Herbstzeit ist Genusszeit. Jetzt reifen Trauben, Trüffel und Oliven, werden Austern und Hummer gefischt. In den Restaurants dampfen Köstlichkeiten auf den Tellern, die ersten Maronen verbreiten auf dem Weihnachtsmarkt ihren typischen Röstgeruch. Edler Safran wird wie jeher vorsichtig von Hand geerntet. Eine Reise zu Genuss-Orten in ganz Europa.
Austern: Der Luxus des Meeres
Bewaffnet mit Messer und Eimer patschen die Feinschmecker in Gummistiefeln durch das Nordseewatt. Der Herbsthimmel ist genauso grau wie der schlickige Boden. Überall liegen geriffelte graue, handtellergroße Muscheln. Ein Genuss für jeden Gourmet: Was in Restaurants bis zu drei Euro pro Stück kostet, liegt hier tausendfach rum. Immer öfter kommen Reisende für ein Wochenende nach Römö, sammeln die Austern ein, bringen Champagner und Zitrone mit und verspeisen die Köstlichkeiten direkt vor Ort. Noch besser ist es allerdings, sie in einen mit Salzwasser gefüllten Eimer zu tun und fünf Stunden zu warten. Dann filtern die Muscheln den Sand heraus. Übrigens: Auch die Ökologen freuen sich über jeden Austernsammler auf ihrer Insel. Denn die aus dem Pazifik eingeschleppte Auster verbreitet sich in der Nordsee rasant, zerstört Miesmuschelbänke und hat keine natürlichen Feinde – bis auf die mit Messer und Gabel.
Mehr Information beim Naturcenter Tønnisgård: www.tonnisgaard.dkund bei der dänischen Tourismuszentrale Dänemark: www.visitdenmark.de
Safran aus dem Wallis
Safran: Der kostbare Krokus
Safran ist das teuerste Lebensmittel der Welt. Klein, leuchtend gelb und kostbar. Das nördlichste Anbaugebiet der zarten Fäden aus der Krokusblüte liegt in der Schweiz. In dem kleinen wallisischen Bergdorf Mund stehen ab Mitte Oktober die Bauern auf ihren lila blühenden Almwiesen und pflücken behutsam Blüte für Blüte. 120.000 Blüten brauchen sie für ein Kilo Safran. Die Safrangerichte aus Mund sind fast noch ein Geheimtipp – eingeweihte Köche und Gourmets pilgern ab Oktober zur Safranernte ins Wallis. Vom goldenen Safranbrot über Safran-Käse, Safran-Likör und Safran-Fondue bis zu Safran-Parfait lässt es sich in kostbarem Gelb schwelgen. Unbedingt probieren: Das Safran-Risotto, Spezialität des 540-Seelen-Dorfes. Safran aus Mund ist immer schnell ausverkauft, selbst im eigenen Dorf. Insider gehen ins Lebensmittelgeschäft gegenüber der Kirche. Denn der Munder Safran gehört zum besten der Welt. Das kalte Gebirgsklima in 1200 Metern Höhe und die schonende Lufttrocknung geben ihm sein kräftiges, reines Aroma.
Mehr Informationen zur Safranernte in Mund, Zum Wallis und dem Safranmuseum: www.valais.ch oder bei der Tourismuszentrale der Schweiz www.myswitzerland.com.
Trüffel: Der Genießer-Pilz
Die besten sollen die schwarzen französischen sein vom Fuße des Mont Ventoux. Dabei sehen sie aus wie dreckige Erdklumpen, die Trüffel. Wenn da nicht dieser Geruch wäre! Eine süchtig machende Mischung nach Nüssen? Oder Knoblauch? Auf jeden Fall einzigartig würzig. Die französische Provence steckt voller Trüffelerlebnisse. Zum Beispiel in der Kirche von Richerenches. Trüffelduft statt Weihrauch liegt dort in der Luft, wenn am dritten Sonntag im Januar die Messe zu Ehren der Trüffel stattfindet. Dann liegen die schönsten faustgroßen Edelpilze auf dem Altar und statt Geld landen Knollen in der Kollekte. Außerdem findet in dem Ort von November bis März immer samstags der geheimnisvolle Trüffelmarkt statt. Trüffelsucher laufen unter alten Platanen durch die Menge und bieten ihre Ware feil, holen ihre Handwaage heraus und verhandeln flüsternd über den Preis. Und was macht man mit den wertvollen Pilzen? Ein Kochkurs darf bei einer solchen Genussreise freilich nicht fehlen.
Zu einer der wichtigsten Trüffelregionen Europas hat sich auch Istrien gemausert, zum Beispiel das kleine Dorf Paladin: Hier wohnen 42 Menschen – und über 100 Trüffelhunde. In den Eichenwäldern der Umgebung wachsen schwarze und auch die teuren weiße Trüffel. Eine Bericht über die starken Frauen Istriens, darunter die Trüffelsucherin Radmilla Karlic, findet ihr hier.
Olivenöl: Das Gold Spaniens
Wenn die grünen Oliven weiße Flecken bekommen, sind sie reif. Mindestens sieben Jahre alt muss ein Ölbaum sein, bevor zum ersten Mal Oliven geerntet werden können. Die besten Erträge liefern allerdings Bäume im biblischen Alter von hundert Jahren, und manche Olivenbäume werden sogar unvorstellbare tausend Jahre alt. Im Mittelmeerraum ist je nach Region von November bis in den Januar Olivenernte. Dann stehen die Bauern mit Leitern an den knorrigen Bäumen und streifen die Früchte für das beste Olivenöl per Hand ab. Aufgespannte Netze fangen die Oliven auf. Grün bis goldgelb ist das frische Öl, das in Steinmühlen schonend kalt gepresst wird. Nur dann darf es sich „extra vergine“ nennen, die beste Qualität. 150 Olivensorten gibt es, Kenner verkosten die Öle wie teure Weine und schmecken frisches Gras, Frucht und Schärfe. Spanien ist weltweit der größte Olivenölproduzent, gefolgt von Italien und Griechenland. Das mallorquinische Fremdenverkehrsamt bietet deshalb unter dem Titel „Ölivenöltourismus – die Kunst der Natur“ Sehenswertes rund um die Olive: Wanderungen durch Haine voller uralter Baume mit ihren silbrig glänzenden kleinen Blättern oder Besichtigungen von traditionellen Ölmühlen.
Beaujolais: Der frische Rote
„Le Beaujolais Nouveau est arrivé, der junge Beaujolais ist da!“ – seit Mitte des letzten Jahrhunderts ist das in Frankreich der Schlachtruf für die Ankunft des ersten Rotweins, der schon im Jahr seiner Produktion verkauft werden darf. Allerdings – nachdem sich der fruchtige Beaujolais aus dem nördlich von Lyon gelegenen Weinbaugebiet in den 90er Jahren auch in Europa, China und Japan zum Erfolgsschlager gemausert hatte, geriet die beschleunigte Keltermethode und die vielfach mindere Qualität der Weine in Verruf. Doch wer heute nicht zum billigsten Beaujolais Primeur greift, genießt einen jungen, spritzigen Rotwein mit ausgeprägter Fruchtnote. Und es gibt andere gute Weine aus dem Beaujolais, zum Beispiel die Beaujolais Villages aus einem der 38 Dörfer des Weinbaugebiets. Diese ockerfarbenen Dörfer laden zum Entdecken ein, zum Beispiel auf einem Erlebnispfad, der über die Geschichte des Weinbaus informiert, in einen Garten der Düfte und selbstverständlich auch in einen Weinkeller entführt.
Hummer: Delikatesse aus dem Meer
Eine Stadt, in der die Fischhalle aussieht wie eine Kirche und auch so heißt, nämlich Feskekörka, muss ein besonderes Verhältnis zum Meer und seinen Leckerbissen haben. Hummer, Fisch und Schalentiere nehmen in Göteborg einen ganz wichtigen Platz unter den Delikatessen ein. Und mit denen wird hier nicht gegeizt: In den letzten Jahren haben Göteborger Köche die schwedische Auszeichnung „Koch des Jahres“ mehrfach gewonnen, vier Restaurants mit Michelin-Stern finden sich in der Westküstenmetropole. Im Herbst kommen überall frische Hummer auf den Teller. Eine besondere Delikatesse, weil die Tiere im kalten Nordseewasser sehr langsam wachsen und dadurch besonders intensiv schmecken: Westschwedischer Hummer gehört zum besten der Welt. Göteborg ohne Meer – undenkbar.
Maronen: Die stacheligen Süßen
Keschtnriggl heißt das Gerät, mit dem die Meraner ihre Maronen von der grün-braunen stacheligen Schale befreien. Im Oktober sind sie reif, die süßlichen Maronen, die frisch geschält wie poliert glänzen, und das feiern die Tiroler mit Kastanienfesten. Jetzt servieren die Restaurants Deftig-Raffiniertes wie Krapfen mit Kastanienfüllung und Ziegenkäsesauce, überall weht der Duft frisch gerösteter Maroni durch die frische Herbstluft. Leuchtend gelbe Kastanienhaine begleiten Wanderer entlang zahlreicher Wege im Meraner Land. Schon im frühen Mittelalter hatte die Marone ihren festen Platz auf dem Speisezettel, vor allem bei den Armen: Als Mehl und getrocknet fand sie Einsatz in den Küchen.
Vom Essen für Arme zur kulinarischen Rarität: Auch die Maroni vom Gardasee haben in den letzten Jahren Karriere gemacht – und die Preise sich vervielfacht. Diese Sorte wächst langsamer und ist kleiner und geschmacksintensiver als die mehligen Verwandten aus Süditalien. Kein Wunder also, dass sich die Baumfrüchte aus San Zeno di Montagna mit dem Gütesiegel DOP schmücken dürfen. Unter dem Motto „San Zeno, Kastanien, Bardolino und Monte Veronese“ nutzen fünf hiesige Restaurants die herbstliche Erntezeit, um ihren Gästen besondere Menüs zu kredenzen. Im Mittelpunkt der Speisenfolge steht natürlich die Esskastanie. Da schwimmt dann ein karamellisiertes Exemplar im Aperitiv und hinterlässt einen cremigen Nachgeschmack auf der Zunge, saftiges Kastanienbrot dient als Beilage zum Salat. Maroni-Eintopf oder Rindfleisch mit Kastaniensauce, Maronischokolade mit Kakisauce – die Variationen der edlen Nussfrucht sind schier unendlich. Besonders Kenner aus Verona und Umgebung zieht es in den Herbstwochen in das Bergdorf. Bei ausländischen Gästen hat San Zeno immer noch echten Geheimtippcharakter.
Heute ist die Marone eine Delikatesse und von den Karten edler Restaurants nicht mehr wegzudenken. Na dann: Keschtnriggl greifen und losschälen.