Ausflug, nachhaltig
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Ruwer-Radweg: Raus aus dem Homeoffice

Vom wilden Hunsrück zu den Mosel-Weinlagen: Radfahren geht auch zu Corona-Zeiten. Karin nimmt uns – mit Abstand – mit auf einen Tagesausflug auf den Ruwer-Radweg.Ich war gerade in Spanien und habe erlebt, was Ausgangssperre heißt. Dabei ging es uns noch relativ gut: Zwei Wochen gefangen wie in einem goldenen Käfig, in einem kleinen Ort, ein Apartment mit riesiger Dachterrasse. Und Meerblick. Unsere Blicke wurden von Tag zu Tag sehnsüchtiger, denn zum Strand durften wir nicht gehen. Nur zum Supermarkt.

Zurück in Hessen genieße ich die Freiheit der Bewegung, zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Das Rad ist momentan das perfekte Bewegungsmittel, um ganz natürlich einen Sicherheitsabstand zu anderen Menschen zu halten. Zumindest in Hessen und Rheinland-Pfalz dürfen wir immerhin alleine oder zu zweit unterwegs sein. Warum also nicht eine Tagestour mit dem Rad planen? Für jetzt, oder für die Nach-Corona-Zeit…

Frühling im Ruwertal

Unbekannte Rourten wählen

An den Ausflugshotspots sammeln sich viele Menschen, also besser ist, eine eher unbekannte Route zu wählen. Zum Beispiel den Ruwer-Hochwald-Radweg im Ruwertal, ein kleines Seitental der Mosel. Die Strecke folgt ab Hermeskeil dem Verlauf der früheren Hochwaldbahn, sie verband die Mosel mit dem Hunsrück. Am besten startet man wenige Kilometer hinter Hermeskeil, etwa in Reinsfeld, um eine große Baustelle auszusparen.

Unterwegs auf dem Ruwer-Hochwald-Radweg

Wenn man hier anfängt und zur Mosel runter radelt, so ist die 48 Kilometer lange Route beinahe steigungslos. Man genießt ein leichtes, angenehmes Rollen. Wie hauchzart angeschoben. Ein lauschigen Radweg, zu beiden Seiten breitet sich dichter Wald aus. Es sind die Tiefen des Hunsrücker Hochwalds mit Eichen, Buchen und Fichten. Ein Wald, der einen beinahe verschlingt.

Entlang der Ruwer

Der Radweg begleitet das Flüsschen Ruwer

Bis in die achtziger Jahre fuhr der Zug im Personenverkehr durchs Ruwertal, der Güterverkehr wurde im Jahr 2000 endgültig eingestellt. Auf dem Bahndamm radelnd hat man einen komfortablen Überblick über die Landschaft. Manchmal macht der Wald Platz für Wiesen und Felder, dort hat der Regen ganze Büschel hoher Gräser flachgelegt. Nach einer Weile gesellt sich die Ruwer zum Radweg. Sie fließt mal rechts, mal links, der Weg bleibt nah dran und überquert dabei zahlreiche Brücken. Die Ruwer entspringt im Hunsrücker Hochwald, ein kleiner Fluss, der nach nur 46 Kilometern bei Trier in die Mosel mündet. Anfangs sieht man sie gar nicht, man hört nur lautes Rauschen. Natürlich ist der erste Gedanke eines Stadtmenschen: Eine Straße, da rauscht der Verkehr! Aber nein, hier rauscht null Verkehr, es rauscht die Natur, das Wasser.

Pause in Sommerau

Da es kaum Gaststätten unterwegs gibt, kehren fast alle Radler in Sommerau ein, rund vierzig Kilometer von Hermeskeil. Wäre da nicht die Gastronomie in einem schön restaurierten ehemaligen Kelterei-Gebäude (das gehört zum Gut Sommerau, ein Tipp für die Nach-Corona-Zeit), man würde womöglich vorbei fahren – und diesen Ort verpassen. Hier öffnet sich das Ruwer-Tal ein bisschen, es weicht der Wald für den Wein. Für die Rebreihen auf dem Sommerauer Schlossberg. Das weniger als hundert Einwohner zählende Sommerau kuschelt am Fuße des Schlossbergs, dieser hat mit bis zu 70 Prozent eine extreme Lage, er zählt zu den steilsten Weinbergen im Ruwertal. Und das kleine Tal wiederum zählt zum großen Mosel-Weinanbaugebiet.

Oberhalb von Sommerau, auf einem Felssporn, liegt von Eichenwald umgeben die Burgruine. Einst umfloss die Ruwer den Berg in weitem Bogen, dann hat man beim Bau der Burg im 13. Jahrhundert die Flussschleife abgeschnitten, eine Abkürzung geformt, dabei entstand ein kleiner Wasserfall. Angelegt wurde auch ein großer Teich, der dafür sorgen sollte, dass in kalten Wintern durch die höhere Luftfeuchtigkeit weniger Frost die Weinreben bedrohte. Heute ist es ein verträumter Seerosenteich, bedeckt von gelben und weißen Blüten. Wenige Meter entfernt bahnt sich die Ruwer ihren Weg, flankiert von Bachuferwälder und Auenwiesen.

Leuchtpunkt der Artenvielfalt

Schmetterling am Wegesrand

Vielfältig ist das Leben auch am Schlossberg selbst, wer genauer hinschaut entdeckt Mauereidechsen und Schlingnattern zwischen Felsen und alten Mäuerchen. Das ganze Natur-Ensemble rund um den Sommerauer Schlossberg darf sich „Leuchtpunkt der Artenvielfalt“ nennen. Die Radler erfreuen sich an der Natur, schon im Jahr 1889 schätzte man diese Idylle, mit Eröffnung der Ruwer-Hochwaldbahn kam der Ausflugstourismus in Schwung. Aus Trier reisten die Menschen an, stiegen zur Burgruine von Sommerau hinauf, machten es sich gemütlich in der damals existierenden Wirtschaft am Gemäuer.

Wo Spitzen-Rieslinge reifen

Blick vom Weinberg auf Sommerau

Nun fährt der Zug nicht mehr. So legt man auch die letzten knapp zehn Kilometer bis Trier-Ruwer auf dem Fahrrad zurück. Das Tal öffnet sich immer weiter, den Radweg flankieren jetzt nur noch Steilhänge, wie man sie von der Mosel kennt. Ein Highlight folgt auf das nächste, sonnenverwöhnte Lagen, auf denen Spitzen-Rieslinge gedeihen. Wie in Kasel, bekannt für seine Top-Lage Kaseler Nies’chen. Und weiter geht’s nach Mertesdorf, hier liegen die Weinberge von Schloss Grünhaus, die edlen Tropfen vom Grünhäuser Abtsberg werden auch ins englische Königshaus geliefert. Ein Seufzer zum Schluss: Schade um die schönen Mosel-Weine, die jetzt nicht getrunken werden können im Ruwertal. Hoffentlich kann man das bald wieder!

INFOS: www.ruwer-hochwald-radweg.de

Ein Fahrradbus fährt an Wochenenden zwischen Trier und Hermeskeil, von Mai bis Oktober, der Saison-Start ist allerdings wegen Corona auf unbestimmte Zeit verschoben…Weitere Infos findet ihr unter www.radbusse.de (die Buslinie 222 ist im Ruwertal unterwegs).

Ich bedanke mich herzlich für die Unterstützung bei der Moselland-Touristik  sowie der Touristinformation Ruwer.

Über Karin Kura

Draußen ist es am schönsten. Egal, ob als Reisejournalistin oder privat, unterwegs in der Natur bin ich am liebsten. Aber bloß nicht frieren!

So klingt es vielleicht komisch, dass ich von Haus aus Skandinavistin bin, in Norwegen habe ich gelebt. Und dann die Himmelsrichtung gewechselt.

Jetzt würde ich gerne Spanisch lernen. Wenn mal Zeit dafür bleibt. Vielleicht ja auf meiner Lieblingsinsel: La Gomera.

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