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Grindavíks Untergang? Island und seine Vulkane (11 Tipps und mehr)

Da fließt sie wieder, heiße orange-rote Lava „auf allen Kanälen“: Eine (neue alte) feurige Erdspalte hat sich aufgetan in Islands Südwesten, glühende Lavafontänen sprühen hunderte Meter in den Himmel – so nah (in Europa) und so faszinierend. Sollte man da nicht mal hinfahren und selber gucken…?

Brodelnd, fauchend, die heißen Eingeweide der Erde direkt vor den eigenen Augen… So extrem kann man die Natur selten sehen und spüren wie an einem Vulkan. Kein Wunder, dass es Menschen zu den Eruptionshotspots rund um die Welt zieht. Nach Chile, Hawaii, Indonesien oder Neuseeland – alle liegen am Pazifischen Feuerring, rund um den „friedlichen“ Ozean. Überall, wo die Kontinentalplatten aneinander stoßen und reiben, gibt’s oft Erdbeben. Und durch die Verschiebungen manchmal auch „Löcher“ oder dünnere Stellen, durch die das heiße Erdinnere nach oben kommt.

Weniger weit müsst Ihr in Europa reisen: In Italien sind der Ätna und der Stromboli aktiv. Und rund um Neapel und den Vesuv samt Pompeji, unter den Phlegräischen Feldern, rumort es verdächtig stark in letzter Zeit…

Island, zwischen den Kontinent(alplatt)en

Oder eben auf meine Lieblings-Nordmeerinsel – die eigentlich nur entstanden ist, vor Jahrmillionen, WEIL hier die Plattentektonik aktiv ist. Weil die Atlantische und die Eurasische Platte hier aneinander grenzen und gaaanz langsam voneinander weg driften. Zwei Zentimeter im Jahr, so dass Island wächst. Und in der Mitte immer wieder „kleine Löcher“ entstehen können…

Karte Islands mit vulkanisch aktiven Zonen

Island sitzt mitten auf dem Mittelatlantischen Rücken, mit der aktiven Spalte von links unten nach rechts oben [ (c) Dudy001 ]

Die Karte zeigt, dass der Nordwesten und der Südosten „alt und kalt“ sind, geologisch gesehen. Und dazwischen arbeitet es…. Eben auch am südwestlichen Zipfel, der Halbinsel Reykjanes. „Rauchende (Land-)Nase“, übrigens. Weil auch immer wieder heißer Dampf aus der Erde kommt. Die Hauptstadt Reykjavík („Rauchende Bucht“) liegt am oberen rechten Ende dieses Zipfels…

Es war einmal ein geschäftiger Fischereihafen…

Am unteren Ende das jetzt berühmt gewordene Örtchen Grindavík, durch das die meisten Besucher eher durchgefahren sind. Jetzt nicht mehr, alle Straßen rundherum gesperrt…  Seit sich jetzt im März das vierte Mal in vier Monaten die Erde aufgetan hat und frisches Rot und Schwarz in das Grün-Grau der Landschaft gespuckt hat. Auch von der Lava selbst, wie Euronews zeigt…

Bittere Berühmtheit… Der bisher wichtigste Fischerort in der Region ist mittlerweile komplett verlassen, mit tiefen Rissen in den Straßen, von Strom und Wasser abgeschnitten und ersten heiß angenagten Häusern am Rand. Ob die Einwohner nochmal zurückkehren? Wo die Grindavíker Firmen weitermachen, die Fischerboote ankern werden? Ob das Salzfischmuseum, seit 2002 ein Touristenziel, wieder aufmachen wird? Gerade weiß das niemand. Katastrophe, schleichend.

 

Dabei steht Grindavík, Ironie der Geschichte, auf einer alten – grün bemoosten – Lavazunge. Es war halt nur für rund 800 Jahre Ruhe gewesen hier in der Gegend. Erst 2021 brach dann im hiesigen Vulkansystem wieder eine feurige Erdspalte auf. Lockte Besucher an. Und erkaltete wieder. Dann 2022 und 2023. Und dann, Ende 2023, nur ein paar Kilometer nordöstlich von Grindavík, eine rund 3 km breite Spalte. Wie sich herausstellte, ist hier über lange Zeit eine viele Kilometer lange Magma-Röhre dicht unter der Oberfläche entstanden – und die bricht jetzt immer mal wieder auf.

