Diesmal nicht an die felsige Steilküste von Zumaia, weg von den baskischen Stränden und spannenden Küstenstädten im Norden von Spanien. Aber wieder ins Baskenland! Die Ecke Nordspaniens hat es mir einfach angetan. Hinein ins Landesinnere, in die Hauptstadt der Basken, nach Vitoria (baskisch: Gasteiz). Eine kleine, gemütliche Stadt mit einer wackelnden Kathedrale, interessanten Renaissance-Stadtpalästen und einem Anillo Verde, einem Grüngürtel rund um die Stadt. Super zum Radeln und Wandern. Jetzt im Herbst kann es noch richtig schön sommerlich sein – ein tolles Ziel für die oft in Deutschland eher trüberen, stürmischen Tage. Hier zeig‘ ich euch jetzt meine Elf Tipps für Vitoria.
Lokales und aus der Ferne
Richtig nett lokal wird es vormittags auf dem Mercado de Abastos an der Plaza de Santa Bárbara. Ein guter Start für den Tag. „Bereits Ende des 19. Jahrhunderts verkauften hier die Bürger Vitorias ihre Ernteerträge“, erklärt mir Frederik, der Direktor des Marktes. In 32 kleinen Läden, Bars und Restaurants könnt ihr heutzutage immer noch montags bis samstags regionale Produkte wie Feigen, Tomaten, Melonen, Tzikoli-Wein (eine große Auswahl an Weinen etwa aus dem Rioja Alavesa-Gebiet hat „Txakoli Pinto“) frisch kaufen. Ebenso erstklassige Meeresfrüchte, Muscheln, scharfe Chorizo-Würste. Aber auch schickste Käsesorten und Meersalz aus Frankreich gibt’s in Delikatessen-Shops. Die leckerste Tortilla von Vitoria und einen guten Tzikoli dazu bekommt ihr seit über 40 Jahren bei Raul. „Jeden Monat verkochen wir allein an die 1500 Kilo Kartoffeln und 1200 Eier“, erzählt er mir ganz stolz. Seine Bar Txiki läuft.
Radtour durchs Grüne
Wer nach dem Marktbesuch Lust hat, aufs Rad zu steigen: Im Jahr 2012 wurde Vitoria zur „Umwelthauptstadt Europas“ erkoren. Ein Hauptgrund: der „Anillo Verde“, der auf 47 Kilometern Länge und in sechs Naturparks Vitoria umschließt. Wasserrallen, die so richtig grunzen wie Schweine, könnt ihr im Naturpark Salburua entdecken. Er ist zirka 30 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Am einfachsten fahrt ihr mit zwei Guides von Capital Bikes durch das renaturierte Seengebiet.
Die Räder und die Tour sind direkt bei dem Touren-Veranstalter zu buchen. Im 2009 eröffneten Naturpark Salburua könnt ihr, wenn ihr Glück habt, auch Hirsche kämpfen sehen und Störche klappern hören. Das Centro de Interpretación Ataria im Park erklärt, welche Bedeutung die Feuchtgebiete für die vielseitige Vogelwelt haben. Oder junge Radfahrer entdecken, wie Biber oder Gemeine Geburtshelferkröten sich anhören. Ein guter Ausgangspunkt für eine Radtour durch den Naturpark.
Die wackelnde Kathedrale
Echt spannend ist es, im mittelalterlichen Viertel durch die gotische Catedral de Santa María zu wandern: In der Krypta liegen furchteinflössende Skelette in offenen Grabstätten. Die Geschichte der Restauration (die immer noch andauernd) wird gut anhand von Schaubildern und einer offenen Baustelle erläutert. Eine Tour mit guide macht das Ganze natürlich noch spannender! „Die Krypta wurde erst bei archäologischen Arbeiten entdeckt“, erklärt mir Historikerin Mirari Zabala. 1994 hätte sich ein Stein gelöst, tiefe Risse im Mauerwerk sind noch immer zu sehen. Das Fundament der Säulen war unstabil, Reparaturen dringend notwendig. Jahrhunderte habe die Krypta dort unentdeckt unter der Kathedrale gelegen. Über 1000 Skelette wurden gefunden. Die Säulen werden nun durch Beton/Stahlpfeiler gestützt. Höchst komplizierte Restaurationen. Seit 2012 ist die Kathedrale Unesco-Weltkulturerbe.
Sehr interessant diese Baustelle, die ihr bis aufs Dach hoch verfolgen könnt. Die Kirche war damals im 13. Jahrhundert übrigens Teil der Verteidigungsanlage der Stadt Vitoria. Ein echt ungewöhnlicher Kathedralen-Besuch wartet hier auf euch! Inklusive tollem Blick über die mittelalterliche Stadt Vitoria. Zum Lunch und einer kurzen Rast würde ich euch das Casa Vieja an der Calle Txiquita 6 empfehlen: Neben allerlei üblichen Pintxos könnt ihr hier die lokale Blutwurst probieren – und nachher ein leckeres Entrecot-Steak. Eine – etwas teurere – Alternative wäre das Sterne-Lokal Zabala an der Calle Matteo Moraza: Sie bieten jedoch ein tolles Menü mit viel Fisch (Pulpo, Kabeljau) und Fleisch, sehr exquisit!
Bibat – zwei Museen in einem
Und nach einer kleinen Siesta geht es weiter mit Kultur: Im Bibat sind zwei Museen in einem zu besuchen: das Spielkarten- und das Archäologische Museum. Neben historischen Tarot- und Spielkarten in Altdeutsch findet ihr auch die Maschinen, mit denen Heraclio Fournier sie im 19. Jahrhundert in seiner Fabrik hier druckte. Im hochmodernen Gebäude des Archäologischen Museums sind interessante prähistorische bis mittelalterliche Fundstücke aus der Region Álva zu bewundern. Also beides lohnt sich.
Winterbalkone und ein Nationalsport
Am späten Nachmittag lohnt sich noch ein Spaziergang durch die Altstadt. Starten könnt ihr an der Plaza de la Virgen Blanca. Schnell noch einen Cortado im Café Dublin und los geht’s. Wunderschöne Winterbalkone, die so genannten Miradores, findet ihr hier an vielen Stellen. „In Nordspanien ist der Nationalsport auf die Straße gucken“, schmunzelt Stadtführerin Klaudia Ugarte. Wenn’s kühler wird, auf den Balkonen, sonst draußen in den urigen Cafés und Bars. Auch abends ist noch extrem viel los, die Leute lieben es einfach, sich auf ein Gläschen Vino zu treffen, Musik zu hören und zu klönen.
Ein weiteres Ziel kann der edle Paseo de Fray Francisco sein: eine Allee mit herrschaftlichen Stadtvillen des 19. Jahrhunderts. „Vitoria nannte man zu der Zeit ,Athen des Nordens“, weiß Klaudia zu erzählen. Die schönste ist wohl der Palacio Augustin Zulueta mit seinem alten Baumbestand. Heutzutage ist das Museum der Bildenden Künste (mit baskischer Malerei von 1850-1950) dort untergebracht.
Wer noch mehr von uns zum Baskenland lesen möchte, hier ein paar gute Tipps zu San Sebastián und zu Balmaseda – dem Ursprungsort der Baskenmütze.
Bei der Pressereise in die baskische Hauptstadt Vitoria unterstützte mich netterweise das Spanische Fremdenverkehrsamt und die Stadt Vitoria-Gasteiz. Von Bilbao ist Vitoria übrigens in zirka 45 Minuten zu erreichen.