Bereits seit etlichen Jahren gilt die Mother City als Schmelztiegel für Kreative und Designer aus aller Welt. Seien es nun Modeschöpfer, TV-Produzenten, Möbeldesigner, Keramikkünstler, Kunstschmiede oder Maler. Sie alle tummeln sich in Kapstadt. Dieses Jahr ist die zweitgrößte Stadt Südafrikas sogar Welt-Designhauptstadt. Viele der 460 Projekte zeigen auf, wie Design auch die sozialen Lebensverhältnisse verändern kann. Ich habe einige in Kapstadt und Umgebung besucht, aber auch ein paar Tipps zusammengestellt, wo ihr toll übernachten, entspannen und in Design-Umgebung essen gehen könnt.
Der Keramikkünstler „In meinem Dorf in Eastern Cape haben wir noch Kühe gemolken, aber auch die Traditionen unserer Stämme sind lebendig in mir“, erzählt mir Andile Dyalvane mit der wilden, kaum zu bändigenden Dreadlocks-Mähne. „Diese Szenen stecken tief in meinem Kopf und übertragen sich unbewusst auf meine Töpfer-Kunst.“ Mitte der 1990er wagt es der heute 35-Jährige, in die hippe Metropole zu gehen, um Kunst und Design zu studieren. Der Anfang ist hart, zunächst lebt er mit seinem Vater im Township Gugulethu, 18 Kilometer entfernt von Kapstadt. Doch der talentierte Andile schafft es aus eigenen Stücken, aus dem Arbeiterviertel herauszukommen.
Szeneviertel Woodstock – der Tipp für Design Heute hat er sein eigenes Studio zusammen mit der Künstlerin Zizipho Poswa in der Old Biscuit Mill im Szeneviertel Woodstock – einst eine heruntergekommene Industriegegend – und stellt seine Keramikkunst in Museen und Lodges aus. Die alte Keksfabrik an der Albert Road und die Gegend drumherum ist der kreative Sammelplatz in Kapstadt schlechthin: Designer, Fotografen, Maler, Kunstschmiede, Antiquitätenhändler und ebenso hervorragende „Tempel“ für innovative Food-Kreationen haben sich hier angesiedelt – ganz abgesehen von dem vielfältigen Schlemmer- und Flohmarkt, der jeden Samstag in der Halle nebenan veranstaltet wird. Aber auch Festivals und Fotografie-Ausstellungen locken viele Künstler und Kunstinteressierte an.
Die Konkurrenz in Kapstadts Designerszene ist stark geworden: Gerade seit den letzten fünf Jahren arbeiten neben Andile auch viele andere renommierte Künstler in der zweitgrößten Stadt Südafrikas. Insgesamt tummeln sich über 1500 Designer aus den Bereichen Mode, TV, Möbel, Kunsthandwerk in stilvoll restaurierten Fabrik- und Lagerhallen. Ateliers, Galerien, trendige Cafés und Handwerksmärkte schießen wie Pilze aus dem Boden, vor allem an der Sir Lowry Street und Albert Road.
Ein Tipp zum Shoppen von moderner Kunst, handgemachten Ledertaschen, Malerei: Woodstock Exchange an der 66 Albert Road.
Urbane Stadtentwicklung Gleich um die Ecke von Woodstock zeigen mir drei junge Landschaftsarchitekten, dass Design über bloße Kunst hinausgeht und ebenso urbane Stadtentwicklung bedeutet. Sie modernisieren gerade einen Straßenzug im ehemals düsteren Viertel Salt River. David Gibbs und sein Team bauen einen Park aus, mit kleinen Teichen und einheimischen Pflanzen, ebenso wird eine alte Textilfabrik in Büros, Shops und Cafés umgewandelt. „Wir verstehen Städteplanung als Verbesserung der Lebensverhältnisse in einem Viertel“, sagt mir Gibbs. Und Salt River war bisher geprägt von Kriminalität und anderen sozialen Problemen. Die engagierten Architekten wollen „neue Verbindungen zwischen Nachbarn“ schaffen, um auch die Gegend sicherer zu machen. „Sicherheit hat mit Eigentum zu tun: Wer stolz auf sein Haus ist, kümmert sich auch darum“, findet der Kapstädter.
