Teneriffa bietet viel mehr als sonnige Badestrände und hässliche Urlaubszentren. Auf der Insel des ewigen Frühlings kann man auch gut wandern, zu Fuß die Vulkanwelten von Teide und Tenogebirge entdecken. Eine ganz eigene Welt offenbaren Wanderwege durch Kiefern- und Lorbeerwälder.
Dunkle Steinbröckchen klirren unter den Schuhen, es ist federleichtes Vulkangestein. Die Roques de García ragen in den Himmel, ein Pfad führt durch diese imposante Ansammlung von Felsbrocken und Felsentürmen. Dahinter thront majestätisch der Teide-Gipfel. Ein noch aktiver Vulkan und auch der jüngste Teneriffas. Er ist an der Spitze gesprenkelt mit hellen Schwefel-Flecken, die aus der Ferne an Schnee erinnern. Und nicht selten bedeckt den Teide im Winter tatsächlich ein Schneekleid. In Teneriffas Inselmitte dominiert er alles. Mit 3.718 Metern ist der Teide zudem Spaniens höchster Berg. Und er ist als Nationalpark geschützt.
Farbspiel des Gesteins
Vom Besucherzentrum Canadas Blancas läuft man zur Felsenwelt der Roques de García, ein beliebter und leichter Weg. Das Farbenspiel des Gesteins variiert von tiefschwarz über braun und gelb bis rötlich, eine faszinierende, außerirdisch anmutende Landschaft. Dann geht es hinab in die Caldera, der Kraterkessel, vorbei an einem tiefschwarz erstarrten Lavastrom.
Nur wenige Fahrminuten entfernt, am Ausgangspunkt Montaña Blanca treffen wir fast keine Menschenseele mehr. Gelb wie Wüstensand leuchtet hier die Vulkanlandschaft, ungefähr auf 2.300 Metern Höhe. Sand ist es nicht, sondern Geröll, bestehend aus kleinen und kleinsten Steinen. Braune und schwarze Felsbrocken heben sich vom gelben Boden ab.
Ein staubiger Pfad führt durch diese Halbwüste, gespickt mit mehr oder weniger vertrockneten Ginsterbüschen. Bleiche Äste liegen herum. Die Szenerie erinnert an den amerikanischen Wilden Westen. Und selten waren meine Wanderschuhe dermaßen eingestaubt wie hier. Dabei ist die Luft am Teide frei von Verschmutzung und sehr trocken. Der Naturforscher Alexander von Humboldt bemerkte hier im 18. Jahrhundert „die Durchsichtigkeit der Luft“, und sie bietet immer wieder herrliche Ausblicke auf die Nachbarinsel La Gomera.
Corona Forestal
Dabei kann die Vulkan-Welt des Teide noch mehr zaubern. Nämlich Corona. Ja, man mag das Wort kaum mehr aussprechen, aber tatsächlich hat auf Teneriffa Corona eine sehr angenehme, positive Bedeutung: Corona Forestal heißt der Waldkranz, der den Teide weiter unten auf der Höhe ab 700 Metern umgibt. Eine Art grüne Lunge. Dort wachsen kräftige kanarische Kiefern, das Bild ist wie gemalt: Tiefblauer Himmel, das Grün der Kiefernnadeln auf schwarzem Vulkangestein. Die Nadeln sind besonders lang, so können die Bäume viel Feuchtigkeit aus den Passatwolken aufnehmen, die dann zu Boden tropft. Oft ziehen die Passatwolken mittags im Norden Teneriffas auf.
Waldwanderungen kann man auch im niederschlagsreichen Norden des Tenogebirges machen, unterhalb der beiden Gala-Gipfel, zwischen kopfhoher Baumheide und Lorbeerbäumen. Unterwegs kommen wir an einer einfachen wie schlauen Vorrichtung vorbei, am Nebelfänger. Es handelt sich um ein gespanntes Netz, das aussieht wie ein Volleyball-Netz, aufgespannt zwischen zwei Pfosten, darin fängt sich die Feuchtigkeit aus den Passatwolken, das so gemolkene Wasser wird gesammelt und in der Landwirtschaft genutzt.
Im Tenogebirge
Das Tenogebirge, im Nordwesten der Insel gelegen, ist die älteste Vulkanlandschaft Teneriffas. Eine der schönsten Wandertouren verläuft auf der Bergkette Cumbre de Bolico. Der Weg führt oben auf dem Kamm über rötlich-braunes Vulkangestein, knapp vorbei an den stacheligen grünen Schläuchen der Wolfsmilchgewächse. Sie sind bestückt mit ebenfalls rot-braunen Blüten.
Auf verwilderten Terrassenfeldern knabbern Ziegen an einzelnen Gräsern, dazu bimmeln laut die kleinen Glöckchen, die sie um den Hals tragen. Die Ziegen sind dreifarbig: braun, schwarz und weiß. Die kleine Herde gehört zum Dorf Teno Alto, wir probieren die verschiedenen Ziegenkäse-Spezialitäten. Nicht weit entfernt liegt Masca, es gilt als schönstes Dorf der Insel. Dort ist der Einstieg in die Masca-Schlucht, die vielleicht bekannteste, anspruchsvolle Wanderroute auf Teneriffa. Sie führt direkt zum Meer.
Infos zum Vulkanwandern auf Teneriffa
Mehr zur Teide-Gipfelbesteigung und auch einige leichtere Wandertouren findet ihr unter www.volcanoteide.com.
Allgemeine Infos zu Teneriffa sowie weitere Wandertipps: www.webtenerife.de
Herzlichen Dank an Wikinger Reisen, der Veranstalter ermöglichte mir diese Reise. Er hat einige individuelle oder auch geführte Wandertouren auf Teneriffa im Portfolio.
Gut über die Insel geführt hat mich zudem der aktuelle Michael Müller-Band „Teneriffa“ (er enthält 11 Wanderungen und ich habe ihn als Rezensionsexemplar bekommen), verfasst von Irene Börjes, 9. Auflage 2020, 17,90 Euro.
… Fernweh? Mehr Kanaren-Beiträge haben wir hier: Lieblingsziel La Gomera, Mystischer Nebelwald auf La Gomera, Seele baumeln lassen auf Fuerteventura, Sonne tanken auf Gran Canaria.