Skipperin Winnie und Schiffseignerin Mirjam managen ein großes Segelschiff. Auch Gäste wie wir müssen auf der Iselmar kräftig mit anpacken. Aber dann stellt sich dieses herrliche Gefühl ein, wenn die Segel flattern, die Masten knarren und das große Plattbodenschiff nur mithilfe des Windes durchs niederländische Wattenmeer rauscht. Süchtigmachend! Und das Sagen an Bord haben zwei echte Powerfrauen…
Die Sonne wirft Glitzerlichter auf das Wasser und der Seewind zerzaust ihr rotes Haar, als Mirjam Bajema uns im Hafen von Harlingen empfängt: „Ich bin eine Frau mit Salzwasser im Blut“, sagt die Mitvierzigerin lachend. „Dieser Hafen hier hat mich schon als Kind fasziniert.“ In der Nähe von Stavoren wuchs sie auf und zog später nach Harlingen. „Da gab es viele Schiffe, das alles hat mich schon damals magisch angezogen“, erzählt sie.
Besonders die Plattbodenschiffe hatten es ihr angetan: Schiffe voll mit Fracht und trotzdem wenig Tiefgang, perfekt für das flache Wattenmeer. Mit 17 hielt sie dann nichts mehr an Land, sie heuerte als Matrosin an. Mindestens vier Male musste sie für 180 Tage zur See fahren, um endlich den Kapitänslehrgang absolvieren zu können. Und dort lernte sie auch gleich ihren Mann kennen: Er stammt aus einer alten Seefahrer-Familie, natürlich auch mit Seewasser im Blut. „Wahrscheinlich wurde er sogar auf einem Schiff gezeugt“, sagt Mirjam augenzwinkernd.
Die Faszination für Plattbodenschiffe hat sie niemals losgelassen und so kaufte sie vor 19 Jahren die Iselmar. Damals wurde viele dieser alten Schiffe verschrottet. Mirjam hingegen baute das Schiff gemeinsam mit ihrem Mann um, damit es statt Fracht künftig Gäste transportieren konnte.
Dass sie so viel Arbeit hineingesteckt hat, ist nur ein Grund, warum sie ihre Iselmar so liebt: „Dieses Plattbodenschiff ist höher und breiter als die meisten anderen. Mehr als 40 Meter lang und 7 Meter breit, bis zu 34 Leute können mitfahren“, schwärmt sie. Obwohl Mirjam das Skipper-Patent hat, hat sie nun eine Kapitänin angestellt, damit sie selbst sich um die Gäste kümmern kann. Mit zwei Frauen könnt Ihr dieses riesige Schiff allein managen? „Natürlich“, antwortet sie fast empört auf diese Frage. „Ich könnte es notfalls sogar auch allein.“
Navigieren ist kein Kinderspiel
Skipperin Winnie Haring sieht mit ihrem strohblonden Haar, der von der Sonne geküssten Haut und den blauen Augen fast ein bisschen wie eine Wikingerin aus. Sie lebt in der Kapitänskajüte auf dem Plattbodenschiff und fährt bereits das siebte Jahr als Skipperin zur See. Spätestens, als sie uns die Seekarte erklärt, wird allen Mitfahrern klar, wie schwer das ist: Im Wattenmeer zu navigieren, ist kein Kinderspiel.
Der Sand bewegt sich ständig, manche Durchfahrten werden unmöglich, anderswo entstehen neue Wege. „Am Jahresende wird diese Karte hier schon nicht mehr aktuell sein“, sagt Winnie und zeigt darauf. „Du musst die Gegend wirklich gut kennen.“
Winnie vermutet, dass sie wahrscheinlich schon im zarten Alter von zwei Tagen zum ersten Mal auf einem Boot war, denn auch ihre Eltern fuhren zur See, waren beide Skipper. 2008 heuerte Winnie als Matrose an und fährt nun bereits das siebte Jahr als Kapitänin zur See. Sie ist in Harlingen geboren worden und hat seitdem die Faszination für das Meer quasi mit der Muttermilch aufgesogen.
So viel Zeit wie möglich will sie auf See verbringen, „momentan etwa 180 Tage im Jahr“. Sie sagt, dass es gar nicht mehr ungewöhnlich sei, Skipperinnen zu sehen. „Es gibt immer mehr weibliche Kapitäne, ich schätze den Anteil auf inzwischen ein Drittel.“ Darunter seien auch viele deutsche Frauen. Schließlich kennt man sich hier rund um die Westfriesischen Inseln. „Man trifft sich immer in jedem Hafen wieder. Das muss man sich vorstellen wie ein fahrendes Dorf“, sagt Winnie.
Als wir wieder zurück sind im Hafen, kommt Mirjams Tochter zu Besuch. Die Kleine weiß sehr genau, was sie will und überredet die Gäste zum Kartenspielen, sehr bestimmt. Ihr Name ist übrigens Vela. Das ist Spanisch und heißt… Segel. Wie könnte es auch anders sein: Vermutlich hat auch sie schon seit der Geburt Salzwasser im Blut.
Noch mehr Geschichten von dieser Reise zwischen den Westfriesischen Inseln findet Ihr hier und hier.
Tipps und Informationen:
Anreise: Per Zug bis zur Kulturhauptstadt Leeuwarden, anschließend per Bus oder Taxi zum Hafen Harlingen.
Übernachtung: Die Iselmar lässt sich für bis zu 34 Personen buchen, Gruppen-Basispreis für eine Fünf-Tages-Tour sind 5600 Euro.
Generelle Infos zu den Inseln unter: www.wadtodo.de
Nachhaltigkeit für die niederländische Nordsee:
Ihr erinnert Euch sicherlich, dass Anfang dieses Jahres fast 300 Container mit Jacken, Spielzeug, Fernsehern und Möbeln gefüllt von einem riesigen Frachtschiff gefallen sind? Die Insulaner und sogar Urlauber haben ihre Ärmel hochgekrempelt und den Großteil schon wieder aufgeräumt. Trotzdem soll es vor Ort nun auch mehr Aktivitäten geben, bei denen der Erhalt und Schutz der Natur im Mittelpunkt stehen. Infos dazu findet Ihr unter dem Motto „Do WAD“ im Internet.
Die Reise mit der Iselmar erfolgte dank der Unterstützung von Merk Fryslân, der Marketingorganisation der Provinz Friesland.