Ein süßlicher Apfelgeruch weht vom Nebentisch herüber, die jungen Mädchen mit den tiefrot geschminkten Lippen kichern am Handy, grinsen mich an – und ziehen immer wieder an ihrem langen Shisha-Schlauch. Trotz des Kopftuches, mit dem sie ihr langes Haar bedecken, sehen sie aus wie ganz normale Teenager. Ich sitze mitten im trubeligen Amman.
Und doch ruft in der Ferne der Muezzin die Gläubigen zum Gebet. „Bis in die 80er Jahre waren Frauen hier in Kaffeehäusern nicht erlaubt“, erzählt mir Aymn Tadros. Ich sitze mit dem Jordanier auf der Dachterrasse des Café Wild Jordan, nippe an einem frisch-herben Zitronenwasser – Alkohol ist immer noch ein Tabu – und blicke über das riesige Häusermeer von Amman, der Hauptstadt von Jordanien.
„Noch in den 60ern war auf den sieben Hügeln außer ein paar Beduinen noch gähnende Leere, keine Straße – nichts“, erzählt Aymn in fließendem Deutsch. Der charmante Ammaner hat fünf Jahre in Düsseldorf studiert.
Die weiße Stadt wächst und wächst
Mittlerweile drängen sich in der Hauptstadt Jordaniens weit über zwei Millionen Einwohner. „Viele Flüchtlinge aus Syrien, Israel und dem Libanon.“ Die niedrigen Steinhäuser, die die Hügel bedecken, sehen aus wie eine Zusammenballung tausender weißer Würfel. Dazwischen immer wieder Moscheen, lange, dünne Minarette und vereinzelt ein paar Kirchtürme. Die „weiße Stadt“ wächst und wächst, die Toleranz auch: Direkt gegenüber der König-Abdullah-Moschee steht eine Kirche. Ich staune über die erfrischende Mischung von Fortschritt und Tradition. Und doch spüre ich an jeder Ecke den Orient.
So gehe ich mit dem 58-Jährigen durch die Gassen seiner Heimatstadt. An einem Obststand hält mich ein Händler auf.
Wild gestikulierend macht er mir klar, ich möchte seinen frisch gepressten Orangensaft probieren. Und wahrlich, er tut gut! Die Mittagssonne knallt mir auf die Stirn – das Haschemitische Königreich grenzt an Israel. Im Zentrum schlendern wir vorbei an kleinen Gewürzläden, Elektronikgeschäften und gemütlichen Cafés. Vor einem Laden voll glitzernder Goldketten stehen ein paar Frauen in Djellabas, den langen Umhängen, und tuscheln.
Der Souk in Amman
In der König-Talal-Street biegen wir ab auf einen Souk. Es ist heiß, eng und voll – aber ein Erlebnis. Die Menschen, hauptsächlich Männer, schieben sich entlang der Stände. Neben mir tauchen riesige Tomaten auf, Paprika in allen Formen, Berge von gelben Melonen, gigantische Radieschen, Nüsse, die ich vorher noch nie gesehen habe. Ein Traum für Hobbyköche wie mich.
Wieder auf der Straße weht mir plötzlich der Geruch von frisch gemachtem Hummus, einer Paste aus Kichererbsen und viel Knobi, und gerade gebackenem Fladenbrot entgegen. Aymn zieht mich in das winzige In-Lokal „Haschem“ hinein.
Die Königsfamilie ist beliebt
„Hier hat schon unser amtierende König Abdullah II. gegessen“, sagt er stolz. Die Jordanier lieben ihren Herrscher, überall prangen Fotos der Königsfamilie an den Häuserwänden. Wir setzen uns an einen Plastiktisch, und Aymn zeigt mir, wie man mit der Hand ißt. Seit jeher hier so üblich. Gewöhnungsbedürftig, aber gemütlich. Ich reiße mir ein Stück Brot ab und tunke es mitsamt Tomatenstückchen in ein gelbliches Bohnenmus, Fuul – köstlich!
Gesättigt vom Mittagessen fahren wir auf den mit 837 Metern höchsten Punkt Ammans, den Zitadellenhügel. Hier begann Ammans Geschichte, wir schauen uns Ruinen, Gräber aus der frühen Bronzezeit (3000 v. Chr.) an. Ich bin hin und weg. Später sitzen wir auf den Überresten des römischen Herkulestempels, zu Füßen gigantischer Säulen. Die rote Sonne geht langsam unter, hinter dem weißen Häusermeer. Vor uns liegt das römische Amphitheater, imposant – das größte des Landes. Es scheint in den Hügel Jabal al-Jaufa hineingemeißelt zu sein. Welch ein Panorama!
Das Moderne neben dem Traditionellen
Abends fahren wir noch ins moderne Viertel Jabal Amman: In der Rainbow Street, eigentlich die älteste Straße Jordaniens, reihen sich die Sportbars mit großen Flatscreens, Discos und schicken Restaurants. Großstadtflair. Das Moderne lebt in Amman direkt neben dem Traditionellen. Auch die Rolle der Frau hat sich verändert. Aymn erzählt, dass immer mehr studieren. „Königin Rania hat viel für die Frauen und ihre Rechte im Lande getan.“ So sitzen auch in den Sportbars wieder auffallend viele Kopftuch tragende Mädels, die Wasserpfeife am Mund und das Handy am Ohr. Ich freue mich für die Mädels, so anders ist der Orient von heute gar nicht mehr.
Infos, Tipps
– Es gibt spannende Touren zu antiken römischen Städten wie Jerash oder den Wüstenschlössern, per Bus oder Privattaxi von Amman aus möglich.
– Entspannend ist auch ein Tagesausflug ans Tote Meer, von Amman 50 Minuten entfernt. Eine Tagesbehandlung im Zara Spa inklusive Bad im Meer und Behandlung bietet das Mövenpick-Hotel „Dead Sea“ an.
Ich wurde bei der Pressereise vom Jordanischen Fremdenverkehrsamt unterstützt.
Wer noch mehr zu Jordanien bei uns lesen will, gerne hier eine Story zum Schlammbaden.
Schönes Stadtportrait… mir hat es da auch sehr gefallen.
Vielen Dank! Ja war sehr interessant! lg Sandra