Township-Art Doch auch in den Townships außerhalb der Metropole entsteht Design: Einheimische wie internationale Künstler verwandeln Wellblechhütten und Häuser in Galerien: Beim „Maboneng Township Arts Experience“ im Herzen der ältesten Siedlung Kapstadts, Langa, öffnen Bewohner wie Thombakazi Nbabula Gästen ihre Haustüren – und zeigen Licht- und Videokunst neben vergilbten Kinderfotos und roten Stoffsofas. Die 47-Jährige sieht den Bildungseffekt für Kinder im 150 000 Einwohner starken Township: „Die Kleinen lernen etwas über Kunst – und vielleicht öffnet das eine neue Tür für sie und ihren weiteren Lebensweg.“ Design bedeutet in der südafrikanischen Metropole weit mehr als reine Handwerkskunst: Es geht auch darum, Lebensverhältnisse zu verbessern, Menschen zu verändern.
– Zwei Tipps zum Übernachten: – die modern-elegante Weinfarm Steenberg mit Hotel und dem Bistro Sixteen82 (außergewöhnliche Tapas auf südafrikanische Art) im Constantia Weintal, eine halbe Stunde von Kapstadt entfernt. Toll ist hier auch das Picknick inklusive Weinprobe auf dem Rasen vor dem Bistro, direkt im Weinberg. Steenberg Farm zählt zu den ältesten Weingütern Südafrikas, unbedingt besuchen! – Und wer in der City sein will: Übernachten in schick-restaurierten, ganz in weiß gehaltenen Stadtvillen – More Quarters im urigen Kapstädter Viertel Gardens, ein paar Minuten vom Zentrum.
– Wer einmal rauskommen will – ein Tipp zum Entspannen: Ideal ist das zweieinhalb Stunden von der Mother City entfernte Naturreservat Grootbos des Deutsch-Südafrikaners Michael Lutzeyer nahe Gansbaai: Alle Lodges und Villen (edel-modern, mit Pool, Privatbutler und eigenem Koch…) haben ein atemberaubendes Panorama über die 2500 Hektar große, mit Fynbos bewachsene Ebene bis hin zu der Walker Bay – einem Schutzgebiet für Wale.
Spannende Aktivitäten: Höhlentouren, Blumensafaris mit Naturguides, turbulente Whale Watching-Touren, Weinproben – oder ihr besucht die berufsbildenden Projekte, die Michael mit seiner Grootbos Stiftung aufgebaut hat, wie etwa die Gartenschule für junge Leute aus den Townships.
– Zwei Tipps zum Essen in Design-Umgebung: zwei Top-Restaurants in der Old Biscuit Mill (373-375 Albert Road, Woodstock): – das Test Kitchen: exquisite, für südafrikanische Verhältnisse hochpreisige, aber absolute Sterne-Küche. Die Köche unter Chef Luke Dale-Roberts kredenzen die kleinen, aber exzellenten Speisen in der offenen Küche direkt vor den Augen der Gäste. Hier solltet ihr unbedingt ein paar Wochen vorher reservieren! Tel. +27 (0) 21 447 2337. – und im Dachgeschoss des historischen Silos der Fabrik: der Potluck Club, genauso super: Tapas aus der ebenfalls offenen Kocharena. Reservierung unter Tel. +27 (0)21 447 0804 oder online.
– Shopping-Tipp für Kunst aus dem Township: das Non-Profit-Monkeybiz Bead Project mitten in Kapstadt. 450 Frauen aus den Townships kreieren seit dem Jahr 2000 alles Mögliche aus Draht – kleine Püppchen, Giraffen, Affen, Schlüsselanhänger… Der Laden liegt an der 61 Wale Street.
Die Reise wurde unterstützt von: South African Tourism.
Wer Lust hat, noch ein paar andere Themen zu meiner Lieblingsstadt in Südafrika zu lesen: eine spannende Township-Tour oder die Schlemmertour auf dem Neighbourgoodsmarket.
Tolle Tipps, tolle Bilder! Ich wusste gar nicht, dass es eine Weltdesign-Hauptstadt gibt. Aber das ist eine herrliche Idee eine Stadt so zu betrachten! 🙂
Vielen lieben Dank. Kapstadt ist aber auch einfach eine grandiose Stadt, trotz all der Probleme, die die Stadt und das Land haben.