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Kos: Gemütlichkeit bei Priestern und deutschem Apfelkuchen

Um mich herum mit Ikonen geschmückte Wände, goldene prächtige Kronleuchter, imposante Marmorsäulen. Gold verzierte Heilige blicken auf mich herab. Die Sonne scheint nur einen Spalt zum Eingangsportal hinein. Eine mystische Stimmung herrscht in der farbenfrohen Ágios Nikolaos-Kathedrale mitten im quirligen Zentrum von Kos. Ich bin in der Hauptstadt der gleichnamigen griechischen Insel.


Neben mir steht Priester Vasilios Chlampanis. Lange schwarze Kutte, ein großes Kreuz um den Hals, ein üppiger Rauschebart. Sein graues krauses Haar unter dem Hut ist im Nacken zu einem Zopf zusammengebunden. Vasilios hat sanfte warme Augen, und seine Weltlichkeit verblüfft. Der Familienvater findet es richtig, dass junge Witwen nach ein paar Monaten das schwarze Trauerkleid ablegen. „Das Leben geht doch weiter“, entrüstet er sich, „inklusive neuem Partner.“ Moderne Ansichten eines Kirchenmannes, die mich erfreuen. Die älteren Frauen trügen den Rest ihres Lebens schwarz – und blieben allein. Im Halbdunkeln der Kathedrale zünden wir zwei Kerzen an und schicken den Verstorbenen damit unsere „wärmsten Wünsche“.Kos, Kirche, Griechenland

Gottesdienste in weißen Kapellen auf kargen Berghügeln
Die griechisch-orthodoxe Kirche ist im Alltag, zumindest der älteren Koer, noch sehr präsent. Viele besuchen täglich Gottesdienste in einsam gelegenen weißen Kapellen mit hellblauen Kuppeln auf kargen Berghügeln. „Seit vielen Jahrhunderten ist die Kirche bei uns ein Teil des Alltags, unsere Traditionen leben wir schon seit Ewigkeiten“, erklärt mir der 62-Jährige stolz. Rund 30 „Papades“ – griechische Priester – kümmern sich um die Gläubigen auf Kos.

Kirche, Kos, Griechenland
Der sympathische Vasilios lebt seit Ende der Siebziger auf der gemütlichen Insel in der Ägäis, kommt aber ursprünglich aus der Nähe von Athen. „Ich wollte weit weg von all der Hektik und dem Lärm der Hauptstadt“, sagt der frühere Juwelier, „und in Ruhe mit Gott kommunizieren“.

In ruhigen Bergdörfern wie Lagoúdi feiern die Koer viele farbenfrohe Kirchweihfeste. Rosafarbene Zistrosen stehen in den engen Gassen des Dorfes in voller Blüte. Vor weiß getünchten Steinhäusern mit blauen Fensterläden blühen duftende Kräuter, süßer Lavendel und kräftiger Rosmarin. Griechische Idylle voller Ruhe – wie aus dem Bilderbuch.

Kos, Kirche, Griechenland

Ich fahre weiter Richtung Westen, richtig einsam und entspannend wird es auf der Kéfalos-Halbinsel: Fast unberührt scheint der „Schafskopf“, wie die Einheimischen sie auch nennen, selbst im Hochsommer – wenn Briten, Holländer und Deutsche Kos bevölkern. Es geht zu einsamen zerklüfteten Buchten, durch genüsslich grasende Ziegenherden und schroff-felsige Bergregionen. In grünen Wiesen riecht es nach betörend würzigen Thymianbüschen, an denen sich Bienenvölker bedienen.Kos, Griechenland,

Hinter Kornfeldern und Olivenhainen vor einer weißen Mühle entdecke ich plötzlich ein Schild: „Hausgemachter deutscher Apfelkuchen“. Auf der urigen, mit pinken Bougainvillea bewachsenen Terrasse treffe ich Dietmar Dickow: Nahe des noch ursprünglichen Ortes Kéfalos (Limnionas) baute der ehemalige Drucker aus der Nähe von Bergisch-Gladbach vor 16 Jahren auf einem kargen Acker eine Mühle, ganz allein. „Das war damals schon eine verrückte Idee“, muss der 66-Jährige heute zugeben. Doch er wollte Deutschland den Rücken zukehren, mit Ehefrau Petra etwas Neues beginnen. Genug von Hektik und Stress.Kos, Große Mühle, Café, Griechenland

Und in Kos waren die beiden von Anfang an verliebt: „Hier habe ich mein kleines Segelboot im Hafen liegen, das Meer ist sauber – und die Menschen sind hilfsbereit“, schwärmt Dietmar. Der Anfang war 2004 nicht gerade „Zuckerschlecken“, erzählt er mir. Auch hier müsse man hart arbeiten für sein Geld, und „die Sommer sind anstrengend“.

Der deutsche Apfelkuchen ist Kult bei den Griechen
Doch die beiden Besitzer der „großen Mühle“ haben gekämpft und sich mittlerweile einen Namen auf der Insel gemacht: Der saftige Apfelkuchen seiner Gattin ist Kult – auch die Griechen lieben ihn. Deutschland sei ihm mittlerweile zu engstirnig, sagt Dietmar. „Wenn ich schon dran denke, dass man überall, wo man sein Auto parken will, ein Ticket zahlen muss, krieg‘ ich zu viel.“Kos, Große Mühle, Griechenland

Am nächsten Morgen setze ich in Kardámena mit der Fähre über auf die Vulkaninsel Níssyros. Segelboote ziehen gemächlich auf der azurblau glänzenden Ägäis vorbei, Fischer angeln in kleinen Buchten.

Bei einer Rundfahrt mit dem Mofa entdecke ich später das verschlafene Bergdorf Nikiá, direkt am Rande des brodelnden Vulkankraters Stéfanos gelegen. Im Krater erwarten die Gäste neongelbe Schwefeldämpfe und blubbernde Bodenlöcher – ein einzigartiges Abenteuer.

Auf dem Dorfplatz Nikiás mit dem hübschen Kieselmosaikboden und der weiß getünchten Kapelle mit blauen Fensterläden sitzen ein paar ganz in Schwarz gekleidete alte Damen, trinken Mokka und klönen miteinander. Ich muss wieder an Priester Vasilios und seine weltlichen Anschauungen denken. Doch manch alte Tradition bleibt.

Die Recherchereise nach Kos wurde unterstützt von TuiAuto Europe und dem Griechischen Fremdenverkehrsamt. Infos zur Insel Kos: www.kos.gr und www.kosinfo.gr

2 Kommentare

  1. Was für ein tolles Griechenland … Kos war meine erste Insel die ich in Griechenland mit dem Motorrad entdeckt habe. Herrlich, ich glaube es wird Zeit für Wiederholung.
    Grüsse vom Meer sendet Daniela

    • Danke dir! Ja fand ich auch! Und Kos ist echt hübsch und gemütlich, gerad in der Vor- und Nachsaison! LG Sandra

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