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Lecker Trdelník: die „neue Tradition“ auf Prags Weihnachtsmärkten (+Rezept)

Wer je auf einem tschechischen Weihnachtsmarkt unterwegs war, kennt die knusprigen Zucker-Zimt-Kringel mit dem Zungenbrecher-Namen „Trdelník”. Oder „Trdlo”, das gibt nur einen kleinen Knoten in der Zunge.  Und die braucht man ja noch, um sich selbiges Gebäck darauf zergehen zu lassen. Dörte hat die schönsten Weihnachtsmärkte in Prag abgeklappert und verglichen. Und natürlich auch ein Rezept mitgebracht…

Kind beißt in TrdelnikWarm, knusprig, nussig, frisch gebacken auf die Hand und dann genüsslich auseinanderzupfen: Wer kann da schon widerstehen? Na gut, die „Goldene Stadt” bietet eine Menge leckere Dinge, vielleicht auch noch Köstlicheres. Und der Trdelník kommt eigentlich gar nicht von hier – und eigentlich gibt es ihn auch nicht nur zu Weihnachten, sondern das ganze Jahr über. Und die Qualität kann ganz schön schwanken (deshalb muss man ja pro Stadtbummel auch unbedingt mehr als einen probieren, quasi als kulinarische Pflicht 😉 ). .

„Nach alter Tradition” heißt es an den vielen kleinen Trdelník -Ständen in Prag – fragt man aber die Einheimischen, heißt es: „Nein! Früher gab’s das nicht bei uns, hinter dem eisernen Vorhang.” Tatsächlich, beim Nachforschen musste ich feststellen: Erst so ab der Jahrtausendwende hat sich das Gebäck in Prag verbreitet, vor allem für Touristen ist die „traditionelle” Aufmachung der Buden, sogar in mittelalterlichen Trachten stehen manche „Zuckerbäcker” an ihrem Grillstand. Allerdings haben auch die Einheimischen längst Geschmack dran gefunden und ganzjährig aktive Lädchen in der Stadt machen auch zu Touristen-armen Zeiten guten Umsatz.

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Aber zurück zum Ursprung: Im Nordwesten der Slowakei liegt das Örtchen Skalica, einst auch Skalitz, direkt an der Grenze zu Tschechien und nicht weit von Österreich entfernt. Und hier soll die Leckerei herkommen, 2004 wurde ihr zu Ehren ein Verein gegründet und als „Skalický Trdelník “ ist sie ein EU-geschütztes geografisches Produkt (g.g.A.).

Trdelnik-Verkäuferin beim Zubereiten

Doch NOCH genauer hingeguckt, ist das Gebäck auch dort nur „zugewandert“: Streng genommen kommt es wohl aus Rumänien, dem östlichen Teil von Siebenbürgen, dem Land der ungarischsprachigen Szekler – jedenfalls stammte von dort der Koch des ungarischen Grafen Gvadányi, der das Trdelník -Rezept nach Skalica mitbrachte. Verändert? Verfeinert? Eine Art Baumkuchen, aber als Hefeteig doch ganz anders… Hauptsache, über glühenden Kohlen gebacken.

Trdelnik-Rollen über violett-gelb glühenden Kohlen

Mein Tipp für Weihnachtsmarktbesucher in Prag

(übrigens sind die meisten bis zum 5.1. geöffnet):
Der Hauptmarkt in der Altstadt (Staroměstské náměstí) ist meist völlig überlaufen, die Busladungen von Touristen werden mit Vorliebe hier „ausgeschüttet“. Entsprechend ist das Gedränge und die Laune der Verkäufer. Dabei lockt schon ein paar Schritte weiter der Wenzelsplatz (Václavské náměstí) mit kleinem Markt, ebenso wie mitten im Park der Friedensplatz (Náměstí Míru) mit traditioneller tschechischer Handwerkskunst. Und besonders hübsch und entsprannt: die beiden Weihnachtsmärkte in und neben der Prager Burg, wo man von hoch oben den Blick über die Stadt wandern lassen kann. Mit Glühwein in der Hand. Und natürlich einem Trdelník in der anderen…

Trdelník – Rezept

(wie versprochen - auch wenn Einheimische sagen, das ginge NIE zuhause selber zu backen):

Für den Teig:
300 g Weizenmehl, 50 g Zucker, 1 Prise Salz, 1 Päckchen Trockenhefe
    gut miteinander vermischen, dann   
60 g weiche Butter, 2 Eier, 120 ml warme Milch
    hinzugeben, alles gut verkneten und bei Raumtemperatur gehen lassen.
    In faustgroße Stücke teilen, jeweils zu langen, fingerdicken "Schnüren"
    rollen und ziehen.

Jetzt ein (hölzernes) Nudelholz/Teigwalze eng mit Alufolie umhüllen
(noch besser sind ähnlich dicke Metallrohre, weil auch von innen heiß)
und die Teigschnüre so herumwickeln, dass sie einander seitlich berühren
oder überlappen. Etwas rollen, so dass sie leicht plattgedrückt werden.

Für die Kruste:
Kristallzucker, Zimt, gehackte Walnüsse (oder Mandeln/Haselnüsse)
    nach Belieben mixen und flach auf der Arbeitsfläche verteilen,
    dann die Teigwalze darin rollen, bis die Zuckermischung anhaftet.
    Den Teig vorher mit Milch oder Ei zu bestreichen ist überflüssig.

Backen:
Im vorgeheizten Ofen bei 180°C backen, dabei die Griffe des Nudelholzes 
auf Tassen o.ä. lagern, damit der Teig auch von unten braun wird.
Mancher zieht die Alufolie auch über feuerfeste Gläser / kurze Holzzylinder
und lässt sie senkrecht stehend ausbacken. Und mittlerweile gibt's sogar 
Trdelník -Edelstahlröhren mit Halter für den heimischen Ofen zu kaufen!
Egal. Backen, bis der Teig knusprig ist und vom Duft das Wasser im 
Mund zusammenläuft...

"Echter" backt ein Trdelník aber über heißer Kohle, also warum nicht mal den 
Grill auspacken und die Küchenrolle geschickt darüber hängen. Wahlweise eignet 
sich auch die Grillfunktion im Ofen. Bloß nicht vergessen: 
Regelmäßig die Walze drehen, damit alle Teig-Seiten knusprig werden!

Mehr Informationen zu Prag, seinen Adventsbräuchen und Weihnachtsmärkten beim Tschechischen Tourismusverband.

Kategorie: Reisen

von

"Die Welt ist ein Buch. Wer nie reist, sieht nur eine Seite davon" - so wahr! Also fuhr ich als Kind in Büchern um die Welt, bis nach Taka-Tuka-Land. Heute bin ich "in echt" unterwegs und schreibe manches Buch selber ;) Per Bahn, Pedale, Paddel und per pedes reise ich am liebsten, als Wissenschaftsjournalistin, Reiseautorin und Fotografin immer mit offenem Blick. Und einem Faible für Sprachen. In Bolivien und der Arktis, Australien, China oder Island. Slowenien, Polen. Finnland. Ach... Reisen!

17 Kommentare

  1. Sieht sehr lecker aus. Vielleicht kann ich noch einen probieren, wenn ich über Silvester in Krumlau bin.
    LG
    Sabine

    • Dörte Saße sagt

      Da wär‘ ich fast sicher – guten Appetit!
      Und falls doch nicht, hast Du ja das Rezept 😉

    • KRABOOM sagt

      Die sind verdankt lecker, wahr seit kurzem in Prag. Vermisste sie schon den Tag darauf. Jetzt habe ich das Rezept, jetzt fehlt nur noch die,sehr deckflößige orangschigi süß- salzige Sauce, die sie mir über das Vanillieeis drauf gestrichen haben. Aber das finde ich noch heraus

  2. Danke für den schönen Beitrag. Bei uns auf den Thüringer Weihnachtsmärkten wird es als ungarische Spezialität angeboten, sieht genauso aus und schmeckt total lecker! Und ich bin froh, etwas darüber zu erfahren, ich habe es dieses Jahr das erstemal gesehen und gegessen.

    Herzliche Weihnachtsgrüße und ein großes Dankeschön für fortlaufend interessante und schöne Beiträge!

    Marlis

    • Dörte Saße sagt

      Ah, spannend!
      Da zeigt sich also die gemeinsame ungarisch-siebenbürgische Wurzel 😉
      Und danke und Dir auch schöne Festtage!

  3. Ich kann bestätigen, dass es diese Leckerei nicht nur an Weihnachten gibt! Vor ein paar Tagen habe ich in Prag noch überall die Stände gesehen. Schon das Zuschauen hat ja etwas Meditatives, wir sind immer wieder stehen geblieben und natürlich haben wir auch eins gegessen. Wenn ich nur wüsste, wie man den Namen ausspricht?

    • Hallo Anhora, natürlich so, wie man’s schreibt 😉
      Oder: Tr(e)-del-nik, mit sehr stimmlosem (e) und der Betonung auf „del“. (Hoffe nicht, dass ICH es seit Jahren falsch ausspreche!! ;o )

      Ach, lecker, ja. Habe übrigens kürzlich in Niedersachsen einen gegessen, an einem ungarischen Stand. Seitdem muss ich wohl noch mal einen Nachtrag machen zu den ungarischen Wurzeln 🙂

      • Danke für die Anleitung zur Aussprache! 🙂
        Wenn man das „del“ betont, gehts natürlich leichter. Ich dachte, man betont die erste Silbe, die immerhin aus 3 Konsonanten besteht.
        Ich habe das Gebäck noch nie irgendwoanders gesehen, was eigentlich verwundert. Es schmeckt ja nicht nur gut, es macht einfach auch Spaß, bei der Herstellung zuzuschauen. 🙂

        • Cesta Kou sagt

          Das ist absolut falsch! Es wird im Tschechischen immer die erste Silbe betont und hier besteht sie nicht aus drei Konsonanten. Das D gehört zur zweiten Silbe, also kann man ruhig eine Pause auf dem R machen. R ist sozusagen der Vokal dieser Silbe. Einfach versuchen, keinen Vokal auszusprechen und das R länger zu halten.

          • Ahoj Cesta Kou und Anhora,
            hier mal ein akustisches Beispiel: https://de.forvo.com/word/trdeln%C3%ADk/

            ich hab jetzt direkt in Prag nachgefragt und die Antwort lautet: Wir beide haben (Un-)Recht 😀
            Also:
            Ja, tschechische Wörter werden immer auf der ersten Silbe betont.
            Aber im Tschechischen gibt es auch unbetonte Silben, die langgezogen sind – das „del“ – wie im Deutschen nur betonte Silben. Deshalb klingt es für unsere Ohren betont… (Ich persönlich hab jedenfalls Schwierigkeiten, das „t(e)r“ oder „tr(e)“ als betont zu hören….)
            Wieder was gelernt 😀

  4. Duke sagt

    Danke für das Rezept. Ich habe festgestellt, dass 300 g Mehl zu wenig sind – der Teig ist dann zu klebrig. Vermutlich muss man 500 g nehmen.

    • Hallo Duke, danke für die Rückmeldung!
      Beim Backen steht und fällt das genaueste Rezept ja immer mit den Zutaten etc. Sind die Eier zB größer als Durchschnitt oder ist das Mehl gröber und nimmt nicht soviel Flüssigkeit auf, wird gleich alles weicher. Ohne Waage ist manchmal auch der Messbecher ungenau. Also am besten nach dem Zusammenrühren bei Bedarf nochmal etwas Mehl hinzugeben.
      Aber nicht mit Stockbrot-Konsistenz verwechseln: Die Trdelník-Schnüre dürfen ruhig einen Ticken weicher/schlabbriger sein 🙂

  5. Julian sagt

    Wirklich ein trauriger Mist, wie so vieles in Prag. Eine schöne Stadt, die durch Ausplünderei regelrecht verschandelt wird. (Jemand noch eine Thai-Massage, eine Segway-Tour oder eine Oldtimer-Fahrt?)

    • Hallo Julian,
      danke für Deinen Kommentar. Dabei ist es wahrscheinlich Geschmackssache, was das „Verschandeln“ angeht – eine Oldtimer-Fahrt oder die Trdelnik-Stände, finde ich, passen eigentlich ganz gut in das historische Stadtbild. Auch wenn sie nicht original aus Tschechien stammen, ist es wenigstens (historisch angehauchtes) Handwerk und keine Glitzer- und Plastik-Wegwerfkultur. So ein bisschen, wie es im Norden auch Brezeln gibt und im Süden Heringsbrötchen? Oder Crepes, Poffertjes und Blini auf deutschen Weihnachtsmärkten?
      Schade ist es nur (meine Meinung), wenn allzuviele auf den Zug aufspringen würden (viele sind es schon, zugegeben!) und vielleicht andere, traditionelle Leckereien verdrängen würden. Aber die Prager, die ich gesprochen habe, freuen sich eigentlich auch immer auf die Trdelniks – sind halt sehr knusprig und sehr lecker.

  6. Ich komme ursprünglich aus Prag. Und ich kenne den Weihnachtsmarkt dort seit meiner Kindheit in den 1960er Jahren. Der Weihnachtsmarkt in Prag hat nichts mehr mit dem vor den 1990er zu tun und ist nur noch ein billiger, kommerzieller Abklatsch…… Ich trauere dem mittelterlichen Treiben, dem Kunst-, Rüstungs- und Münzhandwerk hinterher, den Bäcker mit den frischen Buchty, Vanočka und Trdelnik, Küchen mit Gulasch, Gebackenen Karpfen und und und…..die EU hat ein einst herrliches und unglaublich glanzvolles Kulturgut restlos vernichtet und kommerzialisiert

    • Hallo Jens! Stimmt, so einiges hat sich verändert in den letzten Jahrzehnten. Und schwer kommerzialisiert :((
      Also ist es wohl an uns selber, das Schöne und Seltene zu finden und zu unterstützen?
      War es die EU? Oder die Öffnung zum Westen? Oder die vielen Besucher, die billige Souvenirs wollten? Ich weiß es nicht.
      Ich liebe aber wie Du das Eigene und Besondere. Teile davon sind auch in Prag noch zu finden, oder? 🙂

      • Black Sector sagt

        Ich denke, das die EU in ihrem Regulierungswahn alles kaputt macht. Mittlerweile sind alle Weihnachtsmärkte nur noch Einheitsbrei, kennt man einen, kennt man fast alle. Ich merke das ganz extrem auch beim Fernsehprogramm. In fast jedem Land in Europa, in dem ich bislang war, ist das Fernsehprogramm auch nur noch ein Einheitsbrei, nur in einer anderen Sprache. So hatte ich mit Europa eigentlich nicht vorgestellt.

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