Ausflug, Familie, nachhaltig, nah dran, Reisen
Kommentare 2

Finnland im Herbst: Bäume kuscheln und Hängematte-Schaukeln im goldgelb leuchtenden Halipuu-Wald

Erst dachte ich: Bäume umarmen, kuscheln mit der lappländischen Kiefer, was soll das denn? Ganz schön esoterischer Kram… Aber dann treffen wir auf ein wirklich nettes Ehepaar mitten in ihrem persönlichen Halipuu-Wald, Riitta und Steffan. Die zwei entführen uns förmlich in den Wald voller Birken und eben Kiefern und zeigen uns die Magie des Waldbadens. In einem Wald, der eins gefällt werden sollte mitten in Levi, im hohen Norden von  Finnland. Rund 170 Kilometer nördlich vom Polarkreis, in Lappland. Wo der goldene Herbst, die Finnen nennen ihn „Ruska“, gerade so richtig schön goldgelb leuchtet. Und die eisige Kälte mit ihrem Nebelschleier morgens schon über die Flüsse kriecht. Den Winter ankündigt.

Das biologische Wissen in den Genen

Die Finnin Riitta Raekallio-Wunderink hat ihre ganze Kindheit im Wald verbracht. „Die Liebe zur Natur“, sie nennt es „biologisches Wissen“, sei ihr in ihre Gene eingepflanzt worden. „Ich bin am Polarkreis geboren. Wenn ich keine Beeren und Pilze im Wald sammeln gehen kann, werde ich nervös“, erzählt die 48-Jährige mir. Und schon erklärt sie uns schnell einiges zu finnischen Waldbeeren:

IMG_1674

Einen Baum in Lappland adoptieren

So ist auch die Geschichte ihres Vaters, Pappa, so eng mit den Bäumen verbunden. Pappa wurde mit seiner Familie im Zweiten Weltkrieg von den Russen umgesiedelt und landete im Weiler von Veitservasa, in der Gegend von Levi, wurde mit jungen zwölf Jahren Holzfäller. Später besaß die Familie  ein Stück Wald mit heutzutage riesigen Birken und lappländischen Kiefern in Levi. Der Wald wurde ihre Einkommensquelle, egal ob es das Holz war oder der Rasen für Gärtnereien. „Eigentlich hätten wir die Bäume fällen müssen, doch dann hatten wir die Idee, sie zur Adoption frei zu geben“, erklärt Riitta. Japaner nahmen sie als ihre „Kuschelbäume“. Die mittlerweile rund 100 Jahre alten Bäume blieben – und weitere „verrückte“ Ideen wurden verwirklicht.

Bäume umarmen senkt Stresshormone im Blut

Riitta lädt ihre Gäste im Wald aber auch zum „tree hugging“ ein, die Bäume zu umarmen, zu kuscheln. Sie schließt die Augen, breitet die Arme aus und umschließt den Stamm. Atmet tief ein. „Die Phytonziden der Kiefern einzuatmen, hat einen beeindruckenden Effekt auf den Körper. Es senkt das Stresshormon Kortison ebenso wie das Adrenalin. Es senkt aber auch den Blutdruck und erhöht die weißen Blutzellen.“ Ich probiere es aus und umarme den Baum vor mir. Atme tief ein, nehme die zwitschernden Vögel wahr – mit geschlossenen Augen. Ein beruhigendes Gefühl. Tut gut.  „Zwei Stunden im Wald gibt dir für Wochen einen positiven Effekt, meint Riitta. Gut fürs Immunsystem. Und dann zeigt sie auf die wehende Flechte an den Baumstämmen der Birke.

Ein Zeichen für extrem saubere Luft, Flechte überlebt nicht bei dreckiger Luft. Japanische Forscher schätzen, dass es in Levi die sauberste Luft des bewohnten Teils der Erde gibt. Dank Naava – einer speziellen, sehr empfindlichen Flechtart.

Cocooning im Halipuu-Wald

In dieser frischen Luft zeigt uns Riitta dann noch eine besondere Art, mitten zwischen den hohen Halipuu („Baum umarmen“ auf Finnisch)-Bäumen zu entspannen. Ich lasse mich in eine große Hängematte zwischen zwei Baumriesen fallen, hebe die Beine rein und schließe die Augen. Riitta packt mich mit einer dicken Wolldecke ein – schubst mich an und lächelt sanft. Ich mummele mich ein und versuche mal an nichts zu denken, während ich so vor mich hin schaukele … Fällt schwer.

Würziger Chai Latte vom Lagerfeuer

Während ich entspanne, kredenzt Riittas bessere Hälfte, Ehemann Steffan, aus Holland übrigens, seinen preisgekrönten „Dirty Forest Chai Latte“. Nach selbst entwickeltem Rezept mit gepflückten Wacholderbeeren und Birkenblättern. Superlecker! Und ich trinke wirklich oft Chai Latte! Der hier ist einzigartig gut! So gut, dass er schon in Starkoch Gordon Ramsay’s TV-Show getestet wurde. „Der kam mit 60 Leuten, seiner Filmcrew, zu uns in den Wald“ –Campfire-Barista Steffan ist sichtlich stolz! Verdientermaßen. Und dazu gibt’s von Riitta noch selbst gebackene Beeren-Cookies.

Übernachtungstipp für Levi

Tief in den Wäldern von Levi liegt das kleine verwunschene Dörfchen der Elfen, Tontulla. Zur nahenden Weihnachtszeit ein weißer Traum nicht nur für kleine Gäste.

Fernab von den Straßenlichtern existiert hier für die arktische Nacht und ihre Nordlichter ein besonderer Spot. Übernachten können Gäste in den Crazy Reindeer Aurora Pyramids, kleine, urige Cottages mit Glaspyramiden: Vom kuscheligen Bett aus gibt’s die Nordlichter quasi als Bonbon bei Nacht dazu! Und wer abends noch in die Sauna möchte, kein Problem: Im alten Holzfällerhaus aus dem 19. Jahrhundert können bis zu 15 Leute saunieren – und sich hinterher im Ounasjoki-Fluss abkühlen. Ein finnischer Traum!

Unterstützt hat mich bei dieser aufregenden Pressereise ins finnische Lappland u.a. Visit Levi, Visit Finland und Finnair. Finnair fliegt von Düsseldorf über Helsinki nach Lappland, genauer gesagt Kittilä, einem winzigen Flughafen nahe Levi. Und in Helsinki gibt’s sogar eine kleine feine Sauna in der Lounge und einen schmackhaften Rentier-Burger fürs Warten. Von Helsinki aus wären es übrigens mit dem Auto – sage und schreibe – 900 Kilometer durch Finnlands einsame Wälder bis nach Levi. Das größte Wintersportzentrum Finnlands – mit allein rund 230 Kilometern Loipe, einer Weltcupslalom-Strecke und 44 alpinen Abfahrten. Sieben Monate Schneegarantie. Los geht’s Anfang Oktober für diesen Winter!

Wer noch mehr bei uns zu Finnland oder den nordischen Ländern lesen möchte, schaut gerne zum Beispiel in folgende Storys: die Rote Leuchtturm-Dame, die Samis in Norwegen oder Sven und die Huskys.

2 Kommentare

  1. Hi Sandra, ein super schöner Text, und das Bäumeumarmen – nun, das entspannt ja alleine schon beim Lesen… Liebe Grüße, Karin

Kommentar verfassen