Blaue Lagune oder roter Lava-Strom?

Vor dem vierten Mal hat man hohe Erdwälle aufgeschoben, um die Lava um den Ort herumzulenken – und vor allem um das wichtige Erdwärme-Kraftwerk Svartsengi („Schwarzes (Lava-)Bett“). Und mit der Hitze im Boden arbeitet nicht nur das Kraftwerk, sondern auch die nahe „Blaue Lagune“, Bláa Lónið. Baden in weltbekanntem warmem Mineralbad, ein teures Must-See für viele Kurzbesucher.

Na ja, streng genommen entstand der berühmte Badetempel aus dem Abwasserbecken des Kraftwerks — als man feststellte, dass das heiße weißliche Süß-Salzwassergemisch aus der Tiefe viele gesunde Bestandteile enthält. Gut für die Haut, super zum Entspannen. Inzwischen ist auch sie mit hohen Erdwällen umgeben, so dass sie wieder öffnen soll. Bei den letzten Ausbrüchen wurde auch die Lagune evakuiert, sicherheitshalber — einige dieser Touristen fuhren gleich los, sich die Eruptionen weiter aus der Nähe anzugucken… Vulkantourismus boomt…

Ist das gefährlich?

Na ja… Wer zu nah herangeht, wird gekocht… Die meisten „krassen“ Fotos entstehen dann doch mit dem Teleobjektiv, in sicherer Entfernung für den „mutigen Menschen“… Gerade auf Island ist man es gewohnt, die Kräfte der Natur nicht zu unterschätzen — als Einwohner, jetzt. Wenig ist abgesperrt, die Menschen müssen auch an rauschenden Wasserfällen oder im Hochland selbst aufpassen. Leichtsinn ist in wilder Natur eben gefährlich. Doch Todesfälle gab es unter Vulkantouristen hier noch keine – anders als auf Neuseeland, wo 2019 Menschen durch die giftigen Gase auf der unerwartet ausbrechenden Vulkaninsel Whakaari ums Leben kamen.

Isländer sind Vulkanausbrüche in verschiedensten Formen gewohnt, die unzähligen kleinen Erdbeben werden gut beobachtet und erforscht, das Warnsystem ist gut ausgebaut. Aktuelle Informationen auf Englisch liefert immer das Meteorologische Institut Islands und SafeTravel.is

Eigentlich wartet man seit zig Jahren auf einen neuen Ausbruch der Hekla etwas weiter östlich an der Südküste — die sieht wenigstens aus wie ein „richtiger“ Kegelvulkan. Macht mehr Eindruck als solch platte Landschaft mit Erdrissen wie auf Reykjanes. Und die Hekla wäre „langsam mal wieder dran“, sagen die Experten, der Druck in ihr steigt… Stattdessen explodierte 2010 ganz in der Nähe der „unaussprechliche“ Eyjafjallajökull (Eyja-fjatla-jökutl) und störte Europas Flugverkehr.

Ältere erinnern sich noch an 1971, als dort vor der Küste auf den Vestmannaeyjar („Westmännerinseln“) der Eldfjell („Feuerberg“) mit dicker Lavazunge zahlreiche Häuser unter sich begrub und den einzigen Hafen zu verschütten drohte. Wochenlang war das Drama in den Medien der Welt zu beobachten — heute das „Pompeji des Nordens“.

Und warum sind die Flieger nicht wieder am Boden?

Weil Vulkan halt doch nicht Vulkan ist. Gerade spucken offene Feuerspalten in der flachen Landschaft ihre Ladung in den Himmel, ein paar Tage lang schieben sich dann immer kühler werdende Lavazungen voran, bis sie stocken, hart und schwarz. Der spitzkegelige Eyjafjallajökull („Insel-berg-gletscher“) aber explodierte unter der namensgebenden dicken Eisschicht, die dann als heißer Dampf gleich die austretenden Ascheteilchen mitnahm, weit und hoch in die Atmosphäre. Nicht gesund für Düsentriebwerke…

Heute den Besuch wert ist der Katla Geopark der Region, vielleicht mit einer Wanderung auf einen der Gipfel? Oder auch das dortige Lava Volcano & Earthquake Center. A propos: Mehrere gute Vulkanmuseen (und auch spannende Geoparks) gibt es im ganzen Land, auch in Reykjavík, Heimaey, auf Snaefellsnes, …

Vulkantourismus, muss das sein?

Die Eruption „ist keine Touristenattraktion und man muss sie aus großer Entfernung betrachten“, sagte Vidir Reynisson von Islands Civil Protection and Emergency Management im öffentlich-rechtlichen Sender RUV. Aber natürlich fasziniert sie die Menschen. Trotzdem gilt: Nachdenken und sich informieren!

Wer Gelände-erfahren ist, und sich auch an Sicherheitsregeln halten kann — siehe auch den Isländischen Schwur –, findet aktuelle Informationen und (nach einer Weile) auch ausgewiesene Wanderwege zur Eruptionsstelle — so nah man halt sicher herankommen kann — bei SafeTravel.is und auch dem Meteorologischen Institut. Wer lieber auf professionelle Begleitung baut, findet inzwischen zahlreiche Tourenanbieter, etwa über das Tourismusamt Visit Iceland

Die 18m lange „Brücke zwischen den Kontinenten“ (brú milli heimsálfa) überspannt nur scheinbar den Spalt zwischen der eurasischen und der nordamerikanischen Kontinentalplatte — in Wirklichkeit ist die Nahtstelle mehr als 5 km breit, die symbolische Brücke steht komplett auf der amerikanischen Seite.

Tipps für Vulkane und mehr:

Und dann bietet Island ja auch noch viele, viele andere Vulkan-Aspekte. Das ganze Land ist geprägt von den geologischen Phänomenen.
Hier noch die versprochenen 11 Tipps:

  • hinauf auf die „Brücke zwischen den Kontinenten“, westlich von Grindavík
  • hin zum Snæfellsjökull, für Jules Verne der Eingang zum Mittelpunkt der Erde, oder in andere erkaltete Lavahöhlen, früher oft Verstecke der Verfemten
  • zur „Hölle“, Víti, dem türkisen Kratersee und der Krafla Caldera
  • wandern in bunt-gesteinigen Tälern wie Landmannalaugar oder zwischen Lavasäulen und „Ufo-Kreisen“ am Myvátn
  • hin zu geologischen Hotspots mit blubbernden Schlammtöpfen und Schwefeldampf, von Reykjanes bis Akureiry
  • im heißen Boden gebackenes Brot probieren, ein Erlebnis – mancherorts gibt’s auch gekochte Eier aus Geysirwasser
  • einen der Geysire erleben, touristenüberlaufen oder einsam
  • zur Bananenpflanze im Erddampf-betriebenen Gewächshaus von Hveragerði
  • in einer der vielen heißen Quellen baden und die Natur genießen (geht natürlich inzwischen auch in schicken Badetempeln)
  • zum „Pompeji des Nordens“ auf die Westmännerinseln und im Vulkankegel golfen
  • zum schwarzen Strand Reynisfjara vor Vík i Myrdal oder dem „geheizten“ Strand vor Reykjavík
  • und und und…

 

Eine schöne Auswahl haben (auf Englisch) auch hier der Nordic Visitor Blog und hier die Reykjavik Excursions zusammengestellt. Ihr solltet nur ein paar Wochen Zeit mitbringen… Oder eben immer wieder kommen …

P.S:

Ach so: „Hraun“ (sprich: kraun) heißt auf Isländisch übrigens „Lava“. Es gibt da auch einen leckeren Schokoriegel dieses Namens…

 

 

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