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Andalusien: Mit Leidenschaft und Oliven in Jáen

Im eher unbekannten Norden von Andalusien liegt Martos – der größte Olivenöl-Erzeuger der Welt. 60 Millionen Olivenbäume wachsen auf den Hügeln der Sierra Mágina.

Seit Oktober wird wieder geerntet bis in den April hinein. Er ist nicht besonders schön und eher klein, hat einen krummen, dicken, sich windenden Stamm. Er trägt nur kleine, lanzettförmige immergrüne Blätter. Doch seine Früchte, die im Herbst, Winter reifen und in dieser Zeit ihre charakteristisch grün-schwarz glänzende Farbe annehmen, sind nicht nur in Südspanien heiß begehrt. Kulinariker auf der ganzen Welt lieben sie.

Die magischen Pflanzen

Immer wieder reibt der andalusische Psychologieprofessor mit dem grau melierten Haarschopf die Oliven in seiner Hand: „Olivenbäume sind magische Pflanzen, sie sind oft Jahrhunderte alt. Ein Wunder, dass sie so produktionsfähig sind“, findet Cirialo Toro. Seit 18 Jahren ist er nun neben seiner Lehrtätigkeit auch Landwirt – und immer noch ganz vernarrt in seine Olivenbäume in der Sierra Mágina im Süden von Spanien. 

Foto: Turespana

Die Sierra Mágina

Der Naturpark im äußersten Norden von Andalusien ist ein breiter Landstrich, der vom Bergmassiv der Provinz Jáen beherrscht wird. Er ist ein wahres Meer aus Oliven. Mit Cirialo produzieren hier 30 000 weitere Bauern das goldgelbe, wohlschmeckende Öl.  Unzähligen Olivenhaine auf über 72 000 Hektar schmiegen sich hier an Berghänge und ruhen in den Engen sonniger Täler. Der grün-beige schattierte Teppich des Olivenwaldes wird nur von den weißen Mauern seiner cortijos – der alten Bauernhöfe aus der Römerzeit mit ihren Ölmühlen – gesprenkelt. 

Die Landvilla Cortijo El Madroño

Im Innenhof des 1890 gebauten, recht herrschaftlichen Cortijo El Madroño nahe Martos, zwischen riesigen Palmen und schlanken Zypressen, zeigt Doña Isabel Rojas-Montes einen alten Stall und erzählt von der Vergangenheit ihrer Landvilla: „Noch bis Anfang der 60er Jahre haben wir hier mit den Eseln auf den Feldern gearbeitet. 150 Landarbeiter haben bei uns gelebt und vor allem Getreide angebaut.“ Doch die Zeiten änderten sich. Sie konzentrierten sich, wie viele andere Bauern, auf die Produktion von „Aceite“ – Olivenöl. Mittlerweile ist die Kleinstadt Martos der größte Erzeuger des Speiseöls weltweit. 60 Millionen Bäume wachsen allein in der Provinz Jáen – bei 800 000 Einwohnern.

Draußen, vor dem Eingangstor der Hacienda, hängt der Nebel noch tief zwischen Tausenden von schwer behangenen Olivenbäumen. Doch die Arbeiter haben schon schwer zu arbeiten. Ende November, Anfang Dezember ist Erntezeit. „Die besten Oliven sind die ersten, die geerntet werden“, weiß Unternehmerin Isabel. 

Traditionelle Ernte in Martos

In El Madroño wird noch traditionell geerntet: Unter den Bäumen werden große Netze ausgelegt, dann schlagen die Männer mit langen Stäben, den Varas, vorsichtig auf die Äste der Bäume, damit die Früchte auf das Netz fallen. „Sie machen zunächst die Feinarbeit mit den Varas“, erklärt Isabel, „Vibrier-Maschinen rütteln dann am Stamm und holen den Rest herunter.“ Meist im Durchschnitt 150 Kilo Oliven pro Baum. Um den Nektar der Picual-Oliven zu bekommen, werden diese in der Olivenmühle von El Madroño noch am gleichen Tag gewaschen, gemahlen und anschließend gepresst. Herauskommt aus rund einem Kilo Oliven 180 Gramm Öl. Das so genannte Native Olivenöl Extra, das kalt gepresste Öl der Qualität „Extra Virgen“, schmeckt fruchtig und leicht bitter. Öl aus der Sorte Picual macht die Hälfte der spanischen und ein Fünftel der Weltproduktion aus. „In Deutschland wird das Öl sogar in Apotheken als Medizin verkauft“, berichtet Doña Isabel stolz.

