wanderführer Südniedersachsen von Mark Zahel, ISBN 978-3-7633-4552-6, 14,90 €. Am besten bei eurer lokalen Buchhandlung kaufen, die braucht das Geld dringender als Jeff Bezos.
Wie immer mit Höhenprofil, GPS-Daten und Kartenausschnitten. Der Wanderführer wurde mir vom Rother Bergverlag als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt.
Mehr Wandergeschichten? Haben wir, wie wäre es aus Tirol, dem Harz, Mallorca oder dem Berchtesgadener Land?
Liebe Anke, das ist ja ein Ding! Wir waren auch gerade im Ith, und zwar gleich ein ganzes Wochenende. Obwohl wir in Braunschweig nur etwa hundert Kilometer entfernt wohnen, hatte ich vorher noch nie etwas über diesen kleinen Höhenzug gehört. Wir sind ganz bezaubert von der Gegend! Gerade eben habe ich meinen Artikel über den Ith veröffentlicht. Wenn du magst, schau doch gerne mal rein: https://anwolf.blog/2020/05/26/dachzeltpremiere-und-dabei-den-ith-entdecken/
Herzliche Grüße von Andrea
Liebe Andrea, das ist ja wirklich lustig! Ja, der Ith ist echt schön… und wie cool, ein Dachzelt! Damit habe ich auch immer schonmal geliebäugelt, aber eure Regenerfahrung lässt mich doch weiter zweifeln, ob so eine Minimallösung das Richtige ist.
Liebe Grüße nach Braunschweig!
Hi Andrea, das mit dem Dachzelt ist eine geniale Idee für Kurztrips! Passt auf jedes Auto (mit Träger?) drauf? Liebe Grüße von Karin