Erst spektakuläre Felsen, dann am Fluss entlang zurück: Eine Rundtour im Harzer Okertal ist jetzt besonders schön.Okay, richtig schön ist es in Oker jetzt noch nicht. Auch wenn rechts und links die Berge immer höher werden – der Goslarer Stadtteil zieht sich mit Chemie- und anderen Werken zäh wie Kaugummi entlang des gleichnamigen Flusses, immer neue Industriebauten reihen sich auf, während man in Richtung Harz und Okertal fährt. Irgendwann ist dann aber doch Schluss damit. Der Ort endet und hier liegt direkt der Startpunkt unseres heutigen Rundwanderweges.
Bergauf
Es ist noch früh am Tag, auf dem Parkplatz steht nur ein Wohnmobil. Der Himmel ist so grau wie die Felsen, die auf uns warten. Also Schuhe angezogen und los. Der anstrengendste Teil der Okertal-Tour kommt gleich am Anfang. Den Berg hoch, immerzu nur bergauf führt der geschotterte Weg. Nach ein paar Kilometern ist es geschafft, von nun an verläuft der Weg fast gerade. Nun reiht sich Felsformation an Felsformation. Die Ziegenrückenklippe, der Treppenstein – den man tatsächlich über Treppen besteigen kann -, die Kästeklippe. Cool ist hier der Felsen „Alter Mann“. Bei dem Kopf aus Stein weiß man wieder, warum der Harz so sagenumwoben ist, überall Gesichter und Figuren in den Felsen… Schwupps, sind nebenbei zwei Stempel der Harzer Wandernadel eingesammelt. Erfrischungen oder einen Kaffee gibt es hier hingegen leider nicht mehr, denn das Gasthaus Käste brannte vor einiger Zeit ab. Macht nichts, der leichte Nieselregen erfrischt auch und genug Wasser ist im Rucksack.
Wald-Infos an der Hexenküche
Unterhalb der nächten Felsformation, der „Hexenküche“, steht dann doch eine kleine Imbissbude. Daneben informieren die Niedersächsischen Landesforsten über den Waldwandel im Harz. Auch an dieser Stelle kann man gut erkennen, dass hier gerade etwas Größeres passiert: Ganze Fichten-Monokulturen ragen trocken und silbergrau in den Himmel. Dürre und Sturm haben ihnen in den letzten Jahren so zugesetzt, dass sie nicht mehr ausreichend Baumharz entwickeln konnten. Damit wehren sie normalerweise Schädlinge wie den Borkenkäfer ab. Der konnte nun ganze Areale befallen, in der Monokultur easy Baum für Baum töten. Immer wieder hört man deswegen auch, der Borkenkäfer sei Schuld am Fichtensterben im Harz. Aber das ist falsch. Der Käfer tut nur, was ein Käfer tun muss. Erst der Mensch hat ihm durch den anthropogenen Klimawandel mit seinen zunehmenden Wetterextremen (Trockenheit!) und durch die konsequenten Vernichtung eines widerstandsfähigen Mischwalds alle Türen geöffnet. Hat den ehemals natürlichen Wald in einen Baumacker mit nicht standortgerechten Bäumen (zumindest nicht hier, in den tieferen Lagen) verwandelt. Jetzt einem Käfer dafür die Schuld in die Schuhe zu schieben, zählt nicht.
Monotone Forsten mit standortfremden Bäumen gehören aber zum Glück in weiten Teilen des Harzes inzwischen der Vergangenheit an. Man setzt in der Forstwirtschaft wieder mehr auf Mischwälder mit Buchen und Eschen; im Nationalpark wird der Wald sogar größtenteils sich selbst überlassen. Hier und da beschleunigt man seine Erneuerung durch Aufforstung mit Laubbäumen.
Klippen-Highlight: Mausefalle
Nach dem Stopp an der Wald-Infostelle folgt mein persönliches Klippen-Highlight: Die Mausefalle ist eine Formation, bei der ein riesiger Fels auf zwei schmalen, übereinander liegenden Felschen balanciert, darunter befindet sich ein Hohlraum. Man könnte hindurch klettern… muss aber nicht. Denn eigentlich kann dieses Konstrukt nicht halten. Aber offenbar tut es das doch schon eine ganze Weile. Während wir noch staunen, kommen andere Wanderer vorbei, machen Fotos. Doch kaum einer wagt es, sich direkt vor den Felsen zu stellen. Und auch wir sind froh, dass die hölzerne Picknickbank etwas entfernt von dem Koloss steht.
Wasserfall und Hexen-Tand
Der Weg in Richtung Romkerhaller Wasserfall führt nun in einem Birkenwäldchen steil bergab, dann entlang eines kanalisierten Bächleins geradeaus weiter. Warum es kanalisiert ist, klärt sich wenig später: Als künstlich angelegter Romkerhaller Wasserfall stürzt das Wasser bald darauf 70 Meter in die Tiefe. Unten sitzt ein Märchenfrosch mit Kugel vor dem Teich, das das Wasser hier bildet.
Auf der anderern Straßenseite verfällt ein Hotel vor sich hin. Harz-Charme, da ist er wieder: Die Landschaft toll, die Gastro vielerorts in den 1970ern stehengeblieben. Bei der stilisierten Hexe jedenfalls, die vor dem Haus steht, hat sich jemand selbst übertroffen…
Entlang der Oker
Hinter dem Gasthaus beginnt der zweite Teil der Wanderung. Der Weg hat hier einen ganz anderen Charakter. Denn nun geht es nur noch an der Oker entlang, die hier, unterhalb der großen Olkertalsperre, munter über große Felsen und durch Buchenwald dahinfließt. Löchrige Steine liegen am Weg, weitere verfallene Häuser säumen das andere Flussufer. Dann taucht eine hölzerne Brücke auf. Sie führt über den Fluss, dessen Bachbett man wegen plötzlich auftretendem Schwallwasser wegen der Talsperre auf keinen Fall betreten sollte, hinüber zur Verlobungsinsel. Die kleine Insel ist perfekt für eine Pause, und ein weiterer Wandernadel-Stempel wandert ins Heft. Dann geht es weiter entlang der Oker, manchmal ein Stück neben der Straße, meistens aber unten am Fluss entlang. Inzwischen sind einige andere Wanderer unterwegs. Später sehen wir auch noch Kletterer an den Adlerklippen.
Infos zum Harz gibt es beim Harzer Tourismusverband.
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