Foto: Turespana

Olivenbäume haben Weisheit und Frieden

Die 68-Jährige streichelt sanft die knorrige Rinde eines alten Baumes ihrer Plantage. Auch in ihren leuchtenden Augen ist wieder diese Verehrung für die Olivenbäume, denen die Einheimischen Weisheit und Frieden zusprechen, zu erkennen. Das Alter sei meist schwer festzustellen, sagt Isabel, „das Innere ist oft faul, doch die Rinde wächst weiter.“ So würden manche Bäume über 1000 Jahre alt. „Doch die ersten Setzlinge brachten sogar schon die Phönizier und Griechen nach Spanien“, weiß die Gutsbesitzerin. In dem kleinen Museum, das mit zum Landgut gehört, erfahren Gäste anhand traditioneller Geräte und vieler Fotos aus vergangenen Jahrzehnten mehr über die Geschichte und Herstellung des kostbaren Öls.

Foto: Turespana

Die Fiesta de la Aceituna im Dezember

Dass das Leben der Menschen und Olivenbäume in der Provinz Jáen eng verbunden ist, weiß auch Professor Cirialo: „Bei der Geburt eines Sohnes werden hier häufig Bäume gepflanzt, damit er ihre Früchte ernten kann, sobald er erwachsen ist.“ So sind auch schon die ganz Kleinen bei der „Fiesta de la Aceituna“ in Martos mit dabei, das alljährlich Anfang Dezember zu Erntebeginn gefeiert wird – mit Olivenkönigin, Blasmusik und Volksspeisung. Kostenlos werden Papiertaschen mit dem traditionellen „Festmahl“ der Olivenbauern verteilt: „Hoya“ – ein Brot mit Loch, in das Stockfisch, Oliven und natürlich Extra Virgen aus Jáen gefüllt wird. Günstige Zutaten, die sich auch die armen Landbauern früher leisten konnten. 

Foto: Turespana

Die Pressung der ersten reifen Oliven

Höhepunkt des beliebten Festes: die symbolische Pressung der ersten reifen Oliven auf einer alten wasserbetriebenen Presse. Die zerstoßenen Oliven werden Schicht um Schicht zwischen Esparto-Grasmatten gepackt. Mit viel Schweiß schrauben die Männer die Presse dann zusammen. Das erste Öl rinnt aus den Matten – und die Leute applaudieren begeistert. Der goldgelbe, fettige Saft der hellenischen Früchte hat den Andalusiern über Jahrhunderte ihren Lebensunterhalt gesichert. „Das ist so gut wie vorbei“, meint Professor Cirialo. Es können nur noch wenige ausschließlich von der harten Arbeit in den Olivenhainen und Mühlen leben. Doch die magische, friedliche Ausstrahlung werden die Olivenbäume für sie nie verlieren.

Foto: Turespana

Übernachtungstipp in Jaén:

  • das Parador de Jaén, eine wunderschön restaurierte Burg mit netten, geschmackvoll eingerichteten Zimmern.

Bei der Pressereise wurde ich vom Spanischen Fremdenverkehrsamt unterstützt. Bitte zur Corona-Situation, etwa Einreiseverboten in Andalusien, das Auswärtige Amt vor der Reise checken. Wer noch mehr Geschichten von uns aus Spanien lesen möchte, hier eine Hirsch-Safari und noch ein Geheimtipp im  Südosten Andalusiens.

